Suchtexperte fordert totales Alkoholverbot für Jugendliche. Die Polizei hatte eine betrunkene Zwölfjährige am S-Bahnhof Rübenkampf aufgegriffen.

Eppendorf. Rainer Thomasius, Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), fordert ein totales Alkoholverbot für Jugendliche unter 18 Jahren. Anlass ist der Fall eines zwölf Jahre alten Mädchens , das die Polizei am Sonnabend betrunken am S-Bahnhof Rübenkampf aufgegriffen hatte. Es ist bereits der zweite Fall innerhalb von vier Tagen. Erst am vergangenen Mittwoch hatte ein Passant in Billstedt einen 13 Jahre alten Jungen betrunken auf der Straße liegend entdeckt. Zwei Kinder, die genau das bestätigen, was die Statistiker errechnet haben. Die Zahl der Jugendlichen, die sich ins Koma saufen, nimmt weiter zu.

2008 landeten 25.700 Kinder und Jugendliche mit Alkoholvergiftung in Krankenhäusern. Davon 4500 im Alter von zehn bis 15 Jahren. Allein in Hamburg waren es 355 Fälle innerhalb eines Jahres. "Und für 2009 deutet sich an, dass diese Zahl signifikant steigen wird", sagt Thomasius. Der Fall der Zwölfjährigen sei typisch für diese Entwicklung. "Heutzutage haben 50 Prozent der Zwölfjährigen bereits einmal in ihrem Leben Alkohol getrunken", so Thomasius. Laut einer Studie der Krankenkasse DAK trinkt sogar jeder zehnte Zwölfjährige wöchentlich Alkohol.

30 Prozent der 15- bis 16-Jährigen trinken sich laut Thomasius einmal in der Woche einen Rausch an, 60 Prozent einmal im Monat. Dann trinken sie mindestens fünf Gläser Alkohol hintereinander, bis zum Totalausfall. "Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf Platz zwei hinter Irland", so der Suchtexperte. Doch während in anderen Städten längst gehandelt worden sei, verhandle Hamburg noch mit den Kassen. Konkret geht es um das Projekt "HaLT", das es bereits an 100 Standorten in Deutschland gibt. Dabei geht es um psychosoziale Maßnahmen unmittelbar am Krankenbett. Studien hätten ergeben, dass danach der Alkoholgebrauch bei den Patienten deutlich zurückgehe.