Mehr als 20 Jahre kämpfte Ursula Caberta gegen Scientology und andere Psycho-Gruppen. Nun quittiert die 62-Jährige den Dienst.
Neustadt. Sie war das Gesicht im Kampf gegen die Psycho-Sekten und eine der bekanntesten Behördenmitarbeiterinnen Hamburgs: Ursula Caberta, die Frau hinter der "Arbeitsgruppe Scientology", die viele Jahre lang - weit über Hamburg hinaus - Aussteiger, Betroffene und Angehörige beriet und aus dem Sektensumpf rettete, ist nicht mehr länger Mitarbeiterin der Innenbehörde. "Ja, ich habe einen Auflösungsvertrag unterschrieben", bestätigte sie dem Hamburger Abendblatt auf Nachfrage. Drei Jahre früher als geplant quittiert sie, mit 62 Jahren, ihren Dienst bei der Behörde. Einer der Gründe, so heißt es, könnte ihr Frust über mangelhafte Unterstützung und schlechte Arbeitsbedingungen gewesen sein. Das Budget für ihren Einsatz gegen religiöse Verführer und esoterische Scharlatane war zuletzt immer weiter zusammengekürzt worden.
Von einer gewissen Zermürbung ist die Rede, die nicht in erster Linie vom jahrelangen Kampf gegen Scientology herrühre, sondern von behördeninternen Querelen. Caberta selbst sagt: "Diese Aufgabe kann man ohne Vertrauen und Unterstützung nicht so ausfüllen, wie es nötig wäre. Doch das Thema wird offenbar seit geraumer Zeit nicht mehr als so wichtig erachtet." Seit die "Arbeitsgruppe Scientology", die Caberta seit 1992 leitete, unter dem damaligen Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) aufgelöst wurde und die Zuständigkeit für die Fallbetreuung an den Verfassungsschutz übergegangen ist, hatte die Sektenbeauftragte immer wieder angemahnt, dass Hamburg mehr tun müsse, um Betroffenen zu helfen. Zumal die von ihr zu Beginn der 1990er-Jahre aufgebaute Arbeitsgruppe in dieser Form weltweit einzigartig blieb.
Von Innensenator Werner Hackmann (SPD) war die damalige Bürgerschaftsabgeordnete, Ausländer- und Jugendrechtsexpertin Caberta seinerzeit mit der Gründung einer Sektenberatungsstelle beauftragt worden. Dass die Dienststelle der Innenbehörde angegliedert wurde, sendete auch an Scientology ein eindeutiges Signal: Die "Kirche" mit dem totalitären Anspruch wurde erstmals nicht als Problem einzelner Betroffener, sondern als Bedrohung für die Sicherheit behandelt. "Zu Beginn saß ich mit einem Telefon, einem Block und einer Schreibmaschine in einem leeren Büro", erinnert sich Caberta. Doch schon in der ersten Woche, nachdem publiziert worden war, dass der Senat eine "Hotline" für Scientology-Betroffene und Ratsuchende einrichten wolle, konnte Caberta den Gesprächsbedarf nicht einmal annähernd decken. "Ich hatte täglich Dutzende Anrufe, hörte teilweise haarsträubende Geschichten." Nach und nach wuchs die Arbeitsgruppe, zahllose Prozesse wurden geführt, Betroffene versorgten die Arbeitsgruppe mit Materialien aus und über Scientology. Die Chefin selbst sah sich Angriffen aus der Sekte ausgesetzt. Sie wurde bespitzelt, bedroht, angegriffen und zur "unterdrückerischen Person" erklärt. Doch das weckte den Ehrgeiz der streitbaren Behördenmitarbeiterin nur umso mehr. Die Hamburger Arbeitsgruppe wurde längst von Betroffenen und Aussteigern aus ganz Europa konsultiert.
Caberta und ihre Mitarbeiter bekamen erschütternde Lebensgeschichten zu hören. Sie griffen manches Mal zu unorthodoxen Methoden, um schnell und unbürokratisch Hilfe leisten zu können. Nicht selten wirbelten sie dabei auch im Behördenapparat reichlich Staub auf. Unter anderem die "Schutzerklärung" der Arbeitsgruppe Scientology, mit der es Arbeitnehmern und Arbeitgebern ermöglicht wurde, eine scientologische Unterwanderung zu vermeiden, sorgte international für Aufsehen. Wie sehr Ursula Caberta auch im Mutterland der Sekte, den USA, zum Stachel im Fleisch geworden war, zeigte sich im Jahr 2000. Caberta reiste für einen Kurzurlaub nach Florida, wollte sich dort auch mit Aussteigern treffen. Am Flughafen empfing sie ein wütender Mob von Scientologen, die "Nazi, go home!" brüllten und mit Gegenständen warfen. "Da wusste ich, dass ich weitermachen musste", sagt Caberta über den Trip, den sie aus Angst vor weiteren Angriffen frühzeitig beendete. "Ich wollte nicht, dass so etwas auch in Deutschland möglich würde."
Umso mehr schmerzte es sie, dass der CDU-Senat nach dem Weggang des Ex-Innensenators Udo Nagel ihrem Thema so wenig Beachtung schenkte, wie sie heute sagt.
Der amtierende Innensenator Michael Neumann sagt über Caberta: "Sie ist diejenige, die das Wissen über die Gefahren durch Scientology international massiv gefördert hat. Ich schätze sie auch persönlich sehr." Im März wird es einen Senatsempfang für die Sektenbeauftragte geben. Caberta freut sich auf eine Zeit "ohne interne und externe Kämpfe".