Buchholz. Die mehrfache Paralympics-Siegerin übergibt Blau-Weiss Buchholz den mit 15.000 Euro dotierten Werner-Otto-Preis.
Wenn das kein Grund zum Feiern ist in der Vorweihnachtszeit – der Sportverein Blau-Weiss Buchholz ist seinem Ziel einen großen Schritt näher gekommen, auf dem Vereinsgelände einen Parcours für Rollstuhlfahrer zu errichten. „Dafür reichen die 15.000 Euro, die wir als Anerkennung für unsere vielfältigen Bemühungen um den Behindertensport von der Alexander-Otto-Sportstiftung erhalten haben, zwar nicht aus, aber sie sind ein toller Grundstock“, sagte der Vorsitzende Arno Reglitzky anlässlich der Übergabe des Werner-Otto-Preises. Dafür waren der Stiftungsvorsitzende Rando Aust und Spitzensportlerin Edina Müller, die dem Kuratorium angehört, an den Holzweg gekommen.
Seit 1998 Aktionen mit und für Menschen mit Einschränkungen
Behindertensport steht bei Blau-Weiss Buchholz wie bei kaum einem anderen Sportverein auf der Agenda. Und das bereits seit 1998, als der Verein erste Aktionen mit und für Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen startete. Ein Meilenstein der Integrationsbemühungen war im Jahr 2000 die Öffnung des Buchholzer Stadtlaufes auch für Rollifahrer und Handbiker.
2004 gründeten Arno Reglitzky und seine Mitstreiter sogar eine eigene Abteilung für Menschen mit Behinderungen. Das 2006 fertiggestellte Sportzentrum am Holzweg war von Anfang an auch als Sportanlage für Menschen mit Behinderungen geplant. Oberster Grundsatz war die Barrierefreiheit.
Neuer Parcours soll spätestens am 1. Mai 2022 eingeweiht werden
Das galt auch für die 2010 eingeweihte Kletterhalle, die größte ihrer Art in Niedersachsen mit bis zu 300 Kletterrouten und diversen Schwierigkeitsgraden. Darüber hinaus verfügt Blau-Weiss über eine integrative Sport- und Freizeitanlage für Menschen mit und ohne Handicap auf einer Fläche von 6300 Quadratmetern mit Außensport- und Spielgeräten und einer 240 Meter langen, asphaltierten Rundbahn als „Spielraum für Alle“. Alle Geräte auf dem Außengelände, wo spätestens am 1. Mai 2022 an einem kleinen Hügel der Parcours für Rollstuhlfahrer eingeweiht werden soll, können von Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen gleichermaßen genutzt werden.
Die treibende Kraft im Hintergrund ist Barbara Erdrich
Die treibende Kraft im Hintergrund ist Barbara Erdrich. „Ohne sie wäre das alles nicht möglich gewesen. Solange ich sie weiterhin im Rücken habe, werden wir nicht Nachlassen in unseren Bemühungen um die Integration von Menschen mit Behinderungen“, hob Reglitzky die Bedeutung der Mitstreiterin hervor. Sie leitet auch die Abteilung für Behindertensport. „Wir haben viele Anfragen von Schulen aus Buchholz und Tostedt und neuerdings aus Sittensen, die auf unserem Spielgelände Erfahrungen sammeln wollen. Den Kindern macht das total viel Spaß“, freut sich Barbara Erdrich über den großen Zuspruch.
„Wir hätten auch einen Abenteuerparcours mit spektakulären Elementen ins Auge fassen können, haben uns aber anders entschieden“, so Reglitzky, während er Rando Aust und Edina Müller an einer Schautafel den geplanten Parcours für Rollstuhlfahrer erläuterte. Reglitzky: „Wir wollen stattdessen älteren Rollstuhlfahrern Trainingsmöglichkeiten für Alltagssituationen wie die täglichen Verkehrswege anbieten und zugleich jungen Leuten die Chance bieten, ihre sportliche Leistungsfähigkeit in Wettbewerben zu steigern. Dafür wird der Parcours unter anderem mit Treppen mit und ohne Geländer, Kopfstein- und Granitpflaster, Bordsteinen, Rampen, Schotter und Rindenmulch ausgestattet.“
Preisübergabe im Februar war virtuell, jetzt folgte die persönliche
Edina Müller nutzte den Geländerundgang mit den Vorstandsmitgliedern Arno Reglitzky und Gerd Baum, dem Geschäftsführer Stefan Weihrauch, Förderern des Vereins und Architekt Uve Schwencke, um ihrerseits die Rampe und das Karussell auszuprobieren. Gemeinsam mit Rando Aust war sie nach Buchholz gekommen, um die Preisverleihung an Blau-Weiss Buchholz, die schon im Februar im Rahmen einer Videoschalte zunächst virtuell vollzogen worden war, jetzt mit der Übergabe des Pokals persönlich abzuschließen.
Paralympics-Goldmedaillen im Rollstuhl-Basketball und Kanurennsport
Mit 38 Jahren ist Edina Müller paralympische Goldmedaillengewinnerin in zwei verschiedenen Sportarten und Mutter eines zweijährigen Sohns. Im September 2021 gewann sie in Tokio die Goldmedaille im Kanurennsport, 2012 in London war es Gold im Rollstuhlbasketball gewesen. Seit dem 16. Lebensjahr ist sie querschnittsgelähmt. Die Ausnahmesportlerin, die in ihren Sportarten mehrere nationale, Europa- und Weltmeistertitel holte, lebt in Stelle, arbeitet als Sporttherapeutin im BG Klinikum Hamburg und unterstützt dort andere Patienten nach Unfällen als Sporttherapeutin. „Meine Trainingsstrecke liegt auf dem Weg von der Arbeit nach Hause. Das ist optimal“, sagte sie. Auf der Buchholzer Anlage sei sie zum ersten Mal, erzählte sie, und sie sei beeindruckt.
Weitere Stiftungen tragen zum Gesamterfolg bei
Mit dem Preisgeld soll der Bau einer Parcours-Anlage speziell für Rollstuhlfahrer auf dem Sportgelände von Blau-Weiss Buchholz mitfinanziert werden. Die Gesamtkosten einer derartigen Anlage belaufen sich auf etwa 35.000 Euro. Die Planungen sind abgeschlossen, in Kürze kann der erste Spatenstich erfolgen.
Die Stiftung von Gerd und Margot Fahron aus Lübeck stellt weitere 5000 Euro für das Projekt zur Verfügung. Als Co-Förderer engagiert sich die Hoth-Stiftung aus Buchholz. Außerdem unterstützt die Hoth Tiefbau GmbH & Co. KG das Projekt bei der Materialbeschaffung für die Oberflächen-Gestaltung.