Vor 350 Jahren wurde die evangelische Hauptkirche St. Michaelis geweiht, vor 200 Jahren der “katholische Bruder“ St. Ansgar. Im März wird gefeiert.

Hamburg. In Hamburg werden im März gleich zwei Kirchenjubiläen gefeiert. Vor 350 Jahren wurde die evangelische Hauptkirche St. Michaelis, der „Große Michel“, geweiht. Gefeiert wird mit einem Festgottesdienst am Sonntag (13. März, 10 Uhr) mit Michaelis-Chor und Musikern der Philharmonie. Etwa 200 Meter entfernt steht der „Kleine Michel“: In St. Ansgar wurde vor 200 Jahren Hamburgs erster öffentlicher katholischer Gottesdienst nach der Reformation gefeiert. Hier steht eine Festwoche vom 17. bis 27. März auf dem Programm.

Beide Kirchen haben einen gemeinsamen Ursprung: Im Jahre 1605 wurde in der Neustadt, die damals noch außerhalb der Stadtmauern lag, eine Kapelle für den Pestfriedhof gebaut und nach dem Erzengel Michael benannt. Doch nachdem die Neustadt in die schützenden Wallanlagen einbezogen wurde, wuchs die Gemeinde, so dass die St. Michaelis-Kapelle zu klein wurde.

Rat und Bürgerschaft beschlossen daher einen Neubau in der Nachbarschaft. Nach zwölf Jahren Bauzeit konnte die große St. Michaelis-Kirche am 14. März 1661 geweiht werden. Nach der ersten Predigt erklang „Nun lob mein Seel den Herre“ von Hauptkirchen-Kantor Thomas Selle. Dieses Werk wird auch jetzt im Jubiläumsgottesdienst zu hören sein.

Nach dem Bau des „Großen Michel“ verfiel der „Kleine Michel“ zusehends und wurde abgerissen. Als jedoch am 10. März 1750 die große St. Michaelis-Kirche nach einem Blitzschlag niederbrannte, suchte die Gemeinde Ersatz. So wurde der „Kleine Michel“ wieder aufgebaut und diente fünf Jahre lang als Notkirche. 1786 war der evangelische „Große Michel“ in seiner heutigen Form fertiggestellt.

Zwanzig Jahre später (1806) wurde Hamburg von dem französischen Kaiser Napoleon erobert. Seine Truppen begannen, im „Kleinen Michel“ katholische Gottesdienste zu feiern. Anfang 1811 wurde Hamburg als Departement „Bouches de l'Elbe“ Teil Frankreichs. Wirtschaftlich war die Besetzung ein Desaster, andererseits brachte Napoleon die Religionsfreiheit nach Hamburg.

Am 3. Februar 1811 wurde der „Kleine Michel“ zur katholischen Kirche geweiht und nach dem französischen Apostel Ansgar (801-865) benannt, Hamburgs erstem Erzbischof. Für die rund 6.000 Katholiken der Stadt bedeutete dies, dass sie ihre Gottesdienste nicht mehr in Privathäusern oder im benachbarten Altona feiern mussten, das damals zu Dänemark gehörte.

Die erste öffentliche Messe konnten die Katholiken am 24. März 1811 feiern. Gewänder, Leuchter und Monstranz stammten aus dem Kölner Dom und können während der Festwochen in St. Ansgar besichtigt werden. Als die Franzosen 1814 wieder abzogen, blieb die Religionsfreiheit erhalten. Zehn Jahre später kaufte der Senat den Protestanten die Kirche ab und überließ sie den Katholiken zu einem günstigen Preis.

Am 17. März 1811 wurde der letzte evangelische Gottesdienst im „Kleinen Michel“ gefeiert. Pastor Tonnies predigte für damalige Verhältnisse ungewohnt versöhnlich: „Euch Allen, die Ihr eine stille Thräne, bey dieser Trennung, mit mir weint – Euch Allen sey es denn eine große Beruhigung, dass dies Haus ein Gotteshaus bleiben wird.“

Die gute Nachbarschaft pflegen beide Kirchen bis heute. So wird der evangelische Hauptpastor Alexander Röder am 20. März (11.30 Uhr) im Festgottesdienst gemeinsam mit dem katholischen Pater Martin Löwenstein in St. Ansgar eine Dialogpredigt halten. Das, so Röder, sei ein schönes Zeichen, „wie weit die Tür der Ökumene geöffnet ist“.