Die Abendblatt-Umfrage in Hamburg zeigt: Die Jüngeren sind mit großer Mehrheit für eine Ausrichtung Olympischer Sommerspiele in Hamburg, die Älteren sprechen sich eher dagegen aus.

Hamburg. Am Sonntag wird auf der Jahreshauptversammlung des FC St. Pauli eine Frage diskutiert, die in ihren Auswirkungen weit über die Interessen des Fußball-Zweitligaclubs hinausgeht. Vier Mitglieder haben den Antrag gestellt, dass sich der Verein „öffentlichkeitswirksam gegen eine Bewerbung Hamburgs um die Ausrichtung Olympischer Sommerspiele ausspricht“. Ihre Begründung: „St.Pauli braucht keine millionenteuren Prestigeobjekte und Sportspektakel für IOC-Funktionäre und Handelskammerpräsidenten, sondern mehr Sportstätten für den Amateur- und Breitensport.“

Dirk L., Christian H., Martin S.-H. und Harm V. gehören in der Stadt einer Minderheit an. In einer vom Abendblatt beauftragten repräsentativen Umfrage des Markforschungsinstituts GESS Phone & Field sprachen sich Anfang November 38 Prozent der Befragten gegen Sommerspiele 2024/2028 in Hamburg aus. Die Mehrheit, 54 Prozent, ist dafür, Männer (59 Prozent) stärker als Frauen (51), 18- bis 34-Jährige (69) weit mehr als Über-65-Jährige (41).

Zu ähnlichen Ergebnissen war Anfang September eine Umfrage gelangt, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) in Auftrag gegeben hatte. Damals waren 53 Prozent der Hamburger für Spiele in ihrer Stadt, 44 Prozent dagegen. Die Verteilung in den Altersgruppen deckte sich.

Der DOSB fragt die Hamburger noch mal zu Olympia

Jüngere sprachen sich mit klarer Mehrheit dafür aus, Ältere blieben skeptisch. Bei Rentnern ist laut Abendblatt-Umfrage die Ablehnung mit 45 Prozent am stärksten ausgeprägt, bei Studenten und Auszubildenden die Zustimmung mit 79 Prozent am größten.

Unter den Parteianhängern findet Olympia bei potenziellen CDU- (64 Prozent) und SPD-Wählern (59) mehrheitlich Rückhalt, die Wähler der Grünen (48 dafür, 51 dagegen) sind gespalten, während bei der Partei Die Linken (29:54) und der FDP (33:67) eine ablehnende Haltung überwiegt.

Anfang Februar will der DOSB die Hamburger ein weiteres Mal zu ihrer Einstellung befragen. Wächst die Zahl der Befürworter, hat die Stadt Chancen, dass das DOSB-Präsidium am 16.März seiner Mitgliederversammlung empfiehlt, Hamburg und nicht Berlin zum Olympiakandidaten zu küren. In der Hauptstadt hatten sich 48 Prozent für Spiele in ihrer Stadt ausgesprochen, 49 Prozent dagegen. Wichtiger als ein bestimmter Prozentwert ist dem DOSB die Steigerung der Zustimmung. Das wäre für den Sportbund ein Indiz, dass es der jeweiligen Stadt gelingt, die Vorzüge Olympias zu kommunizieren.

Der Breitensport würde von Olympia profitieren

Das erscheint notwendig, um bei einem finalen Referendum, das beide Städte beim Zuschlag des DOSB planen, die 50-Prozent-Hürde zu überspringen. Erfahrungsgemäß lassen sich die Olympiagegner leichter mobilisieren. In München fand sich vor einem Jahr bei geringer Wahlbeteiligung keine Mehrheit für die Winterspiele 2022, obwohl zuvor in mehreren Umfragen zwischen 62 und 66 Prozent der Bevölkerung Olympia in ihrer Region begrüßt hatten.

Der DOSB hat in dieser Woche Argumentationshilfen an die Präsidenten der Landessportbünde verschickt. Dabei geht es um die internationalen Chancen einer deutschen Bewerbung, die Konkurrenz aus den USA und die Behauptung, dass eine Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland, wie sie der Fußball-Bund plant, ausschließe, im selben Jahr hierzulande Olympische Spiele auszutragen. Das sei falsch, schreibt der DOSB, die beiden Großereignisse müssten nur in gewissem zeitlichen Abstand abgehalten werden.

Auch die Bedenken der Olympiagegner im FC St.Pauli lassen sich entkräften. Vor allem der Breitensport in Hamburg würde nachhaltig von Olympia profitieren, weil neue Hallen und Plätze gebaut und alte renoviert werden müssten, um für die Spiele entsprechende Trainings- und Wettbewerbsflächen zu schaffen. Unabhängig von Olympia verbessert die Stadt im Rahmen ihrer Dekadenstrategie die sportliche Infrastruktur für Schulen, Vereine und Verbände. Bis 2019 gibt Hamburg 253,6 Millionen Euro aus für den Neubau (63 Hallen) und die Sanierung von Sportstätten. 175 Anlagen sind in das Programm einbezogen.

Die Stadt wird vom Olympia-Komitee unterstützt

Olympiaskeptiker haben dennoch einiges bewegt. Olympische Spiele werden sich verändern, das Internatio Olympische Sommerspielenale Olympische Komitee (IOC) wird auf seinem Reformkonvent am 8./9. Dezember in Monte Carlo dem Gigantismus abschwören. Andernfalls wäre Olympia in pluralistischen Gesellschaften kaum mehr durchführbar. Dass das IOC den Ausrichterstädten stärker entgegenkommen wird, zeigen die Sommerspiele 2016 in Rio.

Die Herren der Ringe zahlen der Stadt 1,5 Milliarden Dollar für die Durchführung. Zum Vergleich: Der Fußball-Weltverband Fifa unterstützte die Brasilianer bei ihrer WM im Sommer mit 100 Millionen Dollar. Und wird in Monte Carlo ein Antrag Deutschlands angenommen, wird sich das IOC in Zukunft auch an den Kosten der Bewerbung beteiligen. Oke Göttlich, der designierte neue Präsident des FC St.Pauli, hat deshalb schon signalisiert, dass er den Antrag der vier Mitglieder ablehnen wird: „Als Sportler bin ich für Olympia in Hamburg!“