Wilhelmsburg. Traditioneller Volkslauf auf der Elbinsel lockt 2100 Teilnehmer auf den Sportplatz Dratelnstraße. Der Schülerlauf mit 800 Teilnehmern ist der Höhepunkt.

35. Internationaler Wilhelmsburger Insellauf. Schon diese Ankündigung allein genügt, um Europas größte Binneninsel in freudige Erwartung zu versetzen. Das gilt vor allem für alle Schulen auf der Elbinsel mit ihren ungeduldigen Mädchen und Jungen. Dabei bedeutet nicht nur das Mitlaufen alles, auch auf das Dabeisein und Zuschauen freuen sich die Mütter und Väter und die noch aufgeregteren Omis und Opis. Es war auch diesmal wieder dieses fröhliche Geschiebe und Gedränge, die große Menschenschar auf und rund um das Sportgelände an der Dratelnstraße, das jeder Besucher aufnahm und regelrecht mitriss. Diese Atmosphäre rund um die traditionelle Laufveranstaltung vermittelt jedem Besucher so etwas wie ein Wilhelmsburger „Wir-Gefühl“.

Da steht mitten im Gedränge ein kräftiger Mann, der tapfer ein Schild hochhält, auf das seine Kinder einen Vogel gemalt haben. „Wir sind die Spatzen“, erklärt der Vater und lacht, „das ist die jüngste Laufgruppe der Elbinselschule. Alja, meine sechsjährige Tochter, gehört dazu.“ Mitarbeiter der nahen Haspa-Filiale leihen rote Trikots an Kunden aus, die den Insellauf aktiv miterleben. Und wie jedes Jahr trägt der Rentner Norbert Winkelmann seine Uniform, wenn er als Zuschauer zum Insellauf kommt. „Die zeigt, dass ich Deichwart bin“, sagt er. „Vom 15. Oktober bis 15 April müssen wir uns hier in Wilhelmsburg bereithalten, wenn es Sturmwarnungen gibt.“ Die kräftigen Brisen haben fast alle der 2100 Läufer auch diesmal zu spüren bekommen. Vor allem die 527 mutigen und lauffreudigen Frauen und Männer, die beim Start zum Halbmarathon auf der Runde um den Rasenplatz für Gedränge sorgten. Dieser Lauf über 21,1 Kilometer über die Insel bis zur Bunthäuser Spitze, wo sich der Elbstrom zur Norder- und Süderelbe teilt, ist traditionell der sportliche Höhepunkt.

Das eigentliche Herzstück aber ist das Rennen der Kinder über 1,2 Kilometer. Schon beim Start sind die Mädchen und Jungen kaum zu bändigen, drängeln ungeduldig. Dann geht die Post ab. Pfiffige kleine Jungen, die sich auf den ersten Metern auf der Aschenbahn vorbei drängen. In den Gesichtern ist angespannte Freude der Mädchen und Jungen zu sehen. Und wenn man am Rande steht und die aufgeregte Horde an einem vorbeitobt, hat man das Gefühl, in Wilhelmsburg rennt die ganze Welt. Mädchen und Jungen, deren Familien aus Afrika kommen, aus Indien, Afganistan, Syrien, Brasilien, aus der Türkei und aus Kasachstan und der Ukraine. „Ich glaube, wir haben Kinder aus 30 oder mehr Nationen an unserer Schule“, sagt Martin Meißner, Lehrer und Sportfachleiter der Elbinselschule. „Für die Kinder ist das längst selbstverständlich. Für die spielt das im Schulalltag überhaupt keine Rolle mehr.“ Das ist es auch, was die Zuschauer am Rande spüren und im Gedränge miterleben. Und was alle so locker und fröhlich macht.

Der kleine Junge allerdings, der als Erster nach 1,2 Kilometern durchs Ziel rennt, kommt nicht von der Insel. „Ich bin Leichtathlet von der TSG Bergedorf“, erzählt Glenn Gabriel Kockmann, der elf Jahre alte Sieger, der nicht einmal richtig ins Schwitzen gekommen ist. Glenn war nach 3:49 Minuten im Ziel. Das Tolle an seinem Erfolg, er war um fast eine Minute schneller als Jonni Weber aus Hamburg. Und der ist drei Jahre älter. Während der überlegene Sieger erzählt, stürmt Faye, seine Zwillingsschwester, über die Ziellinie. Sie war in 4:30 Minuten das schnellste der insgesamt 258 Mädchen. Nur neun Sekunden dahinter war Princess Lois Beson von der Gesamtschule Wilhelmsburg im Ziel. Die Mädchen dominieren inzwischen den Schülerlauf. Von den Jungen erreichten 55 weniger das Ziel. Insgesamt hatten sieben Wilhelmsburger Schulen 800 Teilnehmer angemeldet. Die älteren Schüler starteten über fünf Kilometer. Weil auch in diesem Jahr die Elbinselschule mit 219 Anmeldungen die meisten Teilnehmer stellte, erhielt sie bereits zum dritten Mal hintereinander den großen Wanderpokal. Den nahm Doukpe Okokossissi, die Zehnjährige aus der vierten Klasse in Empfang. „Die Kinder sind schon Wochen vorher ganz aufgeregt“, berichtet Lehrer Martin Meißner, welchen Stellenwert der Insellauf für die Mädchen und Jungen inzwischen hat. „Jedes Jahr melden sich mehr an. Wir machen in der Schule auch noch einmal eine extra Ehrung.“

Es war ein Lehrer aus Hamburg, der die sportlich größte Herausforderung auf der Elbinsel gewann. Manuel Bach, Sport- und Mathe-Lehrer am Hellweg-Gymnasium, holte sich den Sieg beim Halbmarathon in 1:19,49 Stunde. Etwas mehr Zeit hatte sich Arno Reglitzky, der Vorsitzende von Blau-Weiss Buchholz, gelassen. Er benötigte 2:02,49 Stunden, als einziger unter den 527 Finisher, der den 80. Geburtstag schon hinter sich hat. Beim Viertelmarathon über 10,55 Kilometer wurde Sarina Kothe von Grün-Weiss Harburg in 47:57 Minuten bei den Damen Dritte und bei den Männern Wanja Moritz vom Buxtehuder SV in 40:42 Minuten Zweiter.