Die Stadt hat für 260.000 Euro den Hamburger Solar-Atlas an Versorger verkauft. Schleswig-Holstein hat ein solches Geschäft verhindert.

Hamburg. Der Protest gegen den umstrittenen Internetdienst Google Street View reißt nicht ab. Ob Justizsenator Till Steffen (GAL) oder HSV-Idol Uwe Seeler - viele Hamburger wollen nicht, dass im Internet Bilder ihrer Häuser veröffenlicht werden. Doch schon jetzt finden sich im Netz detaillierte Satellitenbilder von Hamburg - zum Beispiel auf der Internetseite des Telefonbuchs und dort sogar verknüpft mit Name, Adresse und Telefonnummer. Und auch die Stadt selbst handelt mit den Geodaten. In Kiel wurde ein vergleichbarer Deal vom Datenschützer Schleswig-Holsteins verhindert.

Für 260.000 Euro hat der Hamburger Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung ein dreidimensionales Modell der Stadt erstellt und die Daten an Hamburg Energie Solar verkauft, eine Tochterfirma des städtischen Energieversorgers Hamburg Energie. Das Unternehmen hat damit einen sogenannten Solar-Atlas erstellt und im Internet veröffentlicht. Gibt man dort seine Adresse ein, erscheint ein Luftbild des eigenen Wohnhauses, verknüpft mit Informationen, wie groß die Dachfläche ist und ob und wie viel Strom dort mit Solarzellen gewonnen werden könnte. Man kann auch einfach virtuell über die Stadt fliegen und nach geeigneten Dächern Ausschau halten, kostenlos. Für Banken, Hersteller von Photovoltaikanlagen oder Handwerker bedeutet das, dass sie gezielt potenzielle Kunden kontaktieren können.

Volker Malle, Geschäftsführer von Hamburg Energie Solar, ist das nur recht. "Wir wollen einfach mehr Photovoltaik auf Hamburgs Dächer bringen, damit die CO2-Produktion in Hamburg verringern und mithelfen, die Klimaziele der Stadt zu erreichen", sagt er. Wenn nun eine Firma oder auch der Nachbar jemanden gezielt auf das Potenzial seines Dachs anspreche, sei das durchaus im Sinne von Hamburg Energie Solar: "Der Solar-Atlas ist ein Informationstool."

In Kiel hat Schleswig-Holsteins Datenschützer Thilo Weichert einen solchen Solar-Atlas verhindert. "Es ist klar, dass ein öffentliches Interesse an einem Solar-Kataster besteht, aber trotzdem müssen die Anforderungen des Datenschutzs beachtet werden", sagt Weichert. Dazu gehörten drei wichtige Punkte: "Vor der Veröffentlichung der Daten müssen die Bürger informiert werden, es muss die Möglichkeit des Widerspruchs geben und die Pixelgröße darf nicht kleiner als 40 Zentimeter sein", so Weichert.

Beim Hamburger Solar-Atlas bildet jeweils ein Pixel einen Ausschnitt der Erdoberfläche von 40 mal 40 Zentimetern ab. Zum Vergleich: Bei Google Street View beträgt die Pixelgröße nur zwei bis vier Zentimeter.

Hamburgs Datenschützer Johannes Caspar sieht den Solar-Atlas deshalb auch gelassen: "Die Daten dienen einem konkreten gewichtigen öffentlichen Zweck, und ihre Übermittlung ist auf das erforderlich Maß beschränkt. Das kann man nicht vergleichen mit den Straßenpanoramen von Google Street View. Hier ist die Intensität des möglichen Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der von der Abbildung Betroffenen weitaus schwerwiegender. Hochauflösende, zoombare Frontalansichten von Menschen, Häusern, Grundstücken und Fahrzeugen weisen ein wesentlich stärkeres Gefährdungspotenzial auf, als die Luftbilder von den Dächern des Solar-Katasters Hamburg.“

In naher Zukunft will Caspar die Geodaten der Stadt dennoch genauer unter die Lupe nehmen. "Wir nehmen die unterschiedlichen Arten von Geodaten der öffentlichen und privater Stellen auch unter Datenschutzgesichtspunkten ernst, denn es handelt sich hier häufig auch um personenbezogene Daten. Deshalb werden wir uns auch um die georeferenzierten städtischen Datenangebote in Zukunft verstärkt kümmern", so Caspar.

Für den Solar-Atlas wurde Hamburg aus einem Helikopter heraus fotografiert und per Laserstrahl vermessen. Luftaufnahmen unterliegen keiner Genehmigungspflicht. Selbst Bäume sind in der Karte erfasst. So kann ausgerechnet werden, wie viel Schatten auf ein Hausdach fällt.

Die Bilder auf der Internetseite des Telefonbuchs stammen von Microsoft. Ein Klick zeigt die Adresse als Kartenansicht, aus der Vogelperspektive wie bei Google Maps oder aus der Schräglage - aus jeder Himmelsrichtung. Auch Details wie Balkone, Türen und Fenster sind zu erkennen. Die Microsoft-Fotos haben eine Pixelgröße von etwa 20 Zentimetern.