Die Zahl der Alkoholkontrollen ist um 40 Prozent gesunken, weil Polizisten zu lange auf Richterbeschlüsse für Blutproben warten mussten.

Hamburg. In der Nacht sollen Richter in Hamburg künftig besser erreichbar sein – damit ihnen keine Alkoholsünder entwischen. Der Bereitschaftsdienst ist neu organisiert worden, weil er von der Polizei und Staatsanwaltschaft häufiger in Anspruch genommen wird. Hintergrund ist die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Blutentnahme nach sogenannten Trunkenheitsfahrten. Das gab die Justizbehörde in der Hansestadt bekannt. Für die Blutentnahme ist grundsätzlich ein richterlicher Beschluss nötig. In letzter Zeit war Kritik laut geworden, dass Beamte in Hamburg zu lange auf das Ja eines Richters warten müssen – und die Zahl der Alkoholkontrollen dadurch sinke.

Die Verfassungsrichter hatten entschieden, dass bei Blutprobenentnahmen strenger als bisher auf den sogenannten Richtervorbehalt zu achten ist. Nur ein Richter darf demnach einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte anordnen, wie ihn die Blutentnahme bedeute. Hamburg setzt diese Vorgabe als bisher einziges Bundesland konsequent um - auch, weil sich die Polizeibeamten andernfalls auf juristisch dünnes Eis begeben. Laut der Karlsruher Entscheidung ist schon der Weg zur Wache Teil der Blutprobenentnahme. Deshalb darf die Fahrt nur mit Einverständnis des Verdächtigen angetreten werden - oder wenn ein Richter sie anordnet.

Bis zum November hatten Hamburgs Polizeibeamte selber entschieden, ob sie einen verdächtigen Promillesünder zur Blutentnahme mit auf die Wache nehmen. Als Rechtsgrundlage nahmen sie "Gefahr im Verzug" an. So konnten sie nach eigenem Ermessen handeln. Diese Praxis wollte Karlsruhe unterbinden. Mit der konsequenten Umsetzung des Richterspruchs will Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) politischen Druck ausüben. Ziel ist eine Gesetzesänderung, die es Polizisten erlaubt, selbst Blutproben anzuordnen. Ahlhaus will das Thema auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz im Mai setzen.