Linke kritisiert den SPD-Sparkurs. Er sei nur nach außen hin sozial und nach innen „eiskalt”. Gerade bei “kleinen Leuten“ werde gespart.

Hamburg. Gegensätzlicher können politische Ansätze kaum sein. Während der SPD-Senat kommende Woche ein Finanzrahmengesetz beschließen will, das festen Ausgabenobergrenzen sogar Gesetzeskraft verleihen soll (siehe Seite 1), hat die Linkspartei gestern die Kampagne "Abgescholzt" gestartet. In Anlehnung an den von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) verordneten Sparkurs ruft sie von Kürzungen betroffene Bürger auf, darüber im Internet zu berichten (www.kuerzungsmelder@ linksfraktion-hamburg.de).

Als "Abscholzen" bezeichnete Norbert Hackbusch, Finanzexperte der Fraktion, die Methode des Bürgermeisters, sich nach außen hin sozial zu geben, nach innen aber eine "eiskalte Streichpolitik" durchzusetzen. Wenn an Bauspielplätzen, Mädchentreffs, Bücherhallen und allgemein den Bezirksämtern gespart werde, hätten darunter in erster Linie die "kleinen Leute" in den sozialen Brennpunkten und das Personal in der Verwaltung zu leiden, so Norbert Hackbusch. "Ziel unserer Kampagne ist es, diesen Kürzungen ein Gesicht zu geben."

Ferner informiert die Linke auf der Webseite www.abgescholzt.de über Haushaltsfragen und versucht, den Protest dagegen zu bündeln. Für die Kampagne ist sogar Joachim Bischoff ins Rampenlicht zurückgekehrt. Der angesehene frühere Bürgerschaftsabgeordnete, der sich Ende 2011 aus gesundheitlichen Gründen aus dem Parlament zurückgezogen hatte, hat eine Broschüre zur Hamburger Finanzpolitik mit erarbeitet. Darin setzen sich die Linken sachlich und anschaulich mit den Zielen des SPD-Senats auseinander, kommen aber zu einem vernichtenden Urteil: "Der Sparkurs wird in den nächsten Jahren Verwüstungen hervorbringen", so Bischoff, der für eine Alternative wirbt: "Eine Sanierung des Haushalts ist nur möglich, wenn man über neue Einnahmen nachdenkt." Andernfalls reiche das Geld nicht aus für die Aufrechterhaltung einer ordentlichen Verwaltung und die nötigen Investitionen in die städtische Infrastruktur.

Möglichkeiten für eine Einnahmeverbesserung sieht Bischoff unter anderem in einer "Millionärssteuer", einer intensiveren Besteuerung von Unternehmen und Erbschaften sowie einer Verbesserung des Steuervollzugs. Von bundesweit möglichen 170 Milliarden Euro Mehreinnahmen könne so ein dreistelliger Millionenbetrag auf Hamburg entfallen.

In der 20-seitigen Broschüre setzen sich die Experten der Linkspartei grundsätzlich kritisch mit der Finanzpolitik des SPD-Senats auseinander. Dessen Konzept zur Erreichung der gesetzlichen Schuldenbremse 2020 geht von zwei einfachen Annahmen aus: Die Einnahmen der Stadt wachsen im Schnitt jährlich um 2,25 Prozent. Wenn die Ausgaben nur um maximal 0,88 Prozent ansteigen, wird der Haushalt spätestens 2020 ausgeglichen sein, nach derzeitiger Planung sogar schon 2019. Daher verleiht der Senat dieser 0,88-Grenze künftig sogar Gesetzesrang und verzichtet auf große Sparpakete.

Doch auch diese langfristig angelegte Konsolidierungspolitik lehnt die Linke ab. Es stelle sich die Frage, so Bischoff und seine Co-Autoren: "Werden politische Grausamkeiten erträglicher, wenn sie auf mehrere Jahre verteilt werden?"