Winsen. Erfolgreicher Lauftrainer aus Winsen trennt sich im Streit von der LG Nordheide. Nachfolger werden Jan Martin Gutzeit und Rolf Helmboldt.

Häufig leichtfertig ist vom Ende einer Ära die Rede. Wenn sich aber nach fast 30 überaus erfolgreichen Jahren die Wege eines Trainers und „seines“ Vereins trennen, darf mit Fug und Recht vom Ende einer Ära gesprochen werden. Eine solche Trennung vollzieht sich derzeit zwischen Gerd Prüsmann und der Leichtathletik-Gemeinschaft (LG) Nordheide.

Wer mit allem gebotenen Respekt Altersgründe vermutet – Prüsmann ist 72 Jahre alt und steht seit 1987 mit der Stoppuhr an der Laufbahn – sieht sich eines Besseren belehrt. „Nein, mein Alter spielt überhaupt keine Rolle“, sagt der ehemalige Berufsfeuerwehrmann, „ich hab noch viele Ideen. Ich fühle mich rausgemobbt und habe daher gekündigt.“ Am Mittwoch, wenn Prüsmann in Urlaub fährt, ist endgültig Schluss mit dem Engagement für die LG Nordheide. „Ich habe Robert informiert und gesagt, sie sollen sich einen neuen Trainer suchen“, so der Coach.

Robert Supplieth hat am 1. Juni die Nachfolge von Markus Großmann als Erster Vorsitzender der LG Nordheide angetreten. Natürlich hat der 33-Jährige versucht, den Mann, bei dem er einst selbst trainierte, umzustimmen – ohne Erfolg. „Gerd hat einfach keine Kraft mehr für die Streitereien.“

Interne Streitigkeiten traten zuletzt immer häufiger zwischen den Trainern der zwei zentralen LG-Trainingsgruppen in Winsen auf. Vor allem über die Zusammensetzung von Sprintstaffeln hatten Lauftrainer Prüsmann und der für Mehrkampf und technische Disziplinen zuständige Georg Bernhart kaum mehr Einigkeit erzielen können.

Wenn alle Läufer aus einer Gruppe kommen, gibt es kein Problem. Sollen dagegen – ganz im Sinne einer Leichtathletik-Gemeinschaft – die schnellsten Athleten aus allen zwölf Stammvereinen für das beste Quartett rekrutiert werden, muss der Staffeleinsatz auch in die Wettkampfplanung des beteiligten Trainers passen. Nimmermüde versuchten der alte und auch der neue LG-Vorstand, zwischen den Trainingsgruppen und ihren streitbaren Köpfen zu vermitteln. Ein gemeinsamer Nenner fand sich immer seltener.

Das Fass zum Überlaufen gebracht hat die Mail eines Stammvereinvertreters. „Darin werde ich beschuldigt, mich der Staffel-Abstimmung zu verweigern und ich werde als unumgängliches Problem bezeichnet“, erzählt Gerd Prüsmann, „das ist sowas von haltlos und kommt einem Rauswurf gleich.“ Der scheidende Trainer formte in der fast 30-jährigen Amtszeit für die LG Nordheide viele Medaillengewinner bei deutschen Meisterschaften, einige seiner Athleten standen sogar bei Junioren-Welt- und Europameisterschaften im Endlauf. In erster Linie zu nennen sind Jala Gangnus, Sören Ludolph, Jana Sussmann, Lea Madlen Meyer, Fynn Paul Timm und Josefine Meyer-Ranke.

„Ich mache weiter, nur nicht in der LG Nordheide“, betont Prüsmann, „ich würde jeden anderen Verein nehmen.“ Zeitnah habe er seine älteren Athleten über seine Entscheidung informiert und viel Zustimmung erfahren. Aktuell hat er 23 Athleten auf dem Zettel, viele von ihnen seien bereit, an seiner Seite den Verein zu wechseln. „Es wird massive Austritte geben“, glaubt der Mann, der auch künftig im Winsener Schützengehölz trainieren möchte. „Ein besseres Gelände gibt es doch gar nicht.“

Für den Vorsitzenden Robert Supplieth ist die Entwicklung ein denkbar ungünstiger Start. „Ich wollte einige Dinge in der LG verändern und frisches Blut reinbringen“, sagt der zweifache Familienvater, „dass jetzt ein langjähriger Trainer, der hervorragende Arbeit leistet, wegbricht, macht den Neustart umso schwieriger.“ Supplieth hat Sorgen, dass viele Athleten zusammen mit Prüsmann gehen könnten. Gleichzeitig hat er seine Hausaufgaben gemacht. „Wir führen intensive Gespräche mit hochqualifizierten Nachfolgern, um den Athleten im Laufbereich eine Perspektive zu bieten“, sagt er.

Gestern wurde Vollzug gemeldet. Künftig werden die ehemaligen Laufasse Jan Martin Gutzeit (Bullenhausen) und Rolf Helmboldt (Ashausen) die Läuferinnen und Läufer innerhalb der LG Nordheide trainieren. Vor allem die Verpflichtung des 32 Jahre alten Gutzeit ist eine Überraschung. Der Sport- und Fitnesskaufmann leistete in den vergangenen Jahren im Nachwuchsbereich der LG Reinbek-Ohe (Schleswig-Holstein) hervorragende Arbeit und führte Andreas Lange in die nationale Spitze über 800 Meter. Lange war zweimal deutscher Juniorenmeister und 2014 deutscher Hallenmeister bei den Männern. Weil Gutzeit seine Trainertätigkeit in Reinbek aufgrund des Zeit- und Fahrtaufwands ohnehin beenden wollte, kam das Nordheide-Angebot gerade recht.

Unterdessen überwiegt bei Aktiven und Verantwortlichen der LG Nordheide Dankbarkeit für die von Gerd Prüsmann geleistete Arbeit. „Konfrontation ist ganz und gar nicht unsere Absicht“, betont Vorstandsmitglied Tim Tom­czak, selbst ein langjähriger Prüsmann-Schützling. „Wir möchten uns würdig von Gerd verabschieden und haben uns etwas einfallen lassen“, ergänzt Athletensprecher Lennart Ahrens. An der Entscheidung ihres ehemaligen Trainers wird das alles nichts mehr ändern.