Hamburg/Bremen/Hannover. Die Welle von Darminfektionen mit dem gefährlichen Durchfall-Erreger EHEC in Norddeutschland hat inzwischen offenbar drei Todesopfer gefordert. Eine 24 und eine 83 Jahre alte Frau erlagen in Bremen schweren Durchfallerkrankungen, eine 80-Jährige starb in Schleswig-Holstein. Die junge Patientin starb in der Nacht zu Dienstag, sie hatte nach Angaben der Bremer Gesundheitsbehörde an typischen Symptomen einer EHEC-Infektion gelitten. Unterdessen steigt die Zahl der Verdachtsfälle rapide an.

Die 24-jährige Bremerin war am 15. Mai mit blutigem Durchfall ins Krankenhaus eingeliefert worden. Sie sei eine sportlich, schlanke und bislang gesunde Frau gewesen, sagte Werner Wunderle von der Gesundheitsbehörde. Sie habe zuletzt im Koma gelegen. Labordiagnostisch sei der Erreger bei ihr noch nicht nachgewiesen worden.

Eine Sprecherin des Bremer Gesundheitsressorts sagte, die 83-jährige Frau aus dem Landkreis Diepholz sei bereits am Sonnabend der Krankheit erlegen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Hannover wurde die Seniorin am 15. Mai wegen eines blutigen Durchfalls stationär in einem Bremer Krankenhaus aufgenommen. Der EHEC-Erreger sei bei ihr nachgewiesen worden.

Im schleswig-holsteinischen Landkreis Stormarn starb am Sonntag eine 80 Jahre alte Frau. Sie war mit dem Erreger infiziert. Ob die EHEC-Infektion Todesursache war, steht jedoch noch nicht fest. Die Frau starb in einem Krankenhaus, in dem sie wegen einer Operation untergebracht war.

Die Gesamtzahl der EHEC-Erkrankungen und -Verdachtsfälle in Niedersachsen stieg nach Angaben des Sozialministeriums bis Dienstagvormittag auf 97, das waren 30 mehr als am Montag. Zwölf Patienten müssten derzeit wegen des hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) auf Intensivstationen behandelt. HUS kann den Angaben zufolge zu Nierenversagen führen. Im Land Bremen wurden bislang 73 Patienten behandelt, davon sieben auf Intensivstationen.

Im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) wurden nach Angaben einer Sprecherin am Dienstagnachmittag 33 EHEC-Patienten behandelt. Darunter seien zwölf Kinder, von denen sich sieben auf der Intensivstation befänden. Von den 21 Erwachsenen würden neun auf der Intensivstation behandelt. Die genauen Zahlen der Hamburger Asklepios Kliniken waren zunächst nicht bekannt. Zuvor meldete die Gesundheitsbehörde 42 schwere Verläufe mit dem HUS-Syndrom oder mit dem entsprechenden Verdacht. Zudem hätten sich zahlreiche Menschen mit dem Erreger infiziert. Eine genaue Zahl nannte die Gesundheitsbehörde nicht.

Die Zahl von Darminfektionen mit dem EHEC-Erreger stieg auch in Schleswig-Holstein rasant an. Bis Dienstagmorgen waren mehr als 200 Verdachtsfälle gemeldet, wie Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) sagte. Am Montag waren es noch 90 gewesen. Etwa 15 Patienten litten an der schwersten Form der Krankheit.

Derzeit seien bis zu drei Viertel der Verdachtsfälle bereits bestätigt, sagte der Leiter des Instituts für Infektionsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Peter Rautenberg. Im familiären Umfeld sei bislang keine Übertragung des EHEC-Erregers bekannt. Er sprach von einem „dramatischen Anstieg, der die historischen Werte überschritten hat“.

Der Bremer Mediziner Wunderle sagte, von der Krankheit betroffen seien vor allem gesundheitsbewusste Frauen. Die Ursache der Erkrankung sei weiterhin unklar. Vermutet wird der Verzehr von rohem Gemüse, Rohkostprodukten und Salaten. Von gekochtem oder gegartem Gemüse geht den Angaben zufolge keine Gefahr aus. Die Gesundheitsbehörde empfiehlt gründliches Waschen von Obst und Gemüse sowie das Reinigen der Hände und Küchenutensilien.

Laut dem Leiter der UKSH-Mikrobiologie, Werner Solbach, verfügen die aktuell auftretenden EHEC-Erreger über ein neuartiges biochemisches Profil. Sie seien aber mit vorhandenen Antibiotika behandelbar. Dies sei aber nur bei schweren Formen der Erkrankung notwendig.