Hamburg. Parteitag in Wilhelmsburg: Scholz will Ganztagsbetreuung in Schulen voranbringen. Interne Kritik wegen Wartezeit in Behörden.

Bürgermeister Olaf Scholz bleibt Landesvorsitzender der Hamburger SPD. Mit 97,4 Prozent bestätigten die Sozialdemokraten auf dem Parteitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg den 57-Jährigen im Amt – noch einmal mehr als die 94,8 Prozent bei seiner letzten Wahl vor zwei Jahren. 304 der 312 Delegierten stimmten für den amtierenden Landesvorsitzenden, sieben gegen ihn, einer enthielt sich. Scholz steht der Partei seit 2009 vor. 2011 führte er sie zurück an die Regierung – bis 2015 mit absoluter Mehrheit, seitdem in einer Koalition mit den Grünen.

In einer knapp einstündigen Rede würdigte Scholz die Erfolge der Hamburger SPD und machte gleichzeitig Mut für die Zukunft. Wenn er sich in Deutschland und Europa umschaue, stelle er fest, dass die Hamburger SPD „eine der erfolgreichsten sozialdemokratischen Parteien in Europa“ ist.

Scholz will Ganztagsbetreuung an Schulen voranbringen

Auf dem Habenkonto verbuchte Scholz die vielen großen Straßenverkehrsprojekte – Ausbau und Überdeckelung der A7, Bau der A26, Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße, Planung einer neuen U5 und der S4 –, den boomenden Wohnungsbau, die Ansiedlung neuer Forschungsinstitute, die kostenlosen Angebote an Kitaplätzen und für die Ganztagsbetreuung an Schulen sowie die aus seiner Sicht weitgehend erfolgreiche Unterbringung vieler Tausender Flüchtlinge. „Für uns läuft es ganz gut“, bilanzierte Scholz. Zwar könne man „alles immer noch besser machen“, so der Regierungschef, und daran arbeite man auch. Beispielhaft nannte Scholz die Ganztagsbetreuung an Schulen, für die eine Volksinitiative deutliche Verbesserungen fordert. Die Verhandlungen, die am Freitagabend nach mehr als fünf Stunden kurz vor dem Durchbruch standen, gingen „in die richtige Richtung“, so der Bürgermeister. Man sei zwar noch nicht fertig, aber das werde wohl bald gelingen.

Mehrfach forderte Scholz seine Genossen und die Bürger auf, die Zukunft mit Mut anzupacken: „Wir sorgen dafür, dass Hamburg eine Hoffnungsstadt ist und bleibt.“ Als zentrale Herausforderungen nannte Scholz die Schaffung von ausreichend bezahlbarem Wohnungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Ein Job, von dem man eine Wohnung bezahlen und seine Familie gut ernähren könne, sei auch der beste Schutz vor der in allen Industriestaaten grassierenden „schlechten Laune“. Es sei die Aufgabe der SPD, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die sich anstrengen, auch zurechtkommen. Wenn ihr das gelinge, habe sie auch eine bessere Perspektive als die Umfragen derzeit aussagten, sagte Scholz in einem kurzen bundespolitischen Teil einer Rede.

Kritik aus den eigenen Reihen

Selbstkritische Töne waren darin nicht zu vernehmen – was in der kurzen Aussprache von zwei Rednern kritisiert wurde. „Olaf, wann warst Du zuletzt in einem Kundenzentrum?“, fragte zum Beispiel Harald Martens mit Blick auf die wochenlangen Wartezeiten und zum Teil chaotischen Zustände in den bürgernahen Behörden. An dem überragenden Wahlergebnis für den Landesvorsitzenden änderte das aber nichts.

Auch seine Stellvertreter erhielten gute Ergebnisse: Inka Damerau wurde mit 86,5 Prozent im Amt bestätigt, Sozialsenatorin Melanie Leonhard mit 93,8 Prozent und Nils Weiland mit 89,1 Prozent. Schatzmeister Christian Bernzen kam mit 96,7 Prozent Zustimmung dem Wahlergebnis von des Parteichefs sehr nah.

Die politische Konkurrenz erwähnte Scholz wie üblich nicht, ebenso wenig wie den Koalitionspartner. Erst SPD-Fraktionschef Andreas Dressel ging auf die Zusammenarbeit mit den Grünen ein und bezeichnete sie als gut. Zwar gebe es auch mal Streit, aber das werde intern geklärt. Ansonsten gelte die „Maßgabe des guten Regierens“ weiter, so Dressel.