Verfassungsschutz will das Treffen in der Moschee auswerten
Am Alsterufer ziehen Jogger ihre Bahnen, ein Eiswagen hat Position bezogen, Hunde werden ausgeführt. Vor dem Tor der Moschee an der Schönen Aussicht diskutieren Männer und junge Frauen, die Kopftücher tragen. Andere lachen und wuchten einen riesigen Kochtopf in einen weißen Kombi. An einem Informationsstand werden Broschüren verkauft. Einige stammen vom Islamischen Weg, einer Organisation mit Sitz in Delmenhorst bei Bremen, der Kritiker nachsagen, als verlängerter Arm der iranischen Revolution in Deutschland zu arbeiten. Auch der niedersächsische Verfassungsschutz hat ein Auge auf den Verein. Verboten allerdings ist er nicht.
Äußerlich wirkt alles friedlich, fast fröhlich. Auch wenn nicht mehrere Hundert, sondern maximal 150 Tagungsteilnehmer angereist sind. Die meisten, so berichten Augenzeugen, stammen nicht aus Hamburg. Auch Vertreter des Konsulats sowie Palästinenser wurden kaum gesichtet.
Etwa zwei Dutzend Mitglieder der deutschsprachigen islamischen Gemeinde der Hansestadt meiden die Veranstaltung und halten sich zeitgleich nicht weit entfernt in einem Kulturzentrum auf. Mehrere von ihnen hatten die Tagung kritisiert und den Vorwurf erhoben, dass unter dem Tarnmäntelchen von Frieden und Eintracht knallharte Politik gemacht wird: für die islamische Weltrevolution, gegen westliche Werte und parlamentarische Demokratie. Internes Spießrutenlaufen, so wird mehrfach berichtet, war die Folge solcher mutiger Worte.
"Durch die öffentliche Auseinandersetzung im Vorfeld der Tagung wurde natürlich alles unternommen, den äußeren Schein einer harmlosen Veranstaltung zu wahren", sagt ein Student aus dem Iran. Es sei alles unternommen worden, keinen Argwohn zu wecken. Vielleicht auch, weil der deutsche Verfassungsschutz angekündigt hatte, hinter die Kulissen blicken zu wollen.
Wie auch immer. "Der Tenor der drei Tage war weinerlich und leidend", berichtet ein Hamburger Kaufmann mit Geburtsland Afghanistan. Nur in kleineren Gruppen und hinter vorgehaltener Hand sei die Kritik anderer Gemeindemitglieder zur Sprache gekommen. Aus Furcht vor Repressalien, speziell für die Familie im Iran oder anderswo, möchte keiner der Kritiker seinen Namen preisgeben. "Viele Oppositionelle sitzen in Haft", heißt es.
Inhaltlich habe sich ein Schwerpunkt der Tagung um die Märtyrer der Schlacht von Kerbela gedreht. Dort ist der Imam Hussein, der Enkel des Propheten Mohammed, mitsamt seiner 72 Mitstreiter ums Leben gekommen. "Aus dieser Verfolgung, diesem Leid und dieser Opferbereitschaft der Schiiten werden Schlüsse für die Gegenwart gezogen", sagt der iranische Student. Als einzige Festung zwischen Marokko und Indonesien sei die Leuchtkraft des Iran bei der Tagung hervorgehoben worden: "Nur das Regime in Teheran sei dem Westen nicht hörig. Parallel wird die westliche Lebensart verteufelt." Oppositionelle Demokraten seien als Anhänger des "Disco- und Partyvolks" diffamiert worden.
Auf dem Papier ist das nicht verboten - zumindest in Hamburg nicht. Die Inhalte der Tagung will der Verfassungsschutz in den kommenden Tagen auswerten. "Auf den ersten Blick auffällig waren die geringe Teilnehmerzahl, die hohe Quote auswärtiger Gäste und eine große Zahl von Teilnehmern, die nicht aus dem Iran kamen", heißt es von Seiten der Sicherheitsbehörde. Man wolle sämtliche Erkenntnisse in Ruhe auswerten.
"Großartige Ergebnisse sind wohl nicht zu erwarten", sagt Dr. Peter Schütt. Als Einheimischer hat der Buchautor keine Furcht und steht namentlich zur aktuellen Kritik.
Von einem Gesprächangebot des Ajatollah habe er nichts gehört: "Ganz im Gegenteil, Herr Dr. Ramezani ist mir während der Freitagsgebete und auch sonnabends in der Moschee regelmäßig begegnet, strafte mich jedoch mit Missachtung."