Das Statistikamt verschickt Tausende unnötige Mahnungen. Die Servicetelefone sind gestört. Viele Bürger sind besorgt um ihre Daten.
Hamburg. Doppelte Anschreiben, unnötige Mahnungen, ausgefallene Servicetelefone und nicht eindeutige Online-Registrierungen: Beim Zensus 2011 mehren sich die Probleme. Nach einem verhältnismäßig reibungslosen Start der noch andauernden Volkszählung beschweren sich immer mehr Hamburger über das Verfahren.
Seit Tagen erreichen etwa sogenannte Erinnerungsschreiben ungerechtfertigt Gebäude- und Wohnungseigentümer, die ihre Daten bereits übermittelt hatten. Das Statistikamt Nord selbst meldete zuvor, dass schon 158 000 von 288 000 angeschriebene Hamburger Immobilienbesitzer ihrer Auskunftspflicht gegenüber dem Zensus nachgekommen waren. Dennoch verschickten die Erhebungsstellen 350 000 Mahnschreiben in Hamburg und Schleswig-Holstein. "Der Fehler lag im System", sagt Annette Olbrisch, Referatsleiterin der Hamburger Zensusstelle. Das Problem: Viele Immobilienbesitzer hätten mehrere Fragebögen in einem Antwortumschlag an die Erhebungsstelle geschickt. "Dabei wurde aber offenbar nur ein Fragebogen als Eingang erfasst", sagt Olbrisch. Für die nicht registrierten Fragebögen folgten Mahnschreiben, obwohl sie bereits ausgefüllt im Amt lagen. Wie viele unnötige Erinnerungen verschickt wurden, lasse sich laut Olbrisch nicht beziffern.
Offenbar gab es zudem Schwierigkeiten mit den Online-Fragebögen für Immobilienbesitzer. Beispielsweise hatte der Hamburger Herbert Lühmann laut ausgedrucktem Internetprotokoll seine Daten bereits am 23. Mai um 14.52 Uhr erfolgreich übermittelt. Jetzt erhielt er trotzdem die Aufforderung, seine Angaben baldmöglichst zu machen. "Ich halte diese Arbeitsweise für absolut unglaublich", sagt er und mache sich ernsthaft Sorgen um seine Daten, "wenn das Statistikamt nicht mal in der Lage ist, die internen Vorgänge vernünftig zu koordinieren."
Diese Sorge treibe seit der vergangenen Woche viele Hamburger um, bestätigt Datenschützer Johannes Caspar. "Bei uns haben sich vor allem diejenigen gemeldet, die mehrere Fragebögen in einen Umschlag gesteckt haben und nun Mahnschreiben bekommen. Das war schon eine Menge, und hier muss man sagen, dass das nicht gut gelaufen ist." Für die Betroffenen sei es wichtig zu wissen, dass ihre Daten nicht verloren gegangen sind. Dies sei laut Annette Olbrisch auch nicht der Fall. Bereits am Montag sagte sie, dass sich das Amt für die unnötig verschickten Mahnschreiben bei den Betroffenen entschuldige. Die eingegangenen, bislang nicht registrierten Fragebögen seien gesichert und würden nun erfasst werden.
Warum aber im Internet ausgefüllte Fragebögen noch nicht vom Statistikamt als erledigt abgehakt wurden, sei bislang ungeklärt, sagt Annette Olbrisch. "Da befinden wir uns in der Recherche." Es gebe zwei Möglichkeiten: Entweder, die Betreffenden hätten nicht den finalen Bestätigungsknopf zum Übermitteln der Daten gedrückt. "Da steht die Frage im Raum, ob wir es nicht deutlich genug gemacht haben." Oder auch hier liege ein Verfahrensfehler bei der Registrierung vor. Zu allem Überfluss sei laut Statistikern auch noch höhere Gewalt dazugekommen. Denn wegen der unwetterartigen Regenflut vom 6. Juni seien - wie in vielen Hamburger Behörden - die Telefonleitungen beschädigt worden. Nicht funktionierende Servicenummern, abrupt endende Gespräche und ausgefallene Warteschleifen zogen über mehrere Tage den Unmut ohnehin irritierter Zensus-Teilnehmer nach sich. Und zwar ausgerechnet in der Woche, in der sich viele Bürger über ungerechtfertigt erhaltene Mahnschreiben beschweren wollten. "Das Problem ist leider nicht vollends behoben", sagt Annette Olbrisch. Der Dienstleister Dataport bemühe sich um Besserung.
Von vielen Immobilienbesitzern wurde indes bemängelt, doppelte Anschreiben erhalten zu haben. "Ich kann verstehen, dass sich einige Leute von uns drangsaliert fühlen", sagt Annette Olbrisch. "Aber bei diesem komplexen Verfahren muss unterschieden werden zwischen Vorbefragungsbogen im Januar und Wohnungs- und Gebäudezählungsbogen im Mai." Deshalb sei es möglich, mehrmals Post vom Statistikamt bekommen zu haben.
Für Datenschützer Johannes Caspar kommen die Beschwerden nicht überraschend. "Zwar verlief der Großteil der Befragungen bisher reibungslos. Aber bei einem solchen Massenverfahren ist immer damit zu rechnen, dass etwas schiefläuft." Datenlecks habe es seines Wissens trotz der Fülle an Angaben noch nicht gegeben. In Hamburg werden nicht nur 288 000 Immobilienbesitzer befragt, sondern auch 90 000 Haustürinterviews geführt.