Die SPD geizt im Entwurf für ihre Vorhaben bis 2020 mit Versprechen und richtet den Blick weit in die Zukunft
Hamburg. Es waren klare und teure Wahlversprechen, mit denen die SPD im Februar 2011 die absolute Mehrheit bei der Bürgerschaftswahl errang: Abschaffung der Studiengebühren, Beitragsfreiheit für den fünfstündigen Kita-Besuch, die Verdoppelung der Zahl der Ganztagsgrundschulen oder der Teilrückkauf der Energienetze.
Fast vier Jahre später sind diese Versprechen eingelöst, und die Regierungspartei SPD – die Schuldenbremse 2019 vor Augen – ist offensichtlich deutlich bescheidener geworden. Wer einen Blick in den ersten, 50 Seiten umfassenden Entwurf für das Programm zur Bürgerschaftswahl wirft, den der SPD-Landesvorstand am Dienstagabend beraten hat, muss ein wenig suchen, um klare Festlegungen für die kommende, erstmals fünfjährige Legislaturperiode zu finden.
Stattdessen zeugt schon die Präambel des Programmentwurfs unter der Überschrift „Hamburg weiter vorn – Perspektiven für Wachstum und Zusammenhalt“ vom ausgeprägten Selbstbewusstsein der Sozialdemokraten und ihrem Fortschrittsoptimismus. Die Hamburger hätten 2011 die Hoffnung an die SPD geknüpft, dass die Stadt wieder ordentlich regiert werde. „Wir haben uns auf den Weg gemacht. Wir haben viel erreicht und die Ankündigungen unseres Wahl- und Regierungsprogramms vollständig umgesetzt“, heißt es da. Nur eine verlässliche Politik schaffe neues Vertrauen in die Gestaltungskraft des Staates. „Das Erreichte ist unser Ansporn“, so der Entwurf.
Die SPD richtet den Blick weit in die Zukunft und über die Grenzen von Wahlperioden hinweg. „Die Hoffnung auf ein besseres Morgen braucht engagiertes Handeln heute“, heißt es im Programmentwurf. Und: „Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass Hamburg seine besten Tage noch vor sich hat.“ Die HafenCity, der Sprung über die Elbe nach Wilhelmsburg und Harburg, die Neue Mitte Altona oder die Entwicklung der Quartiere „an Bille und Elbe“ im Osten der Stadt liefern die Stichworte für „den langen Atem und die gestalterische Konsequenz“, die die SPD beweisen will. „Es geht darum, Hamburg für 2030 auszurichten“, lautet der ziemlich weitreichende Anspruch.
Eines der „großen Generationsprojekte“, die die Sozialdemokraten in Angriff nehmen wollen, wird im Wahlprogramm allerdings nur gestreift: der Ausbau des U-Bahn-Netzes. „In den 20er-Jahren werden wir mit dem Bau erster Abschnitte der neuen Linie 5 beginnen“, so der Entwurf. „Sie wird dicht besiedelte Stadtteile wie den Osdorfer Born und Lurup, Bramfeld und Steilshoop ebenso wie die Arenen im Volkspark an die Innenstadt anbinden.“ Erst vor wenigen Tagen hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) eine schon viel konkretere Konzeptstudie präsentiert.
Die Verkehrspolitik ist ein Schwerpunkt der SPD. „Vorfahrt für unsere Busse“ bleibt das aktuelle Motto, wenngleich das Reizwort „Busbeschleunigungsprogramm“ im Entwurf vermieden wird. Stattdessen ist von größeren Fahrzeugen, engeren Taktdichten und Ampelvorrangschaltungen die Rede. „So werden wir die Kapazität der MetroBusse in den nächsten Jahren um bis zu 30 Prozent steigern können.“
Eine Citymaut oder Umweltzone lehnt die SPD ab, weil sie die Luft nicht verbessern und den Verkehr in der Stadt bloß verlagern würden. Bei der Straßensanierung will die SPD ihren Ehrgeiz noch steigern. „In der nächsten Wahlperiode wollen wir mindestens 500 km Fahrbahn in stand setzen“, heißt es im Programmentwurf. Seit 2011 waren 400 des 4000 Kilometer langen Straßennetzes erneuert worden.
Die SPD hat das Radfahren entdeckt: Die Zahl der Bike-and-ride-Plätze an U- und S-Bahn-Stationen soll bis 2025 um 12.000 auf 28.000 aufgestockt werden. Es soll auch mehr Fahrradstraßen geben, bei denen die Fahrbahn auf ganzer Breite als Radweg ausgewiesen ist. „Auf beiden Seiten der Außenalster solle es große, breite Fahrradstraßen geben“, schreiben die Autoren. Auf dem Harvestehuder Weg im Westen haben die Umbauarbeiten bereits begonnen.
Beim Wohnungsbau will die SPD nicht nachlassen. „Wir wollen weiterhin in Zukunft pro Jahr mindestens 6000 Wohnungen bauen, davon 2000 Sozialwohnungen“, lautet das Versprechen. Die städtische Saga GWG soll mit 1000 Wohnungen jährlich dabei sein. Von 2015 an sollen die öffentlich geförderten Neubaumietwohnungen barrierefrei gebaut werden. Es bleibt bei dem Grundsatz, dass in jedem größeren Projekt „mindestens ein Drittel sozialer Wohnungsbau vorzusehen“ ist.
Der Umwelt- und Naturschutz steht nicht im Mittelpunkt des Programms. Im Wesentlichen will die SPD so weitermachen wie bisher. „In Hamburg gibt es kein Fracking. Wir setzen uns bundesweit für strengste Regeln ein“, wendet sich die Partei klar gegen die umstrittene Form der Energieerzeugung aus tieferen Erdschichten.
Auffällig bescheiden sind die Festlegungen der SPD im Bildungsbereich. „Gemeinsam mit den Kita-Trägern werden wir den Betreuungsschlüssel verbessern. Mehr Erzieherinnen sollen sich um weniger Kinder kümmern“, heißt es. Konkrete Ankündigungen gibt es nicht. „Um den Fachunterricht zu verbessern, wollen wir an allen Stadtteilschulen die Zahl der Gymnasiallehrer auf rund 50 Prozent anheben“, heißt es im Entwurf. Das ist durchaus ehrgeizig, denn die derzeitige Durchschnittsquote liegt bei etwa 40 Prozent. Als einziger Bereich des öffentlichen Dienstes soll „die Vollzugspolizei trotz der in der Verfassung festgeschriebenen Schuldenbremse von jeglichen Stellenstreichungen“ ausgenommen werden.
Die SPD-Spitze will den Entwurf am 9. Dezember abschließend beraten, ehe der Landesparteitag das Wahlprogramm am 13. Dezember beschließt.