Harburg/Fleestedt. Gerhard Grönboldt vom HSC erspielte sich in 63 Jahren viele nationale und internationale Titel. Jetzt, im Alter von 81, Jahren, soll Schluss sein.
Man merkt Gerhard Grönboldt an, dass ihm die Entscheidung schwer gefallen ist. Die Stimme wird ruhig, in seinen Worten klingt Wehmut. Aber es geht nicht mehr. „Ich muss meine Karriere als aktiver Badmintonspieler beenden“, sagt der 81-Jährige. Nun gut, wird manch einer denken, das Alter hat er ja. Stimmt. Dennoch ist es ein großer Schritt für den Mann, der mehr als sechs Jahrzehnte dem kleinen, gefiederten Ball nachjagte. Der in den meisten Fällen seine Gegner mehr über das Feld jagte als sie ihn.
Seit 1957 – also seit 63 Jahren – spielt Gerhard Grönboldt Badminton. 1963 gewann er seinen ersten von 123 Titeln. Das Mitglied des Harburger Sport-Clubs (HSC) nahm an Welt- und Europameisterschaften teil, schloss Freundschaften in vielen Ländern und lernte die Welt kennen. Das alles ist nun Vergangenheit. Seit geraumer Zeit macht Gerhard Grönboldt ein eingeklemmter Nerv zu schaffen.
„Ich habe 30 Massagen bekommen. Dadurch ist es etwas besser geworden“, erzählt der selbstständige Ingenieur. Im vergangenen Jahr musste er lange Sportpausen einlegen. Auf die Teilnahme an Meisterschaften verzichtete er 2019 komplett. Ohne Titelgewinn war er vor wenigen Wochen nicht bei der Harburger Sportlerehrung dabei. „Das war hart für mich. Vorher bin ich 30 Jahre in Folge im Rathaus empfangen worden. Ich habe alle Bürgermeister durch“, sagt Grönboldt.
Der Fleestedter, der zuvor viermal pro Woche trainiert hatte, lernte ein unbekanntes Gefühl kennen. „Wenn ich nach einigen Wochen Pause wieder mit dem Training anfing, habe ich Muskelkater bekommen, zum Teil schon beim Training selbst.“ Alle Versuche, die Gesundheit in den Griff zu bekommen, um weiter leistungsmäßig Badminton zu spielen, führten nicht zum Erfolg.
Senioren-Weltmeisterschaft in Singapur abgesagt
„Die vielen ruckartigen und seitlichen Bewegungen beim Badminton kann ich nur unter Schmerzen machen“, berichtet der 81-Jährige. „Meine Frau hat mich darin bestärkt, die Senioren-Weltmeisterschaften in Singapur abzusagen. Es trifft mich schon, dass jetzt Schluss ist.“
Komplett zur Ruhe setzen kann und will sich Gerhard Grönboldt nicht. Als der Angestellte des Harburger Bauamts im Alter von 65 Jahren in Pension ging, gab ihm sein Hausarzt einen Satz mit auf den Weg, der sein Leben bis heute bestimmt: „Wenn Sie aufhören zu arbeiten, werden Sie bald auch aufhören, Sport zu treiben.“ Grönboldt folgte dem Rat, setzte sich nicht zur Ruhe, sondern machte sich mit einem Ingenieurbüro selbstständig.
Er hat gut zu tun. Zuletzt war der Ingenieur an der Umgestaltung des Platzes „Sand“ in Harburg beteiligt, demnächst steht der Bahnhofsvorplatz in Neugraben auf seiner To-do-Liste, auch im Neubaugebiet Norderbülte in Winsen begleitet er ein Projekt. Aktuell in der Umsetzung befindet sich das Fußgängerleitsystem für die Harburger City, für das Grönboldt zehn Glasstelen und 50 Pfosten mit Hinweisschildern entworfen hat.
Und sportlich? Da bleibt er ebenfalls aktiv, nur auf anderem Niveau. „Es geht nicht mehr um Leistung. Ich versuche trotzdem zu trainieren, um etwas für meine Gesundheit zu tun.“ Diese Einstellung und diesen Enthusiasmus gibt der Fleestedter an andere weiter. Seit 1987 leitet er beim Harburger SC eine Fitnessgruppe für Männer über 50 Jahre, die sich immer mittwochs in der Halle Ehestorfer Weg trifft. „Wir sind 48 Männer“, erzählt Vorturner Grönboldt, „der älteste ist 88, zwölf sind über 80 und 15 über 70 Jahre alt.“ Mit Lauf- und Gehübungen, Bodengymnastik sowie Übungen mit Bällen, Seilen und Gummibändern bringt er die Männer auf Trab. „Wir üben den aufrechten Gang“, sagt Gerhard Grönboldt mit einem Schmunzeln.
Den Humor hat die Harburger Badmintonlegende trotz des Karriereendes nicht verloren. Und um die Gesundheit des 81-Jährigen muss man sich angesichts der vielen weiteren Aktivitäten auch nicht wirklich Gedanken machen.
Karriere in Zahlen
Gerhard Grönboldt begann seine sportliche Laufbahn 1957 bei der Turnerschaft Harburg. Zusammen mit Bruder Peter wechselte er 1965 zu Rasensport Harburg, nur zwei Jahre später spielte die VfR-Mannschaft in der höchsten Hamburg Liga.
1963 wurde Gerhard Grönboldt erstmals Hamburger Meister und startete eine Titeljagd, die heute 63 Hamburger, 39 norddeutsche und 18 deutsche Meisterschaften umfasst. Den ersten nationalen Titel holte er 1987 im Doppel mit Ulrich Gerndt.
Im Jahr 2000 wurden die Brüder Peter und Gerhard Seite an Seite deutscher Doppelmeister der Herren 60. Bei Europameisterschaften kam Gerhard Grönboldt nie über Bronze hinaus.
Besser lief es bei Senioren-Weltmeisterschaften. In Sydney wurde er einst Weltmeister, gewann Silber und Bronze in Kanada und kehrte mit weiteren dritten Plätzen aus Sofia, Malaga und Ankara zurück.