Bei 23 Herstellern liegt der Luftanteil in den Verpackungen über 30 Prozent, neun davon hatten sogar mehr als 60 Prozent Luft im Inneren.

Hamburg. Lebensmittelverpackungen enthalten häufig zu viel Luft. Drei von vier durch Röntgenaufnahmen geprüfte Packungen wiesen laut einer Untersuchung der Verbraucherzentrale Hamburg mehr als 30 Prozent Luft auf. waren einer Untersuchung zufolge zu mehr als 30 Prozent mit Luft gefüllt gewesen. Das gab die Verbraucherzentrale Hamburg am Donnerstag bekannt. Die Tester hätten insgesamt 30 Verpackungen untersucht, etwa von Bonbons, Lutschern oder Fertiggerichten. Bei 23 Proben habe der Luftanteil dabei bei mehr als 30 Prozent gelegen, neun davon hätten sogar mehr als 60 Prozent Luft im Inneren gehabt. Überprüft wurden Produkte, über die sich Verbraucher bei der Verbraucherzentrale beschwert hatten.

+++ Der Röntgen-Beweis: Das sind die größten Mogelpackungen +++

„Das Ergebnis ist ein schlechtes Zeugnis für die Hersteller“, erklärte Verbraucherschützer Armin Valet. „Mit hohen Luftanteilen wird mehr Inhalt vorgetäuscht als tatsächlich in der Packung ist.“ Die Verpackungsgestaltung gelte als ein wichtiges Marketinginstrument. Ihre Größe habe oft entscheidenden Einfluss auf das Kaufverhalten.

Bei Verpackungen mit mehr als 30 Prozent Luftanteil ist laut Verbraucherzentrale von einer Mogelpackung auszugehen. Einzige Ausnahme: Der Freiraum ist produktbedingt oder technisch unumgänglich, wie die Verbraucherschützer weiter mitteilen. Dies sei aber bei den Proben nicht erkennbar gewesen. Die Eichdirektion Nord kündigte an, zu den beanstandeten Produkten Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten.

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Die Tricksereien mit kleineren Packungen

Auf den ersten Blick ist der Unterschied kaum zu erkennen. Die Flüssigwaschmittel von Henkel stehen wie immer am gleichen Platz im Drogerieregal. Die Verpackung scheint identisch. Gleiche Größe, gleiches Aussehen, gleicher Preis. Und dennoch hat sich ein wesentliches Detail geändert, das erst bei näherem Hinsehen erkennbar ist: die Füllmenge. Statt 1,5 Liter sind nur noch 1,35 Liter in den Plastikflaschen von Spee Color, Weißer Riese und Persil. Im Klartext: Statt 20 Waschmaschinenladungen schafft man mit dieser Menge nur noch 18 Wäschen. Dies entspricht laut der Hamburger Verbraucherzentrale einer Preiserhöhung von jeweils 11,1 Prozent, ohne dass diese sich auf dem Preisschild auffällig niederschlägt. Manche Käufer merken die Umstellung gar nicht. Wer sie jedoch registriert, reagiert meist sauer.

"Wir bekommen viele Beschwerden über solche Packungsänderungen", berichtet Armin Valet von der Hamburger Verbraucherzentrale dem Abendblatt. Dabei ist Henkel kein Einzelfall. "Ob bei Waschmitteln, Konfitüren, Süßigkeiten, Drogerieartikeln, Kosmetik oder Lebensmitteln - insbesondere die großen Hersteller greifen gerne zu dem Trick, hinter kleineren Verpackungen Preissteigerungen zu verstecken." Valet nennt solche Umstellungen Mogelpackungen. "Damit wird versucht, steigende Rohstoffpreise auszugleichen und gleichzeitig dem Kunden Preisstabilität vorzugaukeln."

Der fantasievolle Umgang mit Füllmengen ist erst seit zwei Jahren in dieser Form möglich. Im April 2009 wurden europaweit fast alle für Lebensmittel üblichen Packungsgrößen von 100, 250 oder 500 Gramm aufgehoben. Die Folge: Heute sind krumme Zahlen nicht nur erlaubt, sondern weit verbreitet. "Meistens handelt es sich um Markenartikelhersteller, die nach dem Motto ,weniger drin, Preis gleich' handeln", berichtet der Hamburger Verbraucherschützer. Sie könnten sich dieses Vorgehen offenbar leisten, weil viele Verbraucher bereit seien, für ein besonderes Produkt mehr Geld auszugeben.

Der Waschmittelhersteller Henkel, der vor Kurzem dafür gesorgt hat, dass ein Kartell wettbewerbswidriger Preisabsprachen aufgedeckt wurde, geht mit dem Thema offensiv um. "Deutlich gestiegene Preise bei unseren Rohstoffen und Verpackungen im Vergleich zum Vorjahr sowie kontinuierlich steigende Energiekosten führen in unserem Haus zu deutlich höheren Produktionskosten. Auf diese Kostensteigerungen versuchen wir zunächst mit internen Maßnahmen zu reagieren", sagt Henkel-Sprecherin Marion Schwenker. "Dies reicht jedoch nicht, die steigenden Kosten insgesamt zu kompensieren. Aus diesem Grund haben wir uns für eine Preiserhöhung bei einigen unserer Waschmittelmarken entschieden, die mit einer Reduzierung des Packungsinhalts einhergeht", so Schwenker.

Kleinere Packungen stehen laut Verbraucherzentrale aber auch bei Süßwaren auf der Tagesordnung. So beinhalten Choco Crossies nun 180 statt 200 Gramm, was bei einem Verkaufspreis von 1,79 Euro einer Verteuerung von 11,1 Prozent entspricht. Die Schokoriegel Mars miniatures gibt es für 1,29 Euro zu 130 statt 150 Gramm, ein Plus von 15,4 Prozent. Die Senseo Kaffeepads gibt es nur noch in 16er- statt 18er-Packungen, Preissteigerung 12,5 Prozent.

Auch Tchibo steht mit seinen Caffissimo-Kapseln Caffé Crema mild auf der gut 200 Artikel umfassenden "Mogelpackungsliste" der Verbraucherschützer, nachdem der Inhalt um 0,5 auf sieben Gramm reduziert wurde, was ein Preisplus von 7,1 Prozent bedeutet. Allerdings weist der Hamburger Kaffeeanbieter den Vorwurf der versteckten Preiserhöhung zurück. "Wir wollen nicht beim Kaffee sparen, sondern haben ihn aus geschmacklichen Gründen verringert. Bei milden Sorten kommt eine geringere Menge dem Geschmack der Kunden näher", sagte die Sprecherin Karina Schneider. "Gleichzeitig haben wir bei kräftigeren Sorten die Menge um 0,8 auf 7,8 Gramm erhöht."

Im Fokus der Kritik steht auch die neue Margarine Rama Unwiderstehlich von Unilever, die nur noch in der 400-Gramm-Variante angeboten wird, während der Klassiker ein Gewicht von 500 Gramm auf die Waage bringt und damit 25 Prozent günstiger ist. Unilever-Sprecher Konstantin Bark verteidigt den Unterschied: "Es handelt sich um zwei verschiedene Produkte mit anderer Rezeptur. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen." Verbraucherschützer Valet sieht dies anders: "Die 400-Gramm-Packung dient vor allem dazu, einen höheren Preis durchzusetzen."