Seevetal/Harburg. Cannabis Social Clubs Nordheide hat Anbauflächen bezogen. Genehmigung ist beantragt. Was die Hanfbauern nun im Kreis Harburg planen.

Joel Grospitz vom Cannabis Social Club Nordheide ist happy. Nach anderthalb Jahren harter und intensiver Planungsarbeit und vielem Hin und Her im Gesetzgebungsverfahren konnten Cannabis-Anbauvereinigungen am 1. Juli endlich die langersehnten Genehmigungen für die Hanfproduktion einreichen. „Wir sind gut vorbereitet und haben die Unterlagen gleich am Stichtag bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen eingereicht“, so Grospitz, der sowohl im Vorstand des Vereins CSC Nordheide mit Sitz in Buchholz, wie auch im Vorstand des Dachverbandes der Cannabis Anbauvereinigungen Deutschlands tätig ist.

 In einem ehemaligen Labor in Seevetal wird der CSC Nordheide künftig Cannabis anbauen.
In einem ehemaligen Labor in Seevetal wird der CSC Nordheide künftig Cannabis anbauen. © DPA Images | Monika Skolimowska

Dabei gab es jedoch erneut einige Überraschungen. „Besonders der Anforderungskatalog beim Präventions- und Gesundheitsschutz hat uns kurz vor Abgabe des Antrags noch einmal intensiv beschäftigt“, so Grospitz. „Diesen hatte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erst am 1. Juli online gestellt. Bisher sind wir davon ausgegangen, das Präventions- und Jugendschutzkonzept gemeinsam mit dem Gesamtkonzept einreichen zu können, da wäre etwas mehr Information im Vorfeld gut gewesen“, so Joel Grospitz.

Aber nun sei alles erledigt – die Behörde sei am Zug. Sie habe drei Monate Zeit, über den Antrag zu entscheiden. „Wir haben bereits das Signal bekommen, dass es durchaus etwas schneller gehen kann“, so der Vereinsvorstand. In Niedersachsen sei mit der Landwirtschaftskammer immerhin eine Behörde mit dem Cannabisanbau betraut, die etwas von Landwirtschaft verstehe.

Altes Labor in Seevetal als Aufzuchtstation bezogen – viel Arbeit liegt vor dem Team

Selbst bei den Anforderungen an die Anbauimmobilie macht die Behörde strenge Vorgaben. Alle Böden und Wände müssten beispielsweise abwaschbar sein, die Zugänge durch Alarm- und Sicherheitssysteme geschützt werden, die Räume müssen über eine Entlüftung verfügen und vieles mehr. „Daher sind wir sehr froh, bereits vor einigen Monaten eine Immobilie gefunden zu haben, die all diese Vorgaben auf Anhieb erfüllt, denn hier wurde früher in einem Labor an pharmazeutischen Produkten geforscht“, so Biko Tamm aus dem CSC Nordheide. „Wir sind bereits dabei, die Räume umzubauen, damit es möglichst schnell mit dem Setzen der Cannabisstecklinge losgehen kann.“ Der Verein rechnet damit, bis zum Ende des Jahres das erste legal angebaute Cannabis aus Seevetal an die Mitglieder ausgeben zu können. Wo genau die angemieteten Flächen sind, wird aus Sicherheitsgründen nicht verraten.

Zunächst muss die Laboreinrichtung entfernt und die aufwendige Elektrik für die Beleuchtung und die Bewässerungsanlagen der Pflanzenaufzucht errichtet werden. Auf 540 Quadratmetern soll dann die Hanfproduktion starten. „In zwei Räumen werden wir jeweils etwa 200 Pflanzen zum Blühen bringen“, so Grospitz. Erst nach der Blüte seien die Pflanzen erntereif und brächten jeweils abhängig von der Sorte einen Ertrag von 300 bis 700 Gramm Marihuana. Um die Erntereife zu erlangen, braucht eine Hanfpflanze etwa zwei Monate, danach dauert das Trocknen der Blüten noch einmal rund vierzehn Tage, erst danach ist eine Abgabe möglich.

 Cannabispflanzen (ca. 4 Wochen alt) in ihrer Wachstumsphase unter künstlicher Beleuchtung in einem Privatraum.
Cannabispflanzen (ca. 4 Wochen alt) in ihrer Wachstumsphase unter künstlicher Beleuchtung in einem Privatraum. © DPA Images | Christian Charisius

Andere Räume sind für die Anzucht der Setzlinge und die Verarbeitung vorgesehen. Damit würde es dem Verein gelingen die maximal 500 Clubmitglieder mit der vollen Monatsmenge von höchstens 50 Gramm pro Person versorgen können. „Wir kalkulieren eine etwas größere Menge, da wir auch Haschischprodukte anbieten wollen, dafür braucht man etwa zehnmal so viele Blüten wie für Marihuana. Aber alles im gesetzlichen Rahmen, versteht sich“, erklärt Nils Matthiesen der beim CSC Nordheide mit dem Anbau betraut und für die Auswahl der Pflanzen zuständig ist. Abfall werde dabei nicht anfallen, der Kifferclub setzt auf ein rein organisches System, dass sich selbst erhält. Pflanzenreste werden gehexelt und einfach wieder in die Pflanzenerde eingebracht.

Abgabestellen in Harburg und Buchholz geplant. Räuzme müssen Vorgaben erfüllen

Aktuell sucht der Cannabis Social Club Nordheide nach passenden Ausgabestellen in Harburg und Buchholz. „Zunächst hatten wir als Basis nur Buchholz geplant, da aber viele Mitglieder aus Harburg kommen, werden wir auch dort unser Cannabis abgeben“, sagt Vorstand Joel Grospitz. Auch hier gelten strenge Vorschriften, so muss es beispielsweise ein vom Abgaberaum getrenntes und verschließbares Lager geben.

Maximal 50 Gramm pro Monat und Mitglied

Aktuell hat der Buchholzer Verein rund 100 Mitglieder, viele weitere stehen auf der Warteliste, maximal 500 dürfen es werden. Das liege vor allem daran, dass wir einen Aufnahmebeitrag von 300 Euro festgelegt haben, so Grospitz, dies sei gerechter als ein monatlicher Mitgliedsbeitrag, führe aber auch dazu, dass Interessierte zurückhaltender seien. Der Verein finanziere sich später durch die Abgabe des Marihuanas an die Mitglieder. Jedes Mitglied muss im Vorfeld angeben, wie viel Gramm es beziehen möchte. Mindestens zehn Gramm Cannabis muss jedes Mitglied pro Monat verpflichtend abnehmen.

Alle drei Monate kann die Menge dann in Fünf-Gramm-Schritten bis auf maximal 50 Gramm erhöht werden oder monatlich in Grammschritten verringert werden. Abgegeben wird gegen eine monatliche Pauschale, die jedes Mitglied nach der bestellten Menge bezahlt. Dieser Preis sei nach einer intensiven Kostenkalkulation festgelegt worden. „Wahrscheinlich werden wir das Marihuana vorher verpacken, um keine Fehler zu machen und eine reibungslose Ausgabe zuorganisieren“, erläutert Joel Grospitz den Plan. Die Abgabe muss dabei genauestens dokumentiert werden. „Zudem müssen wir laut Gesetz kostendeckend arbeiten und dürfen keine Rücklagen bilden“, sagt der CSC-Vorsitzende.

Schwarzmarkt soll zurückgedrängt werden. Entspannung seit Legalisierung

„Wir sind zuversichtlich, dass es mit den nichtkommerziellen und gemeinschaftlich organisierten Anbauvereinen gelingt den Schwarzmarkt zurückzudrängen. Experten gehen von rund 30 Prozent aus“, sagt Joel Grospitz. Die anfängliche Skepsis an das Gesetz, sei mittlerweile eher Zuversicht und Erleichterung gewichen. „Letztens bin ich einfach mal nach 22 Uhr mit einem Joint durch die Innenstadt von Buchholz gegangen und das endlich ohne das Gefühl, hinter jedem Busch könnte die Polizei lauern“, sagt der Vorstand . „Das fühlt sich extrem gut und erleichternd an“.

Mehr zum Thema

Die Entkriminalisierung sei längst überfällig gewesen und Sorgen über mehr Kiffer oder einen erleichterten Zugang zum Gras müsse man sich nicht wirklich machen. „Viel mehr, kann durch den legalen Anbau sichergestellt werden, dass die Inhaltsstoffe weniger schädlich und natürlicher sein werden als auf dem Schwarzmarkt und der Handel nicht dem kommerziellen Antrieb folgt“, meint Joel Grospitz.

Zum einen dürfen die Clubs nur Marihuana an Menschen ausgeben, die versichern, bereits Cannabis konsumiert zu haben. Die Ausgabe darf darüber hinaus nicht an Personen unter 18 Jahren erfolgen. „Dafür werden wir Eingangskontrollen an den Abgabestellen durchführen“, erklärt Grospitz, die Ausgabestellen müssen zudem gegen neugierige Blicke geschützt werden. Konsumenten bis zum 21. Lebensjahr dürfen außerdem maximal 30 Gramm pro Monat mit weniger als zehn Prozent THC-Gehalt kaufen.