Luhmühlen. Rekordbeteiligung beim traditionellen Vielseitigkeitsturnier des Pferdezucht- und Reitvereins Luhmühlen.

So viel Vielseitigkeit war noch nie. Das soll wirklich was heißen in Luhmühlen. Seit 20 Jahren bereits gehört der erste Maifeiertag dem Nachwuchs, was zum einen die Reiter und zum anderen ihre vierbeinigen Partner betrifft. „An die 200 Starter allein bei der Zwei-Sterne-A-Prüfung“, sagt Dr. Ulrich Schmidt, der Turnierchef des gastgebenden Pferdezucht- und Reitvereins, „das ist neuer Teilnehmerrekord.“ Für die aus ganz Deutschland, aber auch aus Dänemark, Schweden und Finnland angereisten Gäste, waren auf dem Gelände des Ausbildungszentrums Zelte für die Unterbringung der Pferde aufgeschlagen worden. „Wegen der Masse der Teilnehmer haben wir einen Tag vorher mit Dressur und Springen begonnen“, berichtet der Turnierchef, „dabei wurden die Sieger in fünf Abteilungen ermittelt. Mit einer Extrawertung wurden auch die Kreismeister gekürt.“

Und da man schon dabei war, haben sie am Tag danach erstmals noch ein internationales Ein-Sterne-Vielseitigkeits-Turnier angehängt. „Dazu mussten wir ja nur eine neue Geländestrecke aufbauen“, erzählt Bundestrainer Hans Melzer. Er hat es eilig, wie immer, wenn in der Westgellersener Heide Hochbetrieb herrscht. „Die Bedingungen sind ideal“, ruft er noch. „Diese internationale Prüfung haben wir aufgeteilt für die Jahrgänge 1990 und jünger und für ältere Reiter.“

Kurt Stürken, der mit „Fünf-vier-drei-zwei-viel Glück“ am Start jeden Teilnehmer auf die 3150 Meter lange Geländestrecke mit den 27 Hindernissen schickte, kann manche der aufgeregten blonden Mädchen in ihrer Muttersprache beruhigen. „Ich habe in Schweden gelebt und dort auch Turniere organisiert“, erzählt er in einer der kurzen Pausen. Und steht plötzlich vor einer ganz anderen Schwierigkeit. Über Lautsprecher wird die Nummer 51 zum Start gerufen. Der Mann aber, der mit seinem Pferd noch eine Runde dreht, hat die „58“ auf Brust und Rücken. „Ich habe mich in der Startnummer vergriffen“, ruft Peter Thomsen. Als der zweifache Mannschafts-Olympiasieger genau sechs Minuten später mit Nachwuchspferd Caspar über die Ziellinie galoppiert, ruft er Kurt Stürken zu: „Danke für euren großzügigen Service.“ Thomsen landet mit Caspar auf Platz sieben.

Der Mann, der wenig später mit einer Art Motorradbrille in die Startbox einreitet, ist an seiner Stimme zu erkennen. Andreas Dibowski galoppiert mit Wolfsmond ins Gelände. Mit diesem Nachwuchspferd landet er auf Platz acht, mit Eskadia wird er Fünfter.

Oben auf dem kleinen Hang, mit dem Wassergraben im Rücken und mit dem Blick auf das weite Grün des Trainingsplatzes, auf dem die meisten der Hindernisse aufgebaut sind, hat Claus Erhorn auf einem Campingstuhl Platz genommen. Der Olympiasieger von 1988 und seit mehr als 20 Jahren Lehrmeister und Landestrainer für den Nachwuchs, hat dabei schon die deutschen Nachwuchsmeisterschaften im Blick. „Die beiden Prüfungen hier sind ideal, um nach der Winterarbeit den Trainingszustand zu überprüfen. Für die DM in Kreuth müssen sich unsere Besten aber noch qualifizieren.“

Auf die Frage, ob die Rekordbeteiligung für die wachsende Beliebtheit der Vielseitigkeitsreiter steht, antwortet Claus Erhorn. „Es ist vor allem ein Zeichen für die wachsende Beliebtheit von Luhmühlen“, sagt der Basisarbeiter für die Reitsportdisziplin, die er als die „Schönste“ lobt. „Für jeden Amateur ist es doch ein Traum, einmal ein Turnier in Luhmühlen zu reiten.“

Und was den Nachwuchs betrifft? „Da wandelt sich unser Sport doch stark“, sagt der Landestrainer. „Reiten war früher ein Sport, den meist auch Mütter und Väter schon betrieben. Die waren mit Pferden groß geworden. Heute hingegen kommen Mädchen, deren Eltern nie etwas mit Pferden zu tun hatten. Das macht die Sache nicht leichter.“ Und was hat er als Trainer und was hat der Reitsport den jungen Menschen, die inzwischen ins Berufsleben hineinwachsen, mit auf den Weg geben können? „Disziplin“, antwortet Claus Erhorn spontan, „und die Fähigkeit und Geduld, sich selbst mal zurückzunehmen und sich ganz auf das andere Lebewesen einzustellen. Ein Pferd ist ein großer, starker Partner mit einem eigenen Kopf. Den für sich zu gewinnen, um gemeinsam erfolgreich sein zu können, das ist eine gute Schule fürs Leben.“

Laura-Christin Rogge, die als Zehnjährige in die Talentgruppe von Claus Erhorn kam, hat gerade so ein Lehrstück mit Payin, ihrer elf Jahre alten Stute, hinter sich. „Am Anfang haben sich die beiden überhaupt nicht verstanden“, erzählt Mutter Claudia Rogge, auch sie war früher Vielseitigkeitsreiterin. „Payin ist sehr speziell, kann aufgeregt und zickig sein. Es war ein langer Weg, aber die beiden haben zu einander gefunden.“ Mit ihrer eigenwilligen Stute gewann Laura-Christin Rogge in der dritten Abteilung das A-Turnier. Damit wurde sie auch Kreismeister der Junioren. Zweite wurde Felicia von Baath mit Toutsi, die auch zum Luhmühlener Nachwuchskader gehört. Verena Baumgärtner gewann mit Conepeak den Titel bei den Jungen Reitern und Lia Mazur mit Rock On die Kreismeisterschaft bei den Reitern. Alle reiten für den Pferdezucht- und Reitverein Luhmühlen. Die internationale Ein-Sterne-Prüfung gewann bei den Jungen Reitern Hanna Knüppel (Hen-stedt-Ulzburg) mit Cariamo vor Fritz-Ludwig Lübbeke (RV Neuhaus-Oste). Dritte wurde Katharina Koop (Echem-Scharnebek). Sieger bei den älteren Reitern wurde Csaba Sarközi (Luhmühlen) mit Halle Berry vor Anna Siemer mit Qulte a Heartbreak.