Bauboom in der Hamburger City. Das Ohnsorg-Theater wird zur Kaisergalerie. Große Markenwelten ziehen in Alte Post und Kaufmannshaus.
Altstadt/Neustadt. Mit dem Auto ist es zurzeit schwer, durch die Innenstadt zu kommen. Immer wieder halten mächtige Sattelschlepper und Lastwagen den Verkehr auf. Dazu Baustellenlärm. Es ist eben laut, wenn die Stadt aufgehübscht wird: Von den Großen Bleichen über den Adolphsplatz bis zum Hopfenmarkt werden Einkaufspassagen und Plätze neu gestaltet. Die Eigentümer der Immobilien und Geschäftsleute investieren insgesamt etwa 100 Millionen Euro in der City.
An der Straße Große Bleichen sind gleich an mehreren Stellen Bauarbeiter zugange. Dort, wo bis vor Kurzem noch das Ohnsorg-Theater residierte, wird in den kommenden Monaten eine neue Einkaufspassage entstehen: "Es ist eine durchgängige Passage bis zum Bleichenfleet mit 2500 Quadratmeter Einzelhandelsfläche geplant, die sich optisch an der benachbarten Galleria orientieren soll", sagt Ralf Dibbern vom Investor Alstria. Die Eröffnung ist für Ende 2012 unter dem ursprünglichen Namen des Gebäudes vorgesehen: Kaisergalerie. Dass man diesen denkmalgeschützten Standort unter Berücksichtigung vorhandener Stilelemente umbauen will, passt ins Konzept des Business Improvement Districts (BID) Große Bleichen. Dabei soll der historische Charakter des Stadtbilds nach und nach herausgestellt werden. So, wie schon an den Fassaden der Alten Post Ecke Poststraße/Große Bleichen - hier ist derselbe Investor am Werk. Der Umbau zu Einkaufs- und Büroflächen soll Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Zwei namhafte US-Marken ziehen ein: Der Hauptmieter unter den Händlern, Abercrombie & Fitch, sowie Tommy Hilfiger könnten dann Anfang 2012 eröffnen. Die Büroflächen sind komplett an die Rechtsanwaltskanzlei Graf von Westphalen vermietet.
+++ Das sind BID +++
Das Kaufmannshaus Ecke Bleichenbrücke wird momentan revitalisiert, wie es im Fachjargon heißt. Das bedeutet, dass das 160 Jahre alte Gebäude technisch auf einen neuen Stand gebracht wird. Seit Mitte Juli sind die Läden vom Eingang Große Bleichen aus geschlossen. Einen Zugang gibt es noch von der Fleetseite aus. Die Ladenzeilen werden komplett modernisiert, bekommen neue Glasfassaden und neue Beleuchtung. Kosten: 30 Millionen Euro.
In Zukunft wird es im Kaufmannshaus zwei je zweigeschossige Flagshipstores geben. Wer die Flächen mietet, kann Nicole Unger von der Firma NCU-Immobilien noch nicht verraten. 16 Einzelhändler werden dort im kommenden Jahr auf einer Fläche von 3500 Quadratmetern Platz finden. Die gesamte vierte Etage wird an die Werbeagentur Draft FCB vermietet.
Das BID Nikolaiquartier arbeitet daran, ein gesamtes Viertel, die histo-rische Innenstadt, zu verschönern: Die Handelskammer, Grundeigentümer und Kaufleute haben sich zum Business Improvement District zusammengeschlossen. Der Plan sieht unter anderem vor, Adolphsplatz, Hopfenmarkt und Burchardplatz umzugestalten. Weil dadurch Parkplätze wegfallen, sollen hier Tiefgaragen gebaut werden. Mit der europaweiten Ausschreibung von Baukonzessionen sollen Interessenten für die Tiefgaragen gefunden werden. Geplant sind insgesamt 600 Parkplätze.
Die Ausschreibung, so Handelskammer-Hauptgeschäftsführer und Vorsitzender des Lenkungsausschusses, Hans-Jörg Schmidt-Trenz, sei auch Voraussetzung dafür, die Plätze neu zu gestalten und die Menschen auf den bislang wenig attraktiven Plätzen zum Verweilen einzuladen. "Die Autos müssen weg und eine Großzügigkeit der Plätze geschaffen werden", so Schmidt-Trenz.
Die Bürgersteige im Nikolaiquartier werden ein helles Pflaster erhalten und an vielen Stellen verbreitert werden. Auf dem Hopfenmarkt soll der Wochenmarkt durch permanente Verkaufsstände ergänzt werden, auf dem Adolphsplatz sollen zwei Brunnen gebaut werden. Geplant ist, die Verkehrsführung neu zu entwickeln, damit die Linienbusse auf der Straße Großer Burstah wieder in beiden Richtungen fahren können. Das Quartier liegt zwischen Rathausmarkt, Rödingsmarkt und Willy-Brandt-Straße, die das Areal im Westen und Süden begrenzen. Zehn Millionen Euro wollen die privaten Initiatoren investieren. Mit 14 Hektar und 70 Grundstücken ist es der größte Business Improvement District Hamburgs.
Gegenüber der Handelskammer am Adolphsplatz haben die Bauarbeiten für den Handelskammer-Innovations-Campus begonnen. Zwischen den Gebäuden der Hamburger Sparkasse und der Deutschen Bank entsteht ein sechsstöckiges Gebäude, das als Bildungs- und Konferenzzentrum von der Handelskammer, der HSBA Hamburg School of Business Administration genutzt werden soll. Auf einer Geschossfläche von 3000 Quadratmetern finden sich Seminarräume, ein großer Saal mit Empore, Büros, ein Café und eine Dachterrasse. Die Fertigstellung des 13,6 Millionen Euro teuren Bauwerks ist für Anfang 2013 geplant. Da sich das Gebäude über dem Ende des Tunnels der U 3 Richtung Rödingsmarkt befinden wird, ist es ein "Bau im Luftraum", der sich nur auf drei Aufsetzpunkte stützt.
Im Oktober wird eine ohnehin vorgesehene Wochenend-Betriebsunterbrechung der U 3 genutzt, um eine solide Stahlkonstruktion als Schutzgerüst über dem betroffenen Tunnel-/Gleis-Abschnitt zu errichten. Für eine schönere Stadt müssen ihre Bewohner eben neben Stau und Lärm auch ab und zu ein paar Umwege in Kauf nehmen.