Die Uno zeichnet das Integrationsprojekt “Family Literacy“ für Sprachförderung von Migranten aus. Vorbild für andere Bundesländer.
Hamburg. Das Hamburger Integrationsprojekt "Family Literacy" ist weltweit vorbildlich. Die Unesco verleiht ihm deshalb den König-Sejong-Alphabetisierungspreis. Die Organisation der Vereinten Nationen (Uno) für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation zeichnet mit dem renommierten Preis erstmals ein deutsches Programm für außergewöhnliche und innovative Projekte zur Alphabetisierung und Bildung aus. Bislang wurde die Auszeichnung überwiegend in Länder der Dritten Welt vergeben.
Anfang September werden Vertreter des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Paris die mit 20.000 US-Dollar dotierte Unesco-Auszeichnung für ihre erfolgreiche Arbeit entgegennehmen. "Die Freude ist riesengroß", sagte die Projektleiterin Gabriele Rabkin dem Abendblatt. "Ich habe so viele Kolleginnen, die sich in das Projekt eingearbeitet haben. Ihnen allen möchte ich danken."
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Das Hamburger Projekt, kurz "Fly" genannt, fördert seit 2004 die Schreib- und Lesekompetenzen von Kindern und Eltern mit Migrationshintergrund. Als Pilotvorhaben gestartet ist "Fly" längst ein anerkanntes Projekt, das zurzeit in 33 Schulen und Kindertagesstätten in Stadtteilen mit sozialen Brennpunkten wie Allermöhe, Altona, Wilhelmsburg oder Jenfeld angeboten wird. "Family Literacy" soll ausgeweitet werden und schon im kommenden Jahr ein fester Bestandteil in mehr als 50 Hamburger Bildungseinrichtungen sein. "Hamburg leistet bundesweit Pionierarbeit", sagte Rabkin. Andere Bundesländer wie Berlin, Nordrhein-Westfalen oder das Saarland ziehen nach.
Bei "Family Literacy", was so viel bedeutet wie "Lese- und Schreibfähigkeit in der Familie", lernen Kinder gemeinsam mit ihren Eltern die deutsche Schriftsprache. Die Eltern sollen so fit gemacht werden, ihre Kinder beim Lesen- und Schreibenlernen zu unterstützen und sie so besser auf die Schule vorzubereiten. "Eltern sind die ersten und wichtigsten Lehrer ihrer Kinder", sagte Gabriele Rabkin. Das Ziel sei es, Schulabbrüche zu verhindern und die Zusammenarbeit zwischen Familie und Schule zu stärken.
Die Hamburger Erziehungswissenschaftlerin Maren Elfert lobt das Projekt: "Wenn Kinder zu Hause wenig Anregung zum Lesen und Schreiben haben, kommen sie mit Defiziten in die Schule, die kaum aufzuholen sind. Kinder aus sozial benachteiligten Familien haben dann schon verloren." In der Begründung der Deutschen Unesco-Kommission heißt es: "Die Jury hat das Fly-Projekt aufgrund seiner vielen innovativen Elemente ausgezeichnet, die zur Stärkung von Eltern aus Migrantenfamilien und deren Rolle im Lernprozess ihrer Kinder beitragen."
Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) sagte: "Unser Projekt baut Brücken und nutzt die Vielsprachigkeit als Chance und Bereicherung im Schulalltag. Ich freue mich sehr, dass die Unesco diese erfolgreiche Arbeit nun würdigt."
Die Preisträger der Unesco werden von einer internationalen Jury ausgewählt. Der Preis ist benannt nach dem koreanischen König Sejong (1397-1450), der für sein Volk eine eigene Schrift entwickeln ließ.