Der Hamburger Theologe Paul Schulz (73) protestiert gegen den Vorentscheid der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands.
Hamburg. Der Hamburger „Ketzerpastor“ Paul Schulz (73) hat nach Ansicht der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) keinen Anspruch auf Wiederaufnahme des Lehrzuchtverfahrens, das 1979 zu seiner Amtsenthebung führte. Sein entsprechender Antrag vom April 2010 sei unter anderem deswegen unzulässig, weil er nicht mehr Mitglied einer Kirche sei, heißt es in einem jetzt veröffentlichten vorläufigen Beschluss des Spruchkollegiums der VELKD. Schulz protestierte gegen diesen Vorentscheid mit einem „Offenen Brief“ an den Bückeburger Landesbischof Karl-Heinrich Manzke als Vorsitzendem des Spruchkollegiums.
Schulz wirft der Kirche einen „Diskriminierungsprozess“ vor, der ihn auf Lebenszeit stigmatisiere. Seine theologischen Argumente, die er bereits in den 1970er-Jahren an der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi vorgetragen habe, seien inzwischen „in der Kirche Allgemeingut“ geworden. Sie dürften heute „kein Glaubensverbot mehr darstellen“, heißt es in seiner Stellungnahme. Schulz hatte bereits vor 40 Jahren „ein historisch-wissenschaftlich orientiertes Christentum“ propagiert und verkündet, dass es Gott so, wie ihn die Bibel und die Amtskirche verkünden, nicht gibt.
Nach Ansicht des VELKD-Spruchkollegiums hat Schulz indes „keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht, die geeignet wären, eine andere Entscheidung zu begründen“. Die bloße Behauptung des Antragstellers, die Meinungslage innerhalb der evangelisch-lutherischen Kirche habe sich geändert, stelle keine solche Tatsache dar.
Viele Pastoren würden heute erheblich von der amtskirchlichen Meinung und den Bekenntnisschriften abweichen, sagte Schulz. Es sei „schlicht eine Frage der Gerechtigkeit“, seinen Fall neu aufzurollen. „Eine offene kirchliche Diskussion aller strittigen Punkte würde den totalen Dissens in der Kirche dokumentieren“, sagt Schulz. Davor habe die Amtskirche Angst. Doch diese Angst werde allein an ihm ausgelassen. Er sei der einzige Pastor, an dem die evangelische Kirche ein Ketzer-Urteil gefällt und vollstreckt habe.
Schulz verlangt eine „geistliche Generalsynode“ zu den grundsätzlichen Fragen der Theologie, speziell zur Gottesfrage und allen Ableitungen davon. Die alten Rituale in der Kirche müssten „neu zum Ausdruck“ gebracht und ersetzt werden, um nicht auch noch „mit dem letzten Rest des Kirchenvolks die Verbundenheit zu verlieren“. In eine Kirche, die ihre „Obrigkeitsform aufgebe“ und ihre „verschlossenen geistigen Türen“ wieder öffne, würde er auch sofort wieder eintreten.