Luhmühlen. Internationales Vielseitigkeitsturnier in Luhmühlen verwendet neue Sichersheitssysteme aus Schweden und England.

Eigentlich kann das Hindernis keine Angst machen, das auf dem Turnierplatz direkt vor der Tribüne aufgebaut ist. Eine Art kleine Treppe mit drei Stufen, gezimmert aus blankem Holz, obendrauf geschmückt mit grünen Tannenzweigen. Für die Pferde dürfte dies kein Problem sein. Und doch sorgt dieses Hindernis für eine neue Zeit im Vielseitigkeitssport von Luhmühlen. „Das ist ein schwedisches Sicherheitssystem“, sagt Captain Mark Phillips und zeigt auf eine rote Eisenlasche, die die höchste Stufe der Treppe mit dem Rest zusammenhält. „Wenn das Pferd mit den Vorderläufen hart oben anschlägt“, demonstriert der englische Course-Designer, „dann bricht die Lasche weg und der Teil des Hindernisses kippt nach hinten. Pferd und Reiter werden sich dadurch wohl nicht mehr überschlagen.“

Luhmühlen bereitet sich auf das Weltereignis im Vielseitigkeitssport vom 18. bis 21. Juni vor, die internationale Vier-Sterne-Prüfung und die Meßmer Trophy mit der Drei-Sterne-Prüfung, bei der auch die deutsche Meisterschaft entschieden wird. Es ist das erste Turnier nach dem tödlichen Sturz von Benjamin Winter im Vorjahr. Es ist ein Neubeginn, einer, der den ganzen Sport verändern kann.

Der Geländeritt ist das Herzstück des reiterlichen Dreikampfes. Er sorgt aber auch für die größten Gefahren. Dabei sind es die festen Hindernisse, die immer wieder schwere Stürze verursachen. Was Mark Phillips demon-striert, könnte der Ausweg sein: Hindernisse, die wegkippen, wenn Pferdehufe sie berühren. „Ein Reiter, der das System auslöst, erhält elf Strafpunkte, auch wenn er nicht stürzt“, sagt Mark Phillips. Das Ziel des Reiters müsse es sein, das Hindernis so präzise anzureiten, dass sein Pferd es fehlerfrei überwinden kann.

Der neue Sicherheitsweg in der Vielseitigkeit sorgt für Diskussionen bei Reitern und Experten. „Die Gefahr ist, dass die Reiter und vor allem auch die Pferde schwierige Hindernisse nicht mehr so aufmerksam und konzentriert anreiten, wenn sie erst einmal erfahren haben, dass sie umkippen“, sagt Bundestrainer Hans Melzer. Auch Martin Plewa, Technischet Delegierter der Vielseitigkeit, erinnert daran: „Für die größtmögliche Sicherheit in unserem Sport sorgt noch immer der Respekt des Reiters vor dem Hindernis. In dem Punkt dürfen sich keine Nachlässigkeiten einschleichen.“

Bei der Besichtigung der neuen Hindernisse auf dem Turnierplatz in Luhmühlen hat Captain Mark Phillips vor dem Rennbahnsprung Halt gemacht. Vor dem Sprung nach oben sind zwei weiße Stangen angebracht. Die oberste liegt auf zwei Eisenpins. Bei einem harten Aufschlag der Pferdebeine brechen diese weg. Dieses neue Sicherheitssystem kommt aus England. Hans Melzer ist an zwei Tisch-Hindernissen stehen geblieben, die sozusagen ums Eck aufgebaut sind. „Die Kanten der Tische sind abgeschrägt“, sagt er, „die Pferde bleiben nicht so schnell hängen.“

Die intensiven Bemühungen um mehr Sicherheit beschränken sich aber nicht nur auf wegklappbare oder wegbrechende Hindernisse. Der Geländekurs in der Westgellersener Heide wird in diesem Jahr andersherum, also gegen den Uhrzeigersinn, geritten. „Es ist ein komplett neuer Ansatz“, betont Mark Phillips. Auch der Meßmer-Teich ist neu aufgebaut. Ein paar der mächtigen Bäume sind abgeholzt, der Blick ist weitläufiger und freier, vor allem auch für Pferde.

Hans Melzer und Sandra Auffahrt sind bei der Vorstellung des Geländes schon wieder mitten bei ihrem Sport. „Den Stamm hier würde ich schräger anreiten, dann kommst du auf der geraden Linie ins Wasser“, zeigt der Bundestrainer der Doppelweltmeisterin einen Weg auf. Dabei wird Sandra Auffahrt nur als Zuschauerin nach Luhmühlen kommen. Sie trainiert derzeit mit ihrem Spitzenpferd Opgun Louvo beim zweiten Bundstrainer Chris Bartle in England und wird dort auch einige Turniere reiten.

Geschäftsführerin Julia Otto von der Turniergesellschaft Luhmühlen freut sich über die hochkarätigen Nennungen. Sechs der aktuellen Top Ten der Weltrangliste werden erwartet. Kentucky-Sieger Michael Jung, die Nummer eins, ist ebenso dabei wie Badmintonsieger William Fox-Pitt, der Engländer ist auf Platz zwei. Die Neuseeländerin Jonelle Price (Rang drei) bringt Ehemann und CIC**** Vorjahressieger Tim Price mit.

Bundestrainer Hans Melzer sprach von einem starken deutschen Nennungsergebnis: „Michael Jung, Andreas Dibowski und Niklas Bschorer haben jeweils zwei Pferde genannt. Ingrid Klimke, Peter Thomsen und Dirk Schrade planen, ein Pferd in Luhmühlen zu reiten. Je nach Qualifikationsstatus für die Olympischen Spiele werden die deutschen Reiter die Vier- oder Drei-Sterne-Prüfung bestreiten. Durch den Erfolg in Frankreich sind wir als Nation für Rio qualifiziert.“

Neu in Luhmühlen ist auch der Zeitplan. Die Vier-Sterne-Geländeprüfung wird schon am Sonnabendvormittag geritten, die Drei-Sterne-Prüfung folgt am Nachmittag. Das war bei den bisherigen Turnieren umgekehrt. Das gleiche gilt auch für das abschließende Springen am Sonntag.