Hamburg. Der umstrittene Jungunternehmer bewirbt sich für die SPD im Wahlkreis Nord – und sorgt damit für Trubel.

Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ist ein Freund ordent­licher Verhältnisse. Auch als Landesvorsitzender seiner Partei schätzt er die Übersichtlichkeit. Der Blick auf die Kandidatenlage für die Bundestagswahl 2017 wird Scholz freuen: Es bleibt im Wesentlichen alles beim Alten, die Mandatsträger wollen erneut antreten.

Mit einer Ausnahme: Im Wahlkreis Hamburg-Nord zeichnen sich Turbulenzen ab. Mit den Bürgerschaftsabgeordneten Hendrikje Blandow-Schlegel und Dorothee Martin haben bereits zwei Frauen ihr Interesse an einer Kandidatur angemeldet. Und jetzt tritt ein dritter Bewerber auf den Plan, der für eine kräftige Zuspitzung sorgen kann: Maximilian Schommartz, 32 Jahre alter Immobilienunternehmer, der vor Kurzem als Eigentümer des Schanzenhofs im Schanzenviertel in die Schlagzeilen geriet, und Ex-Juso-Kreisvorsitzender in Wandsbek.

„Ich bringe meine Erfahrungen aus unternehmerischer Tätigkeit ein, stehe für alles persönlich gerade. Es tut der Volkspartei SPD gut, wenn sie einen aus diesem Spektrum mit abbildet“, begründet Schommartz im Abendblatt-Gespräch seine Kandidatur. Im Übrigen sei es gut, wenn die Bewerberlage in der Partei vielfältiger werde.

Der Wahlkreis Nord ist ein schweres Pflaster

Der Wahlkreis Hamburg-Nord ist für die in Hamburg erfolgsgewohnte SPD ein schwieriges Pflaster. Zuletzt gelang es dem Langzeit-Bundestagsabgeordneten Dirk Fischer (72) zweimal in Folge, den Wahlkreis direkt für die CDU zu gewinnen. Schommartz zieht daraus eine klare Konsequenz: „Wir müssen den Hamburg-Bonus der SPD auf den Wahlkreis übertragen. Der Wahlkampf muss darauf angelegt sein, im CDU-Lager Stimmen zu holen.“ Ein wirtschaftsnaher Kandidat könne dabei nur von Vorteil sein.

Besonders ist der Wahlkreis noch aus einem weiteren Grund: Außer dem Gebiet des Bezirks Hamburg-Nord gehört auch der nördliche Teil des Bezirks Wandsbek dazu – Alstertal und Oberalster. Politisch führt das dazu, dass die Wandsbeker Genossen ein kräftiges Wort mitzureden haben, wenn es um die Bundestagskandidatur geht. Immerhin kommen 40 Prozent der Delegierten aus Wandsbek, 60 Prozent aus Nord. Und Schommartz gehört dem SPD-Distrikt Oberalster an, ist also Wandsbeker, Martin und Bandow-Schlegel kommen aus Nord. Schommartz bringt eine Mitgliederbefragung zur Entscheidung über die Kandidatur ins Spiel: „Das ist ein probates Mittel.“ Zwar wäre das Votum aller SPD-Mitglieder, die im Wahlkreis wohnen, juristisch nicht bindend, wohl aber doch kaum zu übergehen.

Schommartz, der zwei Semester Klassische Philologie studierte und das erste Juraexamen abgelegt hat, hat einen zumindest für SPD-Verhältnisse ungewöhnlichen Lebenslauf. Mit 19 Jahren, gleich nach dem Abitur, kaufte er sein erstes Mehrfamilienhaus. „Das war in Berlin, bei einer Zwangsversteigerung. Ich war der einzige Bieter“, erzählt Schommartz. Dann ging es Schlag auf Schlag. Heute gehört ihm „eine mittlere zweistellige Zahl von Immobilien in Hamburg, Berlin und den USA“. Er legt Wert darauf, dass es sich zu 80 Prozent um „Objekte mit sozialen Trägern“ handelt.

Schommartz hat in der linken Szene einen schweren Stand

Dem einstigen Schulsprecher am Gymnasium Eppendorf, der mit 18 Jahren in die SPD eintrat, ist klar, dass vor allem der Streit um den 2013 gekauften Schanzenhof ein Thema im Wahlkampf werden würde. Schommartz wird vorgeworfen, die alten Mieter – darunter Künstler und das Alternativhotel Schanzenstern – mit zu hohen Mietforderungen vergrault zu haben. Die meisten sind mittlerweile ausgezogen oder stehen kurz davor.

„Ich habe zwei Jahre lang versucht zu verhandeln“, sagt Schommartz. Er sei bereit gewesen, die Miete schrittweise auf „das ortsübliche Niveau“ von 14 Euro zu erhöhen. Die Miete der Volkshochschule und des Kinos 3001, die bleiben, liege auch weiterhin deutlich darunter. Die Lage rund um das linksalternative Projekt eskalierte. Es kam zu Demonstrationen, Sachbeschädigungen, Schommartz und seine Mitarbeiter wurden attackiert.

Der geschäftsführende Kreisvorstand Nord hat Dorothee Martin als Bundestagskandidatin vorgeschlagen. „Ich bin mein ganzes politisches Leben lang in Nord aktiv“, sagt Martin. Sie kenne auch die Bereiche Alstertal und Oberalster gut. „Ich finde es sehr spannend, meine berufliche Erfahrungen im Bereich Stadtentwicklung oder Frauen in Führungspositionen auch auf Bundesebene einzubringen“, sagt Martin.

Noch ist die Lage unübersichtlich, zumal nun auch der Wandsbeker Bürgerschaftsabgeordnete Tim Stoberock als Kandidat bereitsteht. Bis zum 31. August können sich weitere Bewerber melden. Dann wollen die Kreisvorstände Nord und Wandsbek das weitere Verfahren festlegen und eventuell eine Wahlempfehlung aussprechen.