Der Hamburger Staranwalt Johann Schwenn verteidigt häufiger prominente Beschuldigte. Schwenn gilt als Spezialist für Sexualstraftaten.

Hamburg. Es gibt nur wenige Strafverteidiger in Hamburg, die so geschätzt und so gefürchtet sind wie Johann Schwenn, der neue Anwalt von Jörg Kachelmann. Kaum ein anderer beherrscht die Kunst der Provokation so meisterhaft wie er. Schwenns Waffe im Gerichtssaal ist das gesprochene Wort. Wie ein Skalpell setzt der 63-Jährige seine rhetorische Überlegenheit ein, filetiert mit schneidender Stimme Zeugenaussagen und nutzt die Schwächen der Gegner als Steilvorlage für seinen mitunter ätzenden Spott.

Nach außen hin gibt sich der Anwalt hanseatisch-kühl. Er trägt stets Maßanzüge und schneeweiße Krawatten. Seine Kanzlei liegt an der Großen Elbstraße, direkt gegenüber der Fischauktionshalle, im fünften Stock. Der Ausblick ist fantastisch.

Schwenn kann sich eine solche Adresse leisten. Zu seinen Mandanten gehörten schon der dopingverdächtige Radprofi Jan Ullrich, DDR-Chefspion Markus Wolf, "Zeit"-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff, der entführte Millionenerbe Jan Philipp Reemtsma, die Ex-Freundin von Bülent Ciftlik und Peter Graf, der Vater von Steffi Graf. Er vertritt mutmaßliche Vergewaltiger, Steuerhinterzieher, Betrüger.

"Da, wo Schwenn gerade steht, ist das Recht", schrieb "Die Zeit". "Er ficht nicht für eine Ideologie. Seine Freude an der Weltverbesserung bleibt deutlich zurück hinter seiner Lust am Duell, am Hauen und Stechen, am Kräftemessen, am Sport, am Sieg." Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb vertritt er auch immer wieder Mandanten, ohne ein Honorar zu verlangen; junge Leute, Mittellose, Menschen, die sich keinen Staranwalt leisten können.

Schwenn ist in Othmarschen aufgewachsen, als Sohn eines Jura-Professors und einer Amtsgerichtsdirektorin. Während seines Jurastudiums arbeitete er in den Semesterferien als Pfleger in der Psychatrie des Krankenhauses in Ochsenzoll, sein Referendariat machte er im Strafvollzug. Er habe "einen schwarzen Humor, den man ertragen muss", sagt sein Kollege Gerhard Strate.

Schwenn gilt als Spezialist für Sexualstraftaten. Ihm war es gelungen, gemeinsam mit Sabine Rückert, der Gerichtsreporterin der "Zeit“, einen schweren Justizirrtum aufzuklären – eine fälschliche Bezichtigung der Vergewaltigung. Doch auch Schwenn bekommt vor Gericht nicht immer Recht: Vor elf Monaten wurde der Tostedter Hausarzt Dieter M. wegen sexuellen Missbrauchs zweier Patientinnen zu sieben Monaten Gefängnis auf Bewährung und der Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt. Johann Schwenn hatte auf "nicht schuldig" plädiert.

Auch dem ehemaligen VW-Betriebsratschef Klaus Volkert konnte Schwenn nicht helfen. Der Bundesgerichtshof wies seinen Revisionsantrag zurück, Volkert musste ins Gefängnis. Eine Niederlage, sagte Schwenn. Im Fall Kachelmann wird er sich diese nicht leisten wollen.