Tangendorf. Jonas Rumpelt verzichtet beim Tangendorfer Volkslauf auf den dritten Sieg in Folge. Organisator Hans-Georg Foltin macht nach 30 Jahren Schluss.
Das war ganz großes Kino. Beim 30. Tangendorfer Kartoffellauf verzichtete Jonas Rumpelt auf den greifbar nahen Hattrick über fünf Kilometer. Der 18-Jährige aus Holtorfsloh ließ dem zehn Jahre älteren Florian Bahlmann auf der Zielgeraden den Vortritt und wäre ein heißer Kandidat für einen Fair-Play-Preis, den es in der Leichtathletik aber nicht gibt.
Gemeinsam waren die Triathleten – Rumpelt startet für den FC St. Pauli, Bahlmann für den VfL Oldenburg – gemeinsam mit 52 weiteren Läuferinnen und Läufern auf die neu konzipierte 5-km-Strecke gegangen und übernahmen schnell die Spitze. Der berufsbedingt in Fleestedt wohnende Oldenburger hatte 30 bis 40 Meter Vorsprung herausgelaufen, als die Athleten und Streckenposten schliefen und den falschen Weg einschlugen. Mit Rufen und Gesten machten die ortskundigen Verfolger Michael Thoms (Lüneburg) und Jannik Schütt (Wulfsen) das Führungsduo auf ihren Fehler aufmerksam. Sie warteten, bis die beiden umgedreht und auf den rechten Pfad zurückgekehrt waren.
Als Rumpelt und Bohlmann schließlich dem Ziel auf der Hörststraße entgegen strebten, war für Rumpelt klar, dass er auf einen Sprint verzichten und dem Kontrahenten, der ja rund 70 Meter mehr in den Beinen hatte, den Vortritt lassen würde. Nach den Siegen 2013 und 2014 belegte Jonas Rumpelt diesmal in 18:05 Minuten den zweiten Platz – drei Sekunden hinter Bahlmann. Nach kurzer Diskussion, wie ein möglicher Endspurt wohl ausgegangen wäre, fanden der Erst- und Zweitplatzierte heraus, dass sie am kommenden Sonntag beim Jesteburger Volkslauf erneut Gegner sind. Dann allerdings in der neuen Disziplin „Bike and Run“.
Insgesamt verzeichnete die Freizeit-Gemeinschaft (FG) Tangendorf bei der Jubiläumsausgabe des Kartoffellaufs 277 Teilnehmer, das sind etwa 100 weniger als im Vorjahr. „Im Moment gibt es einfach ein Überangebot an Läufen im Landkreis Harburg“, sagte Mitorganisator Hans-Georg Foltin. Angesichts der September-Läufe in Holm-Seppensen und Pattensen sowie der letzten beiden Stationen im Sparkassen-Heidjer-Cup an den nächsten beiden Sonntagen in Jesteburg und Borstel wundert es ihn nicht, dass sich gerade Familien auch mal ein lauffreies Wochenende gönnen. Erschwerend kam hinzu, dass parallel zu Tangendorf in Hamburg der Volkslauf durch das schöne Alstertal mit 2000 Teilnehmer stattfand.
In Tangendorf herrschte wie immer strahlender Sonnenschein. Viel Lob bekamen die Organisatoren für die neue Streckenführung beim Halbmarathon. Viele Teilnehmer hätten die zwar anspruchsvollere, aber landschaftlich attraktive Strecke über Quarrendorf und Brackel gelobt, so Foltin. Auch die als vermeintliches Hindernis befürchteten Holzfällarbeiten am Morgen waren bis zum ersten Startschuss erledigt.
„Mir sind nur drei große Trecker entgegen gekommen“, erzählte 10-Kilometer-Sieger Tim Tomczak lächelnd. Am souveränen Sieg änderten die Ausweichmanöver nichts. Tomczak gewann in guten 36:00 Minuten mit mehr als sieben Minuten Vorsprung. Jasmin Prack, seine Vereinskameradin von der LG Nordheide, kam als Gesamtdritte und schnellste Frau in 43:27 min. ins Ziel. Sie machte sich mit Platz eins und den zehn Kilogramm Heidekartoffeln als Siegprämie ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk. Jasmin Prack war am Vortag 25 Jahre jung geworden.
Gegen Ende der Veranstaltung gab es lange Gesichter – zumindest bei den Veranstaltern. Ohne großes Aufsehen verkündete Hans-Georg Foltin, dass er nach 30 Jahren in der Organisation des Tangendorfer Volkslaufs ausscheiden wolle. „Dann gab es doch Zirkus“, sagte der 76 Jahre alte, ehemalige Konrektor der Haupt- und Realschule Salzhausen, dem es unangenehm war, spontan mit einem Blumenstrauß und einer riesen Flasche Bier bedacht zu werden. Über die Jahre hatte „Schorsch“ die Fäden gemeinsam mit Manfred Harder und Günther Kaiser in Händen gehalten. Harder (2014) und Kaiser (2015) waren jeweils wenige Tage vor dem Kartoffellauf verstorben. Der verbliebene Organisator Gernot Breitschuh muss sich nun einen neuen Flügelmann suchen.