Hamburg. Christdemokraten fordern vor dem Parteitag in Karlsruhe, dass der Bund die Unterbringung für Flüchtlinge regelt.

Kurz vor Beginn des CDU-Bundesparteitagesam heutigen Montag in Karlsruhe fordern drei Hamburger Christdemokraten einen „radikalen Strategiewechsel“ in der Flüchtlingspolitik. Der Ex-CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Robert Heinemann, die Fraktions-Vizechefin Karin Prien und Landesparteichef Roland Heintze sprechen sich in einem Thesenpapier, das dem Abendblatt vorliegt, bei der Aufnahme von Zuwanderern für die klare Trennung zwischen Kriegsflüchtlingen und Menschen mit dauerhafter Bleibeperspektive aus.

„Dazu gehört die klare Aussage, dass wir eine Rückkehr der Kriegsflüchtlinge anstreben, sobald in ihren Heimatländern Frieden herrscht“, heißt es in dem Papier. Für die vorübergehende Unterbringung von Kriegsflüchtlingen solle außerdem künftig, so die Autoren, ausschließlich der Bund und nicht mehr Städte und Gemeinden zuständig sein. Und die Menschen sollten dort untergebracht werden, wo es ausreichend Platz gebe.

„Viele Menschen verlieren in der Flüchtlingskrise derzeit das Vertrauen in die Politik“, heißt es in dem Papier der Christdemokraten. Auch Wohlmeinende wollten hören, wie die Herausforderungen, die auf Deutschland noch zukommen werden, denn konkret zu schaffen sind. „Dass aus der Flüchtlingskrise eine Vertrauenskrise werden konnte, liegt aus unserer Sicht an zwei Denkfehlern“, schreiben die Autoren.

„Es ist falsch, so zu tun, als könnten wir jeden Kriegsflüchtling auf Dauer in Deutschland integrieren“, heißt es in dem Papier. Wer vor Krieg oder Bürgerkrieg fliehe – wie derzeit etwa in großer Zahl die Menschen aus Syrien –, dem müsse aus humanitären Gründen für die Dauer der Kriegshandlungen der Aufenthalt ermöglicht werden. Als nachahmenswertes Beispiel verweisen Heinemann, Prien und Heintze auf die Flüchtlinge, die in den 90er-Jahren vor dem Bürgerkrieg im damaligen Jugo­slawien geflohen sind. „Allein 1994 kamen mehr als 350.000 Menschen von dort nach Deutschland. Nachdem auf dem Balkan wieder Frieden herrschte, sind die allermeisten binnen weniger Jahre in ihre Heimat zurückgekehrt“, schreiben die Autoren.

Der zweite „Denkfehler“ aus Sicht der CDU-Politiker: „Wir verharren trotz der riesigen Herausforderung immer noch in Kleinstaaterei und bürokratischen und vermeintlich rechtlichen Zwängen.“ Jede kleine Kommune, die Flüchtlinge unterbringen müsse, sei bei der Lösung der daraus erwachsenden Probleme weitgehend auf sich allein gestellt. „Die Verteilung erfolgt völlig ohne Rücksicht auf die zur Verfügung stehenden Flächen, sondern nach einem Schlüssel, der für ganz andere Zeiten und andere Problemlagen vereinbart wurde“, heißt es in dem Papier. Heintze, Prien und Heinemann meinen den Königsteiner Schlüssel, der sich an Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft der Länder orientiert.

Ihr Vorschlag: Die Kriegsflüchtlinge sollten in erster Linie dort untergebracht werden, wo genügend Platz und eventuell auch leer stehender Wohnraum vorhanden sei. In städtischen Ballungsräumen wie etwa in Hamburg sei das gerade nicht der Fall. „Eine vorübergehende Zuflucht und sichere Heimat für einige Jahre sollten wir dort bieten, wo man nicht Zelte dicht an dicht neben eine Autobahn quetschen muss, wo Platz für ein Fußballfeld und einen Spielplatz ist und wo man sich auch einmal aus dem Weg gehen kann“, schreibt das CDU-Trio.

Außerdem sollten Wissen und Arbeitskraft der Flüchtlinge genutzt werden, „damit sie sich so weit wie möglich selber helfen“ können. „Was spricht denn außer unseren Rechtsvorschriften dagegen, dass sie Häuser unter Anleitung selber errichten, dass ein syrischer Arzt vor Ort eine Praxis einrichtet oder dass syrische Lehrerinnen die Kinder unterrichten?“, fragen die CDU-Politiker.

Entscheidender Hebel für den Strategiewechsel ist aus Sicht der Autoren eine Neuordnung der Zuständigkeiten: „Für die Unterbringung der Kriegsflüchtlinge muss dann endlich der Bund die zentrale und alleinige Verantwortung übernehmen – und zwar dort, wo hinreichend Flächen zur Verfügung stehen.“ Voraussetzung für die Verlagerung der Kompetenzen ist allerdings wahrscheinlich eine Verfassungsänderung.

Nach dem Willen der CDU-Politiker sollen den Menschen, die etwa als anerkannte Asylbewerber ein dauerhaftes Bleiberecht haben, klare Inte­grationsperspektiven angeboten werden. „Eine langfristige Integration kann in der Regel nur in den Städten und Metropolen erfolgen, wo die Menschen Arbeit finden können.“ Zuwanderung insgesamt müsse aber über das Einwanderungsrecht gesteuert werden.