Der neue Opern-Boulevard soll der Dammtorstraße Glanz und Charme verleihen
Neustadt. Für die jährlich 400 000 Besucher der Staatsoper beginnt nach Jahrzehnten eine neue Ära. Alle baulichen Sünden werden im Sommer 2012 verschwunden sein. Stattdessen ist künftig großes Theater möglich, bevor der Vorhang auf der Bühne sich hebt: Autos können direkt vor der Oper halten, die Fahrgäste sind nach wenigen Schritten im Foyer. Das macht prächtig inszenierbare Auftritte nach der Devise "Sehen und gesehen werden" möglich. Und man muss auch nicht mehr fürchten, bei Wind und Wetter über absatzgefährdendes Pflaster zu stolpern.
Größtes Ärger- und Hindernis war bislang die kniehohe Metallmauer in der Mitte der Fahrbahn. "Ein fürchterlicher Zustand", urteilt Sebastian Binger, Sprecher des Business Improvement Districts (BID), in dem sich Geschäftsleute aus der Nachbarschaft der Staatsoper zusammengetan haben. Jährlich kommen mehr als 130 000 Opernbesucher mit Auto oder Taxi. Für Oberbaudirektor Jörn Walter ist deswegen das absehbare Ende des "gemeingefährlichen Zustands" im Eingangsbereich ein "großer Gewinn".
Detlev Meierjohann, geschäftsführender Direktor der Staatsoper, ist "dankbar", dass das Leiden nach "40 bis 50 Jahren endlich ein Ende hat". Meierjohann begrüßt besonders den neuen Vorplatz, den extrabreiten Boulevard gegenüber und die Fußgängerampel. "Rund um die Staatsoper wird ein neuer Treffpunkt entstehen, der sowohl vor den Vorstellungen als auch danach belebt sein wird", sagt er. Er meint die vier Restaurants in direkter Nachbarschaft. Im Metropolis-Haus wird das Schnellrestaurant Jim Block einziehen. Von den 150 Plätzen wird sich gut ein Drittel unter freiem Himmel befinden. Steakhaus-König Eugen Block setzt auf eine einsehbare "Show-Küche" und Salate.
Das Restaurant im Opern-Plazahaus soll anspruchsvolle Küche, aber keine Sternegastronomie bieten. "Es wird auch bis in den späten Abend geöffnet sein", kündigt Frank Holst vom Bauherrn Aug. Prien an. Weiterhin geplant: ein Imbiss und ein Coffeeshop.
Die Fußgängerampel, die die Stadt Hamburg jahrzehntelang nicht bauen wollte, wird privat finanziert. Die Geschäftsleute zahlen 70 000 Euro dafür. Der BID legt auch besonderen Wert auf das helle Pflaster. "Sandfarben und selbstreinigend ist es", sagt Binger. Nur Kaugummi müsse immer entfernt werden. "Ansonsten würde der Assano-Beton-Stein sich "sauber regnen".
Für das Opernquartier hat sich auch der Chef des Bezirks Mitte, Markus Schreiber, eingesetzt. "Ich freue mich, dass der Einsatz jetzt so bemerkenswert Früchte trägt", sagt er.
Das Quartier zeigt klar die Handschrift von Jörn Walter, der über den neuen Boulevard ins Schwärmen gerät: "Das ist ein großer Gewinn für ganz Hamburg und längst überfällig." Besonderen Wert legte Walter auf die Rotklinker an den Bauten, die der Staatsoper zur Seite stehen. Nur so könne das Opernhaus "wie ein kleiner Edelstein" leuchten. Das Metropolishaus besitzt ebenso eine rote Backsteinfassade wie das alte Oberschulamt links neben der Oper, das von Fritz Schumacher stammt. Wichtig für Walter ist es, dass der flache und etwas herausstehende Bau der Oper mit der Fassade aus Travertin, einem porösen Kalkstein, und den goldfarbenen Säulen jetzt deutlich zur Geltung kommt.
Damit wird ein neues Kapitel in der Historie dieses Theaterstandorts begonnen. Für den Nachfolger des 1943 zerbombten Opernhauses hatte man eine schnörkellose, schlichte Fassade entworfen, das Haus wurde am 15. Oktober 1955 mit Mozarts "Zauberflöte" eröffnet. Der Verzicht auf einen prunkvoll dekorativen Eingang alter Schule erinnert nicht zuletzt auch an die Tradition der Bürgeroper am Gänsemarkt. Dort hatte die Hansestadt Hamburg ab dem späten 17. Jahrhundert Kunstsinn und demokratische Gesinnung selbstbewusst zur Schau gestellt.