Persönlichkeitsrechte im Internet und wie sie sich wehren können - all das wurde beim Bürgerforum vor zahlreichen Besuchern geklärt.

Hamburg. Datenlecks bei Facebook, Datenklau bei Sony – für viele User gleicht das Internet einem sperrangelweit geöffneten Scheunentor, in dem private Daten wie eine abstrakte Handelsware zwischen Unternehmen hin- und hergeschoben werden.

Kein Wunder, dass den Zuhörern beim zehnten, vom Abendblatt und dem Hamburgischen Anwaltverein (HAV) veranstalteten Bürgerforum die Fragen nur so unter den Nägeln brannten. Unter dem Titel „Facebook & Co. – Rechte, Risiken, Richtig handeln“ referierten die Rechtsanwälte Thomas Brehm und Tobias Bier sehr praxisnah und verständlich darüber, wie Internet-Nutzer ihre Persönlichkeitsrechte im Internet wahren, wie sie ihre Daten schützen und was sie im Fall einer Rechtsverletzung tun können, etwa dann, wenn ein privates Foto ohne ihre Genehmigung auf einer fremden Internet-Seite auftaucht. Bei allen positiven Effekten, die das Internet auf die Kommunikationskultur habe, sei eben der Schutz der Privatsphäre mitnichten, wie unlängst die Bloggerin Julia Schramm postulierte, „sowas von Eighties“, sagte Brehm. „Das digitale Ich gehört zu unserem Alltag und muss auch geschützt werden.“

Und dann läuteten die Rechtsexperten die Fragestunde ein. „Haften Eltern für die Rechtsverletzungen ihrer Kinder bei Facebook“ lautete eine Frage, „Kann ich als Betreiber für Kommentare Dritter rechtlich zur Rechenschaft gezogen werden?“ eine andere. Brehm und Bier rieten dringend zufl „Datensparsamkeit“ und zur allzeitigen Wachsamkeit im Internet, schließlich seien zum Beispiel bei Facebook eingestellte Nutzerprofile für die Unternehmen „pures Gold wert“. Abschließender Appell ans Auditorium: „Seien Sie bewusst und aufmerksam, seien Sie kritisch, seien Sie mündig.“

Erstmals hatten Abendblatt-Leser die Möglichkeiten, ihre Fragen den Referenten vorab zu stellen. Hier eine kleine Auswahl der Antworten. Die große Dokumentation lesen Sie in Kürze im Abendblatt.

Bereits Zehnjährige wollen sich ein Profil bei Facebook zulegen. Sollen die Eltern dem Wunsch nachgeben?

Das Internet gehört heute ebenso zum Alltag wie das Fernsehen. Deshalb sollten Kinder den Umgang mit diesem Medium natürlich erlernen. Auf der anderen Seite können Kinder Gefahrensituationen nur schwer abschätzen. Der Umstand, dass eine direkte Kommunikation stattfinden kann, birgt besonders für Kinder in sozialen Netzwerken Gefahren. Denn ob das Gegenüber tatsächlich die Person ist, für die sie sich ausgibt, ist völlig unklar. Außerdem kann ein Kind in diesem Alter noch nicht abschätzen, was für Folgen die Veröffentlichung personenbezogener Informationen haben kann, zumal die Veröffentlichung oft unumkehrbar ist.

Ich persönlich glaube, dass ein eigenes Profil in diesem Alter unangebracht ist. Wenn es denn gar nicht anders geht, dann bitte nur mit einer Nutzung nur in Begleitung eines Erwachsenen und mit den strengsten Datenschutzeinstellungen.

Worauf müssen Anwender achten, damit sie nicht Opfer von Cyberkriminellen werden?

Die Grundregel lautet Achtsamkeit. Wer sorglos durchs Netz surft, sich bei allen vermeintlich interessanten Diensten anmeldet, Software aus unbekannter Quelle herunterlädt und gerne alle denkbaren personenbezogenen Daten offen legt, kann sich über Schäden nicht wundern. Lesen Sie, was Diensteanbieter über ihren Umgang mit personenbezogenen Daten offen legen. Wenn sich daraus Zweifel ergeben oder wenn nicht genug Informationen vorliegen: überlegen Sie, ob eine Registrierung wirklich notwendig ist. Achten Sie bei Software für PC oder mobile Geräte auf eine zweifelsfreie Herkunft. Meiden Sie unbekannte WLAN – Zugänge. Seien Sie sparsam mit Ihren Daten und veröffentlichen Sie sensible Informationen auch nicht dort, wo sie vermeintlich nur von Freunden eingesehen werden können. Zur Datensparsamkeit gehört bspw. auch der Umgang mit sog. "Cookies" - Dateien, in denen die Nutzungsdaten beim Besuch von Websites gespeichert werden und die vom Betreiber der Website beim erneuten Besuch ausgelesen werden können. Zwar ist es für die Nutzung einiger Websites erforderlich, Cookies zu aktivieren, Sie können dies bei modernen Browsern auf vielfältige Weise steuern. Ferner sollten gespeicherte Nutzungsdaten von Zeit zu Zeit gelöscht und die betreffenden Caches (Ordner, in denen Nutzungsdaten zwischengespeichert werden) geleert werden. Auch Informieren Sie sich über Ihnen bislang unbekannte Diensteanbieter oder Kontaktpartner, bevor sie Informationen über sich mitteilen. Verwenden Sie ich jeweils aktuelle Software und Schutzmaßnahmen wie Virenscanner. Dann lassen sich viele Gefahren vermeiden.

Einige Browser bieten die Möglichkeit, "privat" oder "inkognito" zu surfen. Reicht das nicht als Schutz aus?

Ist dieser Modus aktiviert, speichert der Internet-Browser keine Nutzungsdaten. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass dies auch für die Betreiber der besuchten Websites gilt. Und gegen freiwillig oder unfreiwillig vom Nutzer selbst veröffentlichte Daten hilft natürlich auch keine "Browser-Tarnkappe". Fazit: die Einstellung kann insbesondere vor der Offenlegung des Surf-Verhaltens gegenüber anderen Nutzern des gleichen PC schützen. Sie kann aber keineswegs ein sicherheitsbewusstes Verhalten des Nutzers ersetzen. Eine verbesserte Sicherheit auch in Hinblick auf die beim Surfen an Gegenstellen übermittelte Daten können hier Zusatzprogramme für Browser - sog. Plug-Ins oder Add-Ins - beiten, welche z.B. die ansonsten übliche Übermittlung von Header-Daten ganz oder teilweise verhindern können. Eine weitergehende Anonymisierung kann durch die Nutzung von Anonymisierungsdiensten, etwa „Java Anon“ Proxy „(JAP“), erreicht werden. Diese leiten die Datenverbindungen über eine zusätzliche Kette von Servern um und verschleiern so den tatsächlichen Standort des Nutzers.

Wie kann ich verhindern, dass meine Daten von der Werbeindustrie ausgespäht werden, wenn ich bei Facebook bin?

Absolute Sicherheit wird es in diesem Bereich nie geben. Erst kürzlich mussten wir aus der Presse erfahren, dass Werbekunden von Facebook seit Jahren vollen Zugriff auf sämtliche personenbezogenen Nutzerdaten hatten. Auch technische Pannen kann niemand völlig ausschließen. Wir empfehlen daher, besonders sensible personenbezogene Daten gar nicht über soziale Netze zu verbreiten. Auch die strengste Datenschutzeinstellung kann bei einer Sicherheitslücke ungewollten Zugriff nicht verhindern. Der beste Datenschutz ist daher Datenvermeidung. Dies sollte bereits bei der Registrierung beachtet werden, in deren Rahmen dem Nutzer vielfältige Möglichkeiten gegeben werden, auf seinem Rechner vorhandene Daten - Adressbücher, etc. - hochzuladen und für den Dienst verfügbar zu machen. Dies mag auf den ersten Blick bequem wirken - sie offenbaren damit dem Dienst jedoch vielfältige persönliche Daten - und zwar nicht nur eigene, sondern auch solche von Freunden oder gar Geschäftspartnern. Letzteres kann unangenehm werden, wenn diese Personen automatisch in Ihrem Namen Werbung erhalten oder ebenfalls für den Dienst geworben werden.

Warum sind meine Daten überhaupt für die Werbeindustrie relevant, um welche Daten handelt es sich dabei?

Gezielte Werbung ist wesentlich effektiver und auch preisgünstiger als breit gestreute Werbemaßnahmen. Wenn der Werbetreibende weiß in welche soziale Gruppe der Kunde einzuordnen ist, welche Vorlieben und Abneigungen er hat und wie sein Umfeld und seine Lebenssituation aussieht, kann ich ihm Produkte, anbieten, für die er besonders empfänglich ist. Deshalb sind grundsätzlich alle Daten interessant. Dabei ist zumeist weniger die einzelne Information wichtig, sondern das Gesamtbild, welches sich aus einer Kombination vieler Informationen ergibt. Solche Profile sind daher auch ein wertvolles Handelsgut. Personenprofile sind deshalb so gefährlich, da sie ein umfassendes Bild eines Menschen und seiner Kontakte vermittlen können.

Was kann ich tun, wenn mein bei Facebook eingestelltes Foto plötzlich ganz woanders auftaucht?

Grundsätzlich kann jeder Mensch selbst entscheiden, wo Abbildungen von ihm erscheinen dürfen. Wenn das Facebookprofil oder das Fotoalbum allerdings freigegeben ist, kann dies als Einwilligung gewertet werden. Dann muss der Nutzer damit rechnen, dass das Bild beispielsweise bei Suchmaschinen gefunden werden kann. Eine Verwendung in der Werbung oder gar in herabsetzende Art und Weise ist damit natürlich nicht freigegeben. Bei einer widerrechtlichen Nutzung durch Dritte haben Sie grundsätzlich einen Unterlassungsanspruch, den Sie zur Not auch gerichtlich durchsetzen können. Bei Veröffentlichungen mit Auslandsbezug - der Server steht bspw. in den USA - kann dies jedoch mitunter problematisch sowie zeit- und kostenraubend sein. Taucht das Bild auf einer Internetseite auf und wurde es nicht vom Betreiber der Internetseite veröffentlicht, haftet der Betreiber erst, wenn er von der Rechtsverletzung wusste.

Mein Name taucht in einem Internetforum, in dem ich ziemlich heruntergemacht werde. Gibt es die Möglichkeit den Inhalt löschen zu lassen? Wie kann ich dagegen vorgehen?

Das kommt darauf an, was "ziemlich heruntergemacht" im konkreten Fall bedeutet. So hat beispielsweise der Bundesgerichtshof entschieden, dass Lehrer auch kritische Bewertungen im Rahmen eines nicht für jeden abrufbaren Internetforums als zulässige Meinungsäußerung dulden müssen. Auch können Unternehmer eine wahre, aber kritische Auseinandersetzung mit ihrer Leistung nicht untersagen, solange keine falschen Tatsachen verbreitet werden. Unwahrheiten oder grobe Beleidigungen muss jedoch niemand hinnehmen. Da das Persönlichkeitsrecht durch eine große Zahl von gerichtlichen Entscheidungen und schwierige Abgrenzungen geprägt ist, sollten Sie sich im Zweifel von einen spezialisierten Rechtsanwalt unterstützen und beraten lassen.