Saga, Messe und andere wollen dem neuen Gesetz zum Trotz Informationen nicht offenlegen. Sie setzen sich mit Gutachten gegen den Senat zur Wehr.
Hamburg. So einfach ist es offenbar doch nicht mit der staatlichen Offenheit. Mithilfe des 2012 von der Bürgerschaft beschlossenen Transparenzgesetzes sollten die Hamburger umfassenden Zugang zu Informationen der Verwaltung und der städtischen Unternehmen bekommen. Ziel war es, das Vertrauen in den Staat zu stärken und Steuerverschwendung und Korruption vorzubeugen. Bei der Umsetzung des Gesetzes aber gibt es immer mehr Probleme. Zuerst wurde darüber gestritten, ob auch Kammern und Hochschulen transparent werden müssen. Und nun wehren sich immer mehr städtische Unternehmen dagegen, Verträge und Geschäftszahlen zu veröffentlichen.
Zwar hat der Senat jetzt eine Liste vorgelegt, nach der 43 Unternehmen „auskunfts- und veröffentlichungspflichtig“ sind, so weit sie „öffentliche Aufgaben“ wahrnehmen. Darunter fallen etwa Hochbahn, HVV, Flughafen, Hamburg Messe, Bäderland, Saga GWG, Elbphilharmonie, Asklepios Kliniken GmbH, Theater und die HafenCity GmbH. Einige der Unternehmen aber halten nichts von der geforderten Transparenz. Saga GWG, Hamburg Messe, Bäderland und HafenCity GmbH haben nun sogar kostspielige Gutachten in Auftrag gegeben, um sich gegen die Veröffentlichungspflicht zu wehren. Das ergibt sich aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des CDU-Haushaltspolitikers und Europakandidaten Roland Heintze.
Demnach hat allein das von der Saga beauftragte Gutachten 29.805,93 Euro gekostet. Es kommt zu dem Ergebnis, dass das städtische Wohnungsbauunternehmen nicht umfassend Auskunft geben muss – sondern allein in puncto „Wohnraumförderung und Wohnungsfürsorge“. Die HafenCity GmbH hat für 9480 Euro prüfen lassen, ob sie auch Verträge über Grundstücksverkäufe veröffentlichen muss. Das Ergebnis wird noch geprüft. Etwas günstigere Experten beauftragten die Hamburg Messe und Bäderland. Bäderland zahlte 3000 Euro für ein Gutachten, dessen Ergebnisse laut Senatsantwort noch ausgewertet werden. Und die Hamburg Messe und Congress GmbH (HMC) überwies 3700 Euro an die Kanzlei Esche Schümann Comichau und bekam dafür die Einschätzung, dass sie „nicht den Rechtspflichten des Transparenzgesetzes unterliegt“, da sie weder öffentliche Aufgaben wahrnehme noch öffentliche Dienstleistungen erbringe.
Zwar begrüße die Hamburg Messe „ein Höchstmaß an Transparenz“, so ihr Sprecher Karsten Broockmann. Die Hamburg Messe und Congress GmbH stehe aber „in einem knallharten internationalen Wettbewerb“. Eine uneingeschränkte Veröffentlichungspflicht würde daher „zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil führen und könnte dem Messe- und Kongressstandort schweren Schaden zufügen“.
Die Begründer der Volksinitiative zum Transparenzgesetz, die 2012 in das neue Gesetz mündete, sind damit nicht einverstanden. „Wir erkennen zwei Ausnahmen von der Auskunftspflicht grundsätzlich an: den Schutz personenbezogener Daten und den von Geschäftsgeheimnissen“, sagt Helena Peltonen von Transparency International und dem Verein Mehr Demokratie. Allerdings werde der Begriff der Geschäftsgeheimnisse zuletzt weiter gefasst und neu interpretiert. Das sei gerade bei öffentlichen Unternehmen nicht hinnehmbar. „Wir werden das nicht sang- und klanglos akzeptieren“, so Peltonen. Wenn Bürger auf Herausgabe von Informationen klagten, werde man sie mit Expertise unterstützen.
Auch in der zuständigen Justizbehörde ist man sich offenbar noch nicht klar, wer den Bürgern denn nun welche Informationen zu geben hat. „Die zukünftige Anwendung des bundesweit einmaligen Gesetzes wirft zahlreiche Fragen auf“, sagt Behördensprecher Sven Billhardt. „Diese werden von den zuständigen Behörden derzeit auch mit einzelnen Unternehmen geklärt.“
Für den CDU-Abgeordneten Roland Heintze ist es „absurd, dass öffentliche Unternehmen versuchen, sich dem Transparenzgesetz dadurch zu entziehen, dass sie auf Steuerzahlerkosten Gutachten in Auftrag geben, die der Senatslinie zuwiderlaufen“. Finanzsenator Tschentscher müsse „deutliche Worte finden und dem teuren Treiben ein Ende setzen“, fordert Heintze.
SPD-Rechtspolitiker Urs Tabbert weist darauf hin, dass „alle Beteiligten noch dabei sind, das neue Gesetz zu lernen“. Er hoffe, „dass nach einer gewissen Einführungsphase solche Gutachtenkosten nicht mehr anfallen“.