Hamburg. Durch neue Zentren für Altersmedizin werden alle nötigen Bereiche gebündelt, um stationäre Unterbringungen zu vermeiden.
Wer jung ist und kaum krank, der geht vielleicht einmal pro Jahr zu seinem Hausarzt. Ein Kennzeichen des Alters ist dagegen nicht nur eine Krankheit, häufig sind es mehrere. Wer die Arztbesuche nicht mehr koordinieren kann, weil er womöglich dement ist oder keine Hilfe aus seiner Familie hat, der landet nicht selten auf einer geriatrischen Station im Krankenhaus. Um das zu verhindern und um alten Menschen bei der Abstimmung der Arztbesuche zu helfen, sollen künftig in jedem der sieben Hamburger Bezirke Zentren für Altersmedizin aufgebaut werden. Das sieht ein Antrag von SPD und Grünen vor, der in der Bürgerschaft beschlossen werden soll.
Ein Kommentar: Arztzentren der richtige Weg
„Alte Menschen werden vermehrt stationär behandelt, obwohl das aus medizinischer Sicht nicht nötig ist und obwohl es ihnen auch nicht guttut“, sagt Sylvia Wowretzko, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD. Der Grund für die Entwicklung: Hausärzte machen keine Hausbesuche mehr. Oft fällt es älteren Menschen schwer, die unterschiedlichen Fachärzte zu besuchen. Und deren Liste kann lang werden, wenn man sich beispielsweise mit einer Altersdiabetes, Bluthochdruck oder Herzproblemen herumschlägt.
„Die Altersmedizin befasst sich mit den häufigen Krankheitsbildern im Alter sowie etwa nach Stürzen auch mit den Unfallfolgen alter Menschen“, sagt Wowretzko. Die Behandlung verfolge in erster Linie das Ziel, die Selbstständigkeit der Menschen zu erhalten. Pflegebedürftigkeit solle vermieden oder wenigstens gemindert werden. Diese Patienten benötigten ganzheitliche Behandlungskonzepte.
Der Vorteil eines entsprechenden Kompetenzzentrums: An einem Ort sind alle altersspezifischen Medizinbereiche gebündelt. Dort können speziell ausgebildete Mediziner sich ein umfassendes Bild von den Krankheiten der alten Patienten machen und entsprechende Behandlungen in die Wege leiten. Die meisten älteren Menschen kommen auch ohne eine derartige Versorgung gut zurecht. Etwa, weil sie selbst oder ihre Angehörigen in der Lage sind, die entsprechende Versorgung zu organisieren. Doch viele sind eben nicht in der Lage, das zu leisten. Auch haben die wenigsten Hausärzte eine Zusatzausbildung für Altersmedizin.
Wo genau die Zentren für Altersmedizin angesiedelt werden, soll nun bestimmt werden. Derzeit gibt es elf Krankenhäuser mit einer geriatrischen Abteilung, die dafür infrage kommen (siehe Text rechts). Hier ist das nötige Know-how vorhanden. Die stationäre Unterbringung in einer Geriatrie soll dann aber der letzte Schritt sein. Ziel ist die ambulante Behandlung. Für die Krankenhäuser selbst ist der Aufwand überschaubar: Auf sie kommen lediglich Umbaumaßnahmen zu. Das Geld dafür kommt von der Stadt: Rund 100 Millionen Euro pro Jahr sieht Hamburg für Investitionen in allen Bereichen des Krankenhausausbaus vor. Der Betrieb der Zentren finanziert sich durch die Krankenkassen, über die die Behandlungen abgerechnet werden.
SPD und Grüne haben Alterszentren in den Koalitionsvertrag geschrieben
Die Idee zur Errichtung von Zentren für Altersmedizin geht auf den Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen zurück. Beide Seiten haben sich darauf geeinigt, dass besonders die Belange von Menschen berücksichtigt werden sollen, die an Demenz erkrankt sind. Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) hatte im vergangenen Sommer im Abendblatt erklärt, dass demente Menschen „idealerweise in ihrer gewohnten Umgebung bleiben und dort versorgt werden“ sollten.
„Angesichts der demografischen Entwicklung ist die Altersmedizin von herausragender Bedeutung“, sagt die SPD-Gesundheitspolitikerin Wowretzko. „Alle Bereiche rund um die Versorgung und Pflege älterer, kranker Menschen können und sollen davon profitieren.“ Es gehe dabei nicht allein nur um eine medizinische Versorgung. Die Zentren sollten zugleich Beratungs- und Vermittlungsstelle zu Fragen der Altersmedizin sein. Die grüne Gesundheitsexpertin Christiane Blömeke sagt, dass „für das selbstbestimmte Leben im Alter neben einer guten medizinischen Behandlung auch umgebende Faktoren besonders wichtig“ seien. Etwa das Wohnumfeld, die soziale Unterstützung und die richtige Beratung, wenn es um Pflegebedürftigkeit geht. „Auch bei diesen Fragen sollen die altersmedizinischen Zentren besonders aktiv werden und mit Rat und Tat den älteren Patienten zur Seite stehen.“