Buchholz. TSV Buchholz 08 richtete die deutschen Meisterschaften im Rollstuhlfechten aus und erntete dafür Lob von höchster Stelle.

Wenn selbst die Bundesvorsitzende eine Dankesmail an den örtlichen Ausrichter schreibt, kann die Veranstaltung so schlecht nicht gewesen sein. Eine solche Nachricht erhielt vor wenigen Tagen jedenfalls Kathrin Müller aus der Fechtabteilung des TSV Buchholz 08. Aus Anlass des 111-jährigen Bestehens des Sportvereins hatte sich die Abteilungsleiterin zusammen mit ihrem Stellvertreter York Lattemann und vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern entschlossen, die deutschen Meisterschaften 2019 im Rollstuhlfechten in der Nordheide auszurichten.

Nur viereinhalb Monate Zeit für die Vorbereitung der Fecht-DM

Trotz der vergleichsweise geringen Vorlaufzeit von nur viereinhalb Monaten gaben sich die engagierten Buchholzer mit den nationalen Titelkämpfen nicht zufrieden. In den Sporthallen des Schulzentrums am Kattenberge fanden zusätzlich die Bezirksmeisterschaften, ein Zwergenpokalturnier für ganz junge Fechter und zum ersten Mal der sogenannte Brunsbergpokal statt. Also Fechten satt.

„Wir wurden von der Idee angetrieben, Menschen mit und ohne Behinderung zusammen zu bringen, die ihren Sport mit Leidenschaft ausführen und lieben“, sagte York Lattemann. „Nachträglich kann ich sagen, dass dieses Konzept voll aufgegangen ist.“

Die Teilnehmer reisten aus ganz Deutschland nach Buchholz an. Ein Großteil der deutschen Nationalmannschaft des Rollstuhlfechtsports war am Start. Viele von ihnen gehören auch international zu den Besten und feiern regelmäßig Erfolge bei Weltmeisterschaften und Weltcupturnieren. Stellvertretend seien Felix Schrader aus Esslingen, der Florett-Weltmeister und Degen-Vizeweltmeister der Altersklasse U17, und Maurice Schmidt aus Böblingen genannt. Schmidt hatte kurz vor den deutschen Meisterschaften den zweiten Platz beim Weltcup im brasilianischen Sao Paulo belegt.

Europameister Max Hartung kam überraschend in die Halle

Gefochten wurde in den drei bekannten Disziplinen Florett, Degen und Säbel. Je nach Behinderungsgrad werden die Aktiven und U23-Junioren beim Rollstuhlfechten zusätzlich in die Kategorien A und B eingeteilt. „Es gab insgesamt 52 Starts, die es in sich hatten. Hochspannend und eine Herausforderung für Mensch und Material“, schilderte Lattemann seine Eindrücke. Maurice Schmidt und Tim Widmaier (beide Böblingen) waren mit zusammen sieben Meistertiteln die erfolgreichsten Teilnehmer. Julius Haupt vom PSV Weimar gewann zwei Goldmedaillen.

Musikalisch wurden die Siegerehrungen vom Bläserquartett RehGazer aus Jesteburg begleitet, besonders die live intonierte Nationalhymne sorgte für Gänsehautmomente.

Europameister und Überraschungsgast Max Hartung (r.) mit Lars aus Buchholz.
Europameister und Überraschungsgast Max Hartung (r.) mit Lars aus Buchholz. © TSV Buchholz 08 | York Lattemann

Und dann war da noch ein Überraschungsbesucher, der den Teilnehmern ebenfalls glänzende Augen bescherte. Max Hartung gehört zu den besten Säbelfechtern weltweit. Erst eine Woche zuvor hatte er bei den Europameisterschaften in Düsseldorf mit der deutschen Säbelmannschaft die Goldmedaille gewonnen. Im Einzel gab es für den 29-Jährigen aus Dormagen nach den EM-Titeln 2017 und 2018 diesmal Bronze. Natürlich stand er in Buchholz sofort im Rampenlicht, musste viele Fragen beantworten und für unzählige Selfies posieren. Die Aufregung bei allen Fechtern sei groß gewesen.

Auch Blau-Weiss Buchholz holte fünf Bezirksmeistertitel

„Bei allen Teilnehmenden des Turniers ist mir besonders der Zusammenhalt und die Fairness untereinander aufgefallen, obwohl Fechten ein Individualsport ist“, lautete das Fazit von Hauptorganisator York Lattemann. Dass er mit seiner Einschätzung nicht allein ist, bewies die eingangs erwähnte E-Mail des Deutschen Rollstuhl-Sportverbandes (DRS). „Ich darf Euch herzlich zur hervorragend ausgerichteten deutschen Meisterschaft gratulieren. Ich habe viel Gutes gehört und viele zufriedene Kommentare von Athleten, Trainern und Betreuern erhalten“ schreibt Ira Zieger, die DRS-Vorsitzende des Fachbereichs Fechten. „Die Nationalhymne live gespielt, tolle Location, tolles Rahmenprogramm, Max Hartung bei der Medaillenübergabe – unglaublich, was Ihr in dieser kurzen Zeit alles auf die Beine gestellt habt.“

Ehrung von Dr. Boris Touretski (Mitte) durch Sybille Boldt und Vassili Golod.
Ehrung von Dr. Boris Touretski (Mitte) durch Sybille Boldt und Vassili Golod. © TSV Buchholz 08 | York Lattemann

Zu den parallel ausgetragenen Bezirksmeisterschaften traten 54 Fechterinnen und Fechter in allen Altersklassen und Waffen auf die Bahnen. Fabian Schneider vom TSV Buchholz 08 wurde dreifacher Bezirksmeister mit Florett, Degen und Säbel. Seine Vereinskameradin Kerstin Müller (ebenfalls Aktive) gewann mit dem Säbel und Norbert Müller (Senioren) schließlich mit dem Degen.

Ehrung für den langjährigen 08-Fechttrainer Boris Touretski

Insgesamt fünf Titel und ein zweiter Platz, allesamt mit dem Florett, gab es für den Nachbarverein Blau-Weiss Buchholz. Die Schützlinge von Trainer Mehmet Bilinir hatten sich bei einem Turnier in Hamburg auf die Bezirksmeisterschaften daheim vorbereitet – mit Erfolg. Bezirksmeister wurden die Familie Mahutka mit Peter, Leander und Malin sowie die Geschwister Kahnert mit Chris und Sean. Den zweiten Platz erfocht Julian Rohde bei den elf Jahre alten Schülern.

Für seine Verdienste um den Fechtsport in Niedersachsen und Deutschland wurde im Rahmen der deutschen Meisterschaften der langjährige Buchholzer Trainer Dr. Boris Touretski geehrt. Eigens zur Ehrung waren viele seiner Wegbegleiter und ehemaligen Schüler angereist. Die Laudatio hielten Sybille Boldt, Vizepräsidentin des Fechtverbandes Niedersachsen, und Turetskis ehemaliger Fechtschüler Vassili Golod. Er ist heute Journalist, engagiert sich ehrenamtlich im Deutschen Journalisten-Verband und für die Interessen junger Fechterinnen und Fechter.