SPD-Senat und Gewerkschaften ringen mit alten Sparmaßnahmen. Scholz: “Wir werden die Entscheidung von Schwarz-Grün überprüfen.“
Hamburg. Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit. Wie es sich für einen aufrechten Sozialdemokraten gehört, wird sich Olaf Scholz an diesem Tag an der Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Hamburg beteiligen. "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" oder "Gute Arbeit, die eine Familie ernährt" lauten dann die Forderungen, für die auch Hamburgs SPD-Bürgermeister gern auf die Straße geht.
Am 5. Mai wird er es dann erneut mit den Gewerkschaften zu tun haben - dann aber vermutlich in gegenüberliegenden Schützengräben. Für diesen Tag rufen der DGB und der Beamtenbund (dbb) vorsorglich zu einer "Großdemonstration" auf - weil sie erwarten, dass der Senat zwischendurch, am 3. Mai, nicht alles beschließen wird, was sie fordern: die vollständige Rücknahme der Kürzung des Weihnachtsgelds für Beamte und die Übernahme des Tarifabschlusses für den öffentlichen Dienst der Länder auf Hamburg.
An jenem 3. Mai will die SPD-geführte Regierung ihren Entwurf des Doppelhaushalts 2011/2012 beschließen. Und obwohl erst dann Klarheit herrscht, deutete sich bereits an, dass der Senat den Beamten einen Kompromiss anbieten wird. Nach Abendblatt-Informationen wird es zwar zu weiteren Kürzungen beim Weihnachtsgeld kommen, sie werden aber nicht so drastisch ausfallen, wie es der schwarz-grüne Vorgängersenat vorhatte. Und die Vereinbarung soll für mehrere Jahre gelten, was zur Ansage des Senats passt, demnächst eine Finanzplanung bis zum Jahr 2020 vorzulegen.
Nachdem die "Sonderzahlung" zum Jahresende seit einigen Jahren ohnehin nur noch bei maximal 66 Prozent eines Dezembergehalts lag, wollten CDU und GAL den oberen Besoldungsgruppen (ab A13) gar kein Weihnachtsgeld mehr zahlen und es für die unteren auf maximal 840 Euro begrenzen. So sollten pro Jahr 100 Millionen Euro gespart werden. Die SPD hatte das stets kritisiert. "Viele Beamte haben das Gefühl, dass sie mit ihrem Weihnachtsgeld die Elbphilharmonie bezahlen", hatte Scholz kurz nach seinem Amtsantritt dem Abendblatt gesagt und angekündigt: "Wir werden die Entscheidung von Schwarz-Grün überprüfen." Und er werde "mit den Beamten sprechen und nichts dekretieren".
Dass diese Gespräche nun laufen, wird in Gewerkschaftskreisen durchaus honoriert. Vor dem zweiten Treffen heute Nachmittag im Personalamt ist die Stimmung dennoch angespannt. Denn eine nur teilweise Rücknahme der Kürzungen reicht den Arbeitnehmervertretern nicht. "Die Kompromisse sind alle gemacht", sagt DGB-Chef Uwe Grund mit Blick auf den Tarifabschluss für die Länderbeamten: 1,5 Prozent mehr in 2011 und 1,9 Prozent in 2012 - dieser moderate Abschluss sei doch ein Geschenk für die öffentlichen Arbeitgeber. Dass Hamburg dennoch zu den wenigen Bundesländern gehört, die den Tarif noch nicht übernommen haben, bringt die Gewerkschafter auf die Palme. "Die Leute haben die Schnauze voll von Reallohnverlusten", sagt einer. Ein anderer berichtet von Tumulten auf Personalversammlungen und schließt selbst Streiks von Beamten nicht mehr aus. Hintergrund: Setzt Hamburg alle Sparmaßnahmen um, fällt die Stadt im Ländervergleich bei der Beamtenbesoldung vom dritten auf einen der letzten Plätze zurück - neue und gute Mitarbeiter zu gewinnen, dürfte schwerer werden.
Dieses "Osterei" hat ebenfalls Schwarz-Grün dem neuen Senat ins Nest gelegt. Denn CDU und GAL hatten 2010 nicht nur die Kürzung des Weihnachtsgeldes vereinbart, sondern auch eine Deckelung der Beamtenbesoldung. 2011 sollte es nur eine Einmalzahlung von einem Prozent des Gehalts geben, und 2012 sollten die Einkommen um ein Prozent steigen. Das liegt deutlich unter dem später ausgehandelten Tarifabschluss und hätte weitere etwa 80 Millionen Euro pro Jahr gespart.
Was sowohl Gewerkschaften als auch Senat besonders ärgert: CDU und GAL hatten diese 180 Millionen Euro bereits als Sparmaßnahmen in ihren Haushaltsentwurf eingearbeitet, die Pläne aber wegen der Neuwahl nicht mehr ins Beamtenbesoldungsgesetz übernommen - jetzt kann die SPD, die den Haushalt komplett überarbeitet, sich damit herumschlagen.
Wie wenig unterhaltsam das ist, verdeutlicht Beamtenbund-Chef Rudolf Klüver: Wenn der Senat schon sparen wolle, müsse er auch die Senatorengehälter überdenken. Dass diese 123 Prozent der Besoldungsstufe B11 betragen, sei "dreist" angesichts der Opfer, die einfache Mitarbeiter bringen sollen. Klüver: "Der Senat muss ein Zeichen setzen."