Buchholz. Handfester Zwist über die Aufteilung der Trainingszeiten. Buchholz 08 fordert den Rücktritt des Vorsitzenden der ARGE-Sport.
Es gibt Stress in der Buchholzer Kunstturnszene. Mal wieder, könnte man sagen. Diesmal aber richtig, und dazu öffentlich. Dass sich einige verantwortliche Personen in den Turnabteilungen des TSV Buchholz 08 und von Blau-Weiss Buchholz nicht gerade grün sind, um es vorsichtig auszudrücken, ist nichts Neues.
Nun scheint der Streit zu eskalieren. Auslöser ist offensichtlich eine Neuverteilung der Trainingszeiten in der Kunstturnarena. Dafür zuständig ist die Arbeitsgemeinschaft der Buchholzer Sportvereine (ARGE-Sport). Der TSV Buchholz 08 fordert jetzt öffentlich den Rücktritt des Vorsitzenden der ARGE-Sport, namentlich Norbert Vietheer.
Sportstadt Buchholz steht vor Scherbenhaufen jahrzehntelanger Arbeit
„Die Sportstadt Buchholz, bisher einer der Stützpunkte des männlichen Gerätturnens in Deutschland, und der TSV Buchholz 08 stehen vor dem Scherbenhaufen einer jahrzehntelangen, erfolgreichen Arbeit“, heißt es in einer von Lothar Hillmann und Wilhelm Pape aus dem Vereinsvorstand des TSV Buchholz 08 unterzeichneten Presseerklärung. „Insbesondere die Turntalentschule des TSV Buchholz 08, die erfolgreichen Kaderturner im Kinder- und Jugendbereich, aber auch die auf Landes- und Bundesebene turnenden Erwachsenen fürchten um ihren weiteren sportlichen Weg.“
Fünf bis zehn Austritte habe es aufgrund der veränderten Trainingszeiten bereits gegeben. Darüber hinaus hätten viele Spitzenturner aller Altersgruppen ihren Weggang aus Buchholz angekündigt, explizit mit Verweis auf die nicht mehr vorhandenen Trainingsmöglichkeiten. Seit vielen Jahren hat Buchholz 08 deutschlandweit die zahlenmäßig größte Kunstturnabteilung innerhalb eines Vereins.
45 Turnerinnen wechselten 2018 von Blau-Weiss zu Buchholz 08
Die Fakten aus der Sicht von Buchholz 08: Von einer unerwarteten Veränderung der Trainingszeiten in der Kunstturnhalle, verursacht durch eine Entscheidung des Vorsitzenden der ARGE-Sport, sei fast ausschließlich der männliche Kunstturnbereich von Buchholz 08 betroffen. „Eine Verringerung der Anzahl der Trainingsstunden und eine Verschiebung auf für Schüler und auch Schülerinnen nicht nutzbare Tageszeiten sind Inhalte dieser Entscheidung“, so der Erste Vorsitzende Hillmann. Die neu festgelegten Zeiten würden ausschließlich die weiblichen Kunstturnerinnen beider Vereine berücksichtigen.
Im Herbst vergangenen Jahres wechselten insgesamt 45 Kunstturnerinnen den Verein, sie verließen Blau-Weiss Buchholz und schlossen sich Buchholz 08 an. Daraufhin erzielten die Vorsitzenden Lothar Hillmann und Arno Reglitzky sowie der Vorsitzende der ARGE-Sport, Norbert Vietheer, am 8. November 2018 eine Vereinbarung über die Neuverteilung der Trainingszeiten. In etwa besagte diese, dass 08 zwei Drittel und Blau-Weiss ein Drittel der Zeiten nutzen darf.
Im November getroffene Regelung wurde im April einfach gekündigt
Diese Übereinkunft wurde durch ein Schreiben der ARGE-Sport vom 4. April 2019 aufgekündigt. „Ohne Absprache oder vorherige Information der Verantwortlichen des TSV Buchholz 08“, sagen Lothar Hillmann und Wilhelm Pape.
Buchholz 08 hat demnach fünf Trainingsstunden pro Woche weniger als zuvor und soll an drei Wochentagen bereits um 14.30 Uhr mit dem Training beginnen. Gerade in Zeiten von Ganztagsschulen und ehrenamtlich tätiger Übungsleiter praktisch nicht umzusetzen. Die neuen Trainingszeiten gelten vom 1. Mai an. Zwischen dem Schreiben und Umsetzung lagen also weniger als vier Wochen.
Für Buchholz 08 kann es nur eine Konsequenz geben. „Der Vorstand des TSV Buchholz 08 hat gegen diese, nicht nachvollziehbare und sachlich völlig falsche Entscheidung Einspruch eingelegt. Dieser Einspruch wurde durch die ARGE-Sport abgelehnt. Einer inhaltlichen Diskussion hat sich die ARGE-Sport verweigert und die sich nun abzeichnenden, sportlichen Folgen offensichtlich bewusst in Kauf genommen. Daher fordert der TSV Buchholz 08 den Rücktritt des Vorsitzenden der ARGE-Sport“, werden Hillmann und Pape deutlich. „Wir stehen mit dem Rücken zur wand“, sagt Lothar Hillmann.
Die Frage nach Gründen für die Kündigung blieb unbeantwortet
Mittlerweile haben sich Vertreter des Deutschen Turnerbundes (DTB), des Niedersächsischen Turnerbundes (NTB), des Turnkreises und des Turnbezirks zu Wort gemeldet und auf die Probleme der männlichen Kunstturner aller Altersklassen in Buchholz hingewiesen.
So schreibt André Bödeker, DTB-Vizepräsident und NTB-Landesfachwart für das männliche Gerätturnen: „Die Nordheidehalle ist aufgrund der idealen Gegebenheiten und der traditionsstarken Kunstturnabteilung des TSV Buchholz 08 zu einer DTB-Turnschule mit einer speziell auf das Kunstturnen ausgestatteten Trainingshalle geworden. Der Standort hat eine direkte Anbindung an den Bundesstützpunkt in Hannover und stellt zurzeit im Rahmen des NTB-Nachwuchsförderungskonzepts einen wichtigen Anlaufpunkt für den Nachwuchskaderbereich im Norden Niedersachsen dar.“
Deutscher und Niedersächsischer Turnerbund melden sich zu Wort
Und Christian Findeklee, Fachwart Kunstturnen männlich im Turnbezirks Lüneburg, schreibt: „Der TSV Buchholz 08 ist der einzige Verein in Buchholz, der im männlichen Kunstturnen aktiv ist, und für den in Großteil der Geräte in der Halle explizit angeschafft wurde. Darüber hinaus kann der TSV Buchholz 08 im olympischen Kunstturnen beider Geschlechter seit Jahrzehnten viele Erfolge nachweisen. Ich möchte das ausdrücklich von anderen Sportarten wie Aerobic abgrenzen, die nur ansatzweise kunstturnerische Anforderungen stellen und darum keinen Bedarf einer gesonderten Trainingszeit in der Kunstturntrainingshalle erkennen lassen.“ Es ist wohl so, dass die im vergangenen Jahr neu gegründete Blau-Weiss-Abteilung Aerobicturnen jetzt Trainingszeiten in der Kunstturnarena bekommen hat.
Diverse Gespräche konnten die Situation nicht verbessern
„Diverse Gespräche mit der Verwaltung der Stadt Buchholz haben leider noch zu keiner Veränderung der Situation geführt, so dass der komplette Zusammenbruch des männlichen Kunstturnens als Leistungssport in der Sport- und Kunstturnstadt Buchholz zu befürchten sein wird“, heißt es in dem Brandbrief von Lothar Hillmann und Wilhelm Pape abschließend.