Süderelbe. Bezirk Harburg und Gemeinde Neu Wulmstorf erklären ihre Absicht, gemeinsam ein Bad zu bauen. Und doch: Ein Beteiligter mauert bereits.

Es ist eine Art Wassergeist: Das „interkommunale Kombibad“, das der Bezirk Harburg und die Gemeinde Neu Wulmstorf zusammen in unmittelbarer Nähe ihrer gemeinsamen Grenze planen und entwickeln wollen. Vor sechs Jahren in den Köpfen der SPD-Bezirksabgeordneten in Harburg und ihrer Genossen im Gemeinderat Neu Wulmstorf entstanden, wurde es lange diskutiert.

In der kommenden Woche wollen die Gemeinde Neu Wulmstorf und das Bezirksamt Harburg nun feierlich eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnen, das Bad bauen zu wollen. In trockenen Tüchern ist damit allerdings noch nichts. Im Gegenteil: Kurz vor der Feier kippt die Hamburger Bäderland GmbH (Chlor-)Wasser in den Wein und äußert wieder Bedenken gegen das Projekt.

Gemeinsames Kombibad: Idee erscheint gleichzeitig einleuchtend und absurd

Das Kombibad ist eine spannende, weil gleichermaßen einleuchtende wie absurd erscheinende Idee: Auf beiden Seiten der Landesgrenze befinden sich in unmittelbarer Nähe vier Badeanstalten, die alle in die Jahre gekommen sind: das große Freibad Neu Wulmstorf, das kleine Hallenbad Neu Wulmstorf, das kleine Freibad Neugraben und das große Hallenbad Süderelbe, ebenfalls in Neugraben.

Das einzige Freibad im Bezirk Hamburg-Harburg befindet sich in Neugraben.
Das einzige Freibad im Bezirk Hamburg-Harburg befindet sich in Neugraben. © Bäderland Hamburg | Bäderland Hamburg

Statt jedes einzeln zu sanieren, kann man auch ein einziges neues bauen. Das Neubaugebiet dafür ist mit den Fischbeker Reethen auf Hamburger Seite auch vorhanden. So weit, so einleuchtend.

Kommunen in Niedersachsen und Hamburg wollen gemeinsame Sache machen

Absurd kann es erscheinen, weil eine niedersächsische Gemeinde und ein Hamburger Bezirk keine ebenbürtigen Verhandlungspartner sind: Neu Wulmstorf (21.000 Einwohner) darf und muss seine Geschicke überwiegend selbst bestimmen. Harburg (190.000 Einwohner) kann und darf das nicht. Die Entscheidungen werden im Hamburger Rathaus getroffen.

Da kommt die Bäderland GmbH ins Spiel: Die bei der Umweltbehörde angesiedelte Gesellschaft betreibt alle Schwimm-, Spaß- und Sportbäder der Freien und Hansestadt Hamburg. Sie soll auch das Kombibad in den Fischbeker Reethen betreiben. Bei der Bäderland war man von Anfang an skeptisch: Man sah die Region Süderelbe schon durch die Schwimmhalle Süderelbe ausreichend versorgt, betrachtete das Freibad Neugraben als überflüssig und sich für Bedarfe außerhalb der Stadtgrenzen nicht zuständig.

Machbarkeitsstudie kommt zum Schluss, dass sich Kombibad lohnen würde

Durch politischen Druck aus Harburg allerdings erklärte sich Bäderland bereit, eine Machbarkeitsstudie zu beauftragen. Die lag 2020 vor und kam zu dem Schluss, dass sich ein gemeinsames Bad lohnen würde, wenn es alle vier Bäder ersetzt. Solch ein Kombibad müsste Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken sowohl innen als auch außen haben oder zumindest einen Bereich, der sich durch bewegliche Wände je nach Bedarf dem Hallenbad oder dem Freibad zuordnen ließe.

Die von der Bäderland GmbH betriebene Schwimmhalle Süderelbe.
Die von der Bäderland GmbH betriebene Schwimmhalle Süderelbe. © Bäderland Hamburg | DIETMAR THEIS

Bis dahin hatte es manch einem Ratsmitglied in Neu Wulmstorf schon zu lange gedauert, das Projekt wurde laut infrage gestellt. Zumal der Zustand des Neu Wulmstorfer Hallenbades nach schnellen Lösungen schrie und das Neubaugebiet Fischbeker Reethen erst in der frühen Planungsphase war. Deshalb entschied man sich für ein Angebot des Bundes und nahm Zuschüsse für die Sanierung des eigenen Hallenbades an.

Zu lange Diskussionen: Neu Wulmstorf nimmt Hallenbad-Sanierung in die Hand

Am Kombibad wollte man dennoch festhalten: Das kleine Hallenbad reiche gerade für Schul- und Vereinsschwimmen und sei auch nur saniert worden, um diese Angebote kontinuierlich in Neu Wulmstorf vorhalten zu können, sagte SPD-Fraktionschef Tobias Handtke damals. Außerdem wäre auch das sanierte Hallenbad in 20 Jahren hinfällig.

Große Becken, idyllische Lage: Das Freibad Neu Wulmstorf ist ein unterschätzter Schatz der Gemeinde.
Große Becken, idyllische Lage: Das Freibad Neu Wulmstorf ist ein unterschätzter Schatz der Gemeinde. © xl | Lars Hansen

Die Bäderland GmbH sieht das anders: „Wenn Neu Wulmstorf sein Hallenbad weiterbetreibt, ist das Kombibad nicht mehr wirtschaftlich“, sagt Bäderland-Pressesprecher Michael Dietel.

Wirtschaftlich ist ein Schwimmbadbetrieb ohnehin nicht. Das Kombibad hätte die Verluste laut Machbarkeitsstudie allerdings verringert: von jährlich 2,5 Millionen Euro für alle vier Bäder auf 2,2 Millionen Euro für eines. Beim Weiterbetrieb des Hallenbades reicht das laut Dietel nicht aus.

Vorsichtig geschätzte Baukosten: 60 Millionen Euro für die große Lösung

Zumal gegenüber 2020 die Baukosten steil gestiegen seien, so Dietel. Die Machbarkeitsstudie geht noch von 30 Millionen Euro aus. „Wir haben das Kombibad noch nicht neu kalkuliert“, sagt Dietel, „aber nach den Erfahrungen mit der Alsterschwimmhalle und den gestiegenen Kosten für die Midsommerland-Sanierung kann man für das Kombibad jetzt grob 60 Millionen Euro schätzen, wenn man sparsam plant.“

So sah das kleine Hallenbad Neu Wulmstorf vor seiner Sanierung aus.
So sah das kleine Hallenbad Neu Wulmstorf vor seiner Sanierung aus. © HA

Mit einem Baubeginn für das Bad in den Fischbeker Reethen würde Dietel erst in acht Jahren rechnen, wenn Bäderland denn gegen seinen Willen bauen muss, weil die Politik es so will. „Bei solchen Zeiträumen wäre dann doch eine Grundsanierung der Schwimmhalle Süderelbe fällig, was das Kombibad wiederum noch weniger lohnend erscheinen lässt.“

Kombibad in den Fischbeker Reethen: Baubeginn frühestens in acht Jahren

Der Bevölkerungszuwachs durch die Neubaugebiete würde jährlich 30.000 Badbesucher ausmachen, kalkuliert Bäderland. Die alte Halle am Neugrabener Markt könne das zusätzlich leisten. Wenn dann auch noch die Neu Wulmstorfer Schulen und Vereine erst 2042 ins Kombibad kommen würden, würde es knapp. „Das muss man schon sehr wollen“, sagt Dietel.

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