Die G9-Initiative lehnt Umfragen an Schulen ab. Die SPD will dennoch zum Turbo-Abitur an allen 60 Gymnasien ein Meinungsbild erstellen. Die Verhandlungen geraten ins Stocken.

Hamburg. Die Verhandlungen zwischen der SPD und der Volksinitiative „G9-Jetzt-HH“ über die Dauer bis zum Abitur am Gymnasium sind ins Stocken geraten: Die SPD hatte vorgeschlagen, ein Meinungsbild an allen 60 Gymnasien über die Frage einzuholen, ob sie den längeren Weg zum Abitur am Gymnasium (G9) wünschen oder beim kürzeren G8 bleiben wollen. „Wir stimmen dem Vorschlag, die Schulkonferenzen zu befragen, nicht zu“, sagte „G9-Jetzt-HH“-Sprecherin Mareile Kirsch.

Die Befürchtung: Nach den klaren Voten etwa der Gymnasial-Schulleiter und der Elternkammer für das bestehende G8 wäre der Druck auf G9-Befürworter an den Schulen „riesengroß, nach unserer Auffassung viel zu groß“. Außerdem würden bei einer solchen Befragung die Eltern der jetzigen Grundschüler nicht einbezogen.

Die G9-Initiative hat auch verfassungsmäßige Bedenken gegen die umfassende Befragung an den Schulen, weil dies eine Konkurrenz zur Volksinitiative sei, die auf eine Befragung aller Wahlberechtigten ziele. „Die Volksinitiative schafft das Meinungsbild in einem demokratischen Verfahren“, sagte Kirsch. „Die Bürger sollen durch den vermeintlich cleveren Schachzug der SPD ihrer Rechte beraubt werden.“

SPD-Verhandlungsführer Andreas Dressel wies unterdessen daraufhin, dass der Vorschlag der SPD mit dem Landeswahlleiter abgestimmt und nicht auf Bedenken gestoßen sei.

Kirsch kündigte an, die Initiative wolle sich jetzt „eine Erholungsphase gönnen“ und sich auf die Vorbereitung des Volksbegehrens konzentrieren, das nach den Sommerferien stattfinden soll, wenn es nicht zu einer Einigung mit der Bürgerschaft kommt. Die G9-Sprecherin betonte, dass das Nein zum Verfahrensvorschlag der SPD nicht bedeute, dass die Verhandlungen abgebrochen würden. „Wir sind weiterhin gesprächsbereit. Wir warten auf einen konkreten inhaltlichen Vorschlag der SPD“, sagte Kirsch. Genau das habe die SPD vor dem letzten Treffen zugesagt. „Wir sind sehr enttäuscht darüber, dass das dann nicht geschehen ist.“

Auch Dressel will den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen. „Wir sind selbstverständlich weiter gespächsbereit im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung und weitere Ergänzungen bei der Befragung von betroffenen Schulen oder anderer Beteiligter – auch, um Befürchtungen der Initiative entgegenzuwirken“, sagte Dressel. Das Meinungsbild der Gymnasien liefere eine gute Basis, „um inhaltliche Alternativen und Optionen zu erörtern“.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) will die Befragung der 60 Schulkonferenzen trotz der Nichtzustimmung der Initiative starten. „Wir holen das Meinungsbild auf jeden Fall ein, werden dabei auf jegliche eigene Einflussnahme verzichten und auch keine eigene Stellungnahme abgeben“, sagte Rabe kategorisch. Es dürfe keine Entscheidung über die Köpfe der Betroffenen hinweg geben.

Die G9-Initiative will weiterhin nicht mit allen Bürgerschaftsfraktionen gemeinsam verhandeln, sondern besteht auf Einzelgesprächen. „Das bedauern wir. Für uns ist klar: Die Initiative muss sich bewegen. Es kann nur gemeinsame Verhandlungen mit allen Fraktionen geben“, sagte CDU-Fraktionssprecherin Julia Wagner. „Die Ablehnung einer Befragung der Schulkonferenzen durch die Volksinitiative ist nicht nachvollziehbar“, sagte die FDP-Schulpolitikerin Anna von Treuenfels, die eine Expertenanhörung im Schulausschuss der Bürgerschaft vorschlägt.