Der Sieger eines Architekten-Wettbewerbs plant auf St. Pauli eine Konzert- und Markthalle, Moschee und Kino unter einem Dach.
Hamburg. Die Stadt Hamburg plant, die Alte Rindermarkthalle auf St. Pauli zu erhalten und unter dem alten Dach eine Konzerthalle, einen Markt, etliche Gaststätten, eine Moschee, Kino und Einzelhandel errichten zu lassen. Das ergab ein Architekten-Wettbewerb, der Teil einer "Machbarkeitsstudie" ist. Gesucht ist jetzt ein Privat-Investor für das 100-Millionen-Euro-Projekt. Starten kann der allerdings erst in vier Jahren, denn die Stadt will das Projekt wegen zu erwartender Proteste und einer möglichen Besetzung durch Autonome behutsam gemeinsam mit Anwohnern entwickeln. Als Zwischennutzung könnte wieder ein Supermarkt einziehen. "Wir haben gelernt, dass nicht alle auf St. Pauli die Musikhalle wollen. Und die Frage ist jetzt, wollen wir die Halle hier, oder wollen wir sie woanders", sagte Oberbaudirektor Jörn Walter bei der Präsentation der Wettbewerbsergebnisse. Gewinner sind Störmer Murphy Architekten aus Hamburg mit dem Hamburger Kontor Freiraumplanung, Thomas Tradowsky.
Nach ihrer Idee bildet eine Musikhalle mit 4000 Plätzen den neuen Kern der Alten Rindermarkthalle zusammen mit einer Markthalle, die abends leer geräumt dann als Foyer der Musikhalle dienen soll. Die Markthalle soll sich an berühmten Beispielen wie in Paris orientieren. Sonst soll die 100-Millionen-Halle, in der noch bis vor Kurzem der real-Supermarkt war, Multifunktionen bieten: In zwei neu zu errichtenden Flügelbauten könnten Gastronomie, Kultur, Einzelhandel, ein "Kultur"-Kino, eine "Kultur"-Musikschule und Handwerk Platz finden. Weitere Details der Planung: Der Eingang der Musikhalle (tagsüber Markt) wird flankiert von zwei Gastronomiebetrieben, und in der Halle eröffnet eine Moschee, deren Räume auch als "Kultur"-Treffpunkt genutzt werden. Außerdem soll eine Auto-Werkstatt eröffnen.
Das ambitionierte Projekt hat viele Väter und viele Probleme. Diese liegen sowohl in der speziellen Struktur vor Ort als an der bisherigen Planung. Anfang 2009 machte der Bezirk Mitte den ersten Vorstoß mit dem Vorschlag, die Alte Rindermarkthalle abzureißen und dort die St.-Pauli-Music-Hall" zu errichten. Es gab einen Investor, Macher aus der Musikszene wollten mitmachen und so eine Forderung aus dem Koalitionsvertrag von CDU und GAL erfüllen. Da in Hamburg eine mittelgroße Halle mit rund 4000 Plätzen fehlt, will Schwarz-Grün private Pläne fördern, sie zu errichten.
Doch die Vorstellung der Pläne geriet zum Fiasko, als im März Krawallmacher die Veranstaltung sprengten. Ihr Protest richtet sich besonders gegen die Musikhalle; sie befürchten einen noch größeren Druck durch Touristen und Eventgäste auf das Viertel.
Verärgert über den Krawall, zog der Bezirk anschließend seine öffentlichen Planungen nur noch mit handverlesenen Gästen durch. Und entsprechend zurückhaltend war nun die Präsentation. "Im Vordergrund steht nicht die kleine Musikhalle,sondern die Markthalle", sagte Bezirksamtsleiter Markus Schreiber. Die "beherrschbare Musikhalle" mit 3000 bis 4000 Plätzen passe jedoch gut nach St. Pauli. "Wenn man vermitteln kann, dass sie keine merkbare Mehrbelastung in den Stadtteil bringt, kann es etwas werden."
Für Bodo Hafke, Bauamtsleiter im Bezirk Mitte, ist das Wettbewerbsergebnis "eine gute Grundlage für die nun notwendige intensive Diskussion sowohl im Stadtteil, als auch bei den Behörden. Entscheidend ist, ob St. Pauli sich so etwas leisten kann und will."
Nach der Sommerpause will der Bezirk die 100-Millionen-Euro-Idee nochmals öffentlich auf St. Pauli präsentieren. Auf die Frage, ob der Bezirkschef nicht Angst vor Krawallen habe, sagte Markus Schreiber: "Das riskiere ich!" Danach sollen in einem öffentlichen Vergabeverfahren ein oder mehrere Investoren gefunden werden. Bei Erfolg könnte der Bezirk einen Bebauungsplan aufstellen. An diesem ist wieder die Öffentlichkeit (per Gesetz) beteiligt. Im Erfolgsfall wäre der Bezirk 2014 möglicherweise dort, wo bei ähnlichen Projekten wütender Protest zum Bürgerentscheid führt.