Die Betreuung straffällig gewordener Jugendlicher beschert dem Verein aus dem Kreis Harburg bei der Bundes-Siegerehrung von „Sterne des Sports“ den zweiten Platz und 7500 Euro Preisgeld.
Berlin/Todtglüsingen. Eike Holtzhauer war in seinem Element. Im gleißenden Scheinwerferlicht und vor etwa 500 Gästen in der DZ-Bank in Berlin gab er ZDF-Sportmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein ein charmantes Interview, nahm Glückwünsche von Vizekanzler Sigmar Gabriel und DOSB-Präsident Alfons Hörmann entgegen, erklärte das Projekt vor diversen Fernsehkameras und war auch beim Empfang durch den Sportausschuss des Deutschen Bundestags ganz vorn dabei.
Immerhin galt es, den größten Erfolg in der 83-jährigen Vereinsgeschichte des Todtglüsinger SV zu genießen, zu würdigen und zu feiern. Mit dem von Eike Holtzhauer, seit 44 Jahren zweiter Vorsitzender, federführend geleiteten Integrationsprojekt „Wer kümmert sich um die Ausrutscher?“ belegte der größte Sportverein im Landkreis Harburg den zweiten Platz auf Bundesebene beim Vereinswettbewerb Sterne des Sports. Der Verein unterstützt straffällig gewordene Jugendliche bei der Resozialisierung. Während eines Freizeitarrestes und bei der Ableistung von Sozialstunden können sie Sport treiben, lernen ein anderes Umfeld kennen und knüpfen neue Kontakte. Die Sterne des Sports werden seit 2004 vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und den Volksbanken und Raiffeisenbanken für besonderes soziales Engagement von Sportvereinen vergeben und gelten als der bedeutendste Breitensportpreis in Deutschland.
Ein großartiger Erfolg für den 6852 Mitglieder starken Verein, der sich im beachtlichen Preisgeld von 7500 Euro manifestiert. „Das Geld verwenden wir wieder für den Sport“, sagte Holtzhauer im Interview mit Müller-Hohenstein. Mit seiner Ergänzung „wahrscheinlich ist es schon weg“ hatte er die Lacher auf seiner Seite. Wichtiger als die insgesamt 12.000 Euro, die der Verein durch den Sieg bei der Volksbank Lüneburger Heide und auf Landesebene gewonnen hat, ist die Reputation und öffentliche Plattform für Projekt und Verein. Darin ist sich die Führungsspitze mit der Vorsitzenden Renate Preuß, dem Ehrenvorsitzenden Karl-Heinz Schröder und Geschäftsführer Heinrich Hoops einig.
Als noch wertvoller bewertete die hochrangig besetzte Jury nur die „Kindersport-Akademie als Basis einer ganzheitlichen Jugendförderung“ des TSV Schott Mainz. Der dritte Platz ging an TuS Xanten für die seit 25 Jahren währende Integration durch Sport. Letztlich ging es den 18 nationalen Top-Projekten – Baden und Württemberg stellen jeweils einen Vertreter, in Niedersachsen gibt es zusätzlich die Volksbank-Region Weser-Ems – nur sekundär um den Bundessieg. „Sie alle sind Sieger. Sie sind der gesellschaftlich Kitt, der den Laden am Laufen hält. Wir möchten heute einfach ‚Danke‘ sagen, obwohl das sicher keiner von Ihnen erwartet“, traf die Moderatorin, die sich bereits am Vorabend beim Get Together am Potsdamer Platz volksnah präsentiert hatte, genau den richtigen Ton.
Empfang der drei Top-Vereine durch den Sportausschuss des Deutschen Bundestages
Auch Eike Holtzhauer erntete tosenden Applaus. „Ich schäme mich fast etwas für diesen Preis, wenn man all die anderen tollen Projekte sieht. Wir nehmen den Stern des Sports in Gold mit großem Respekt entgegen“, sagte der 76-Jährige in der DZ-Bank am Brandenburger Tor. Zuvor hatte Vizekanzler Sigmar Gabriel die Grüße der beim Skifahren gestürzten CDU-Kanzlerin Angela Merkel übermittelt. „Für mich als SPD-Vorsitzenden auch etwas Neues“, schmunzelte er und forderte die Politik auf, die Grundfinanzierung von Städten und Gemeinden nicht in Frage zu stellen, damit Vereine ihrer wichtigen gesellschaftlichen Funktion überhaupt gerecht werden könnten. Er selbst habe früher Fußball gespielt und es als Judoka bis zum Blaugurt gebracht, erzählte der Goslarer. „Heute lasse ich mich gelegentlich zum Tennis überreden – fahrlässig bei meiner Gewichtsklasse.“
Nach der stilvollen Siegerehrung ging es für die elfköpfige Delegation aus dem Kreis Harburg, zu der auch Vorstand Cord Hasselmann und Regionaldirektor Frank Krause von der Volksbank Lüneburger Heide und KSB-Vorsitzende Almut Eutin gehörten, mit den zwei weiteren Top-Vereinen zum Empfang durch den Sportausschuss des Bundestages. Vorsitzende Dagmar Freitag räumte ein, dass sie Mainz und Xanten zwar gekannt habe, Todtglüsingen aber nicht. Strahlkraft bis Berlin erreiche nicht nur der Ort, sondern auch das Projekt. „Das könnte eine Initiative sein, die weit über das Vereinsgebiet hinaus reicht“, zeigte sich Freitag von der Betreuung straffälliger Jugendlicher beeindruckt. Nach einer Führung durch den Reichstag kehrten die Preisträger mit vielen neuen Eindrücken und sehr zufrieden aus der Metropole Berlin ins beschauliche Todtglüsingen zurück.