Harburg. Kreativwirtschaftler der Zinnwerke wollen bei Entwicklung mitreden. Grüne fordern Transparenz. Es geht um 120 Arbeitsplätze.

Wie geht es weiter mit dem Wilhelmsburger „Kulturkanal“ an den Ufern des Veringkanals, und wie geht es weiter mit den „Zinnwerken“, die ein wichtiger Teil der Kulturkanalszene sind? 2019 sollte der Startschuss für die Weiterentwicklung des Kulturkanals fallen, aber dann gab es drei Organisationspannen, zwei Wahlkämpfe und eine Pandemie.

Jetzt könnte es weitergehen und die Kreativwirtschaftler aus den „Zinnwerken“ möchten den Prozess mitgestalten – nicht, weil sie zu wenig zu tun hätten, sondern weil sie befürchten, sonst unter die Räder zu geraten. Unterstützung erhalten sie dabei von Grünen-Abgeordneten in Bezirksversammlung und Bürgerschaft.

Im Verein Zinnwerke sind mehr als drei Dutzend Firmen zusammengeschlossen

Der Verein „Zinnwerke“ ist ein Zusammenschluss von vielen sehr verschiedenen Soloselbstständigen und Kleinbetrieben aus der Kreativwirtschaft, die sich hier alle Büros, Werkstätten oder auch nur einen Schreibtisch im einstigen Verwaltungsgebäude sowie der Elektrolysehalle der ehemaligen Zinnhütte am Veringkanal gemietet haben. Journalisten, Designer, Filmemacher, Künstler, Tüftler und Theaterleute arbeiten hier meist neben- und manchmal miteinander.

Über Drei Dutzend Firmen mit zusammen 81 Arbeitsplätzen – darunter sieben Ausbildungsplätze – sind im Verein zusammengeschlossen, dazu kommen noch die Arbeitsplätze beim Beschäftigungsträger „Zinnbuch“, der hier eine Halle für Second-Hand-Literatur-Logistik gemietet hat. Sonja Lattwesen, Abgeordnete der Grünen in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte, schätzt die Gesamtzahl der Arbeitsplätze in den Zinnwerken auf knapp über 120. „All diese Firmen haben sich in der Krise als überaus widerstandsfähig erwiesen und sind teilweise sogar gewachsen“, freut sich die Bezirksabgeordnete. „Es gilt, diesen Standort zu sichern.“

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Eva Ritter-Steindorf, eine der Vereins-Sprecherinnen, erklärt, warum der „Zinnwerke e.V.“ ein Mitspracherecht fordert: „Hier befindet sich ein ganzes Stück Veringkanal-Ufer, das im Rahmen des Kulturkanal-Projekts weiterentwickelt werden soll. Die Stadt vermarktet es über die Hamburg Invest GmbH und wir fürchten, dass wir weichen müssen, wenn ein Investor unser Gelände und unsere Gebäude haben möchte.“

Gesucht werden Unternehmen, die auch in das kreative Quartier passen

Hauptsächlich geht es bei der Erweiterung um Flächen südlich des jetzigen „Zinnwerke“-Geländes, die einst ebenfalls zur Zinnhütte gehörten, eine große Halle, die lange einen Discounter beherbergte und Flächen, die derzeit von Kfz-Händlern und -Handwerkern belegt sind. Der Verein „Zinnwerke“ hatte dafür schon selbst Investoren gesucht und gefunden, die ins neue Bild des alten Quartiers passen würden: Einen Kinobetreiber sowie ein Gemeinschaftsprojekt einer Harburger Edelbrauerei und eines Hamburger Kult-Cola-Herstellers. Es sollte Gespräche mit dem Bezirksamt und der SPD-Bürgerschaftsfraktion geben – möglichst vor den aufeinander folgenden Wahlen zu Bezirksversammlung und Bürgerschaft. Mehrere Einladungspannen verhinderten rechtzeitige Gespräche jedoch und auf die Wahlen folgte Corona.      

Jetzt, wo es aussieht, als könne es weitergehen, wollen die Grünen der SPD in Sachen Zinnwerke den Ball abjagen und nutzen den Moment: Ab Montag ist Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) ein Vierteljahr beurlaubt, weil er für den Bundestag kandidiert. Gewinnt er den Wahlkreis Mitte (ohne Wilhelmsburg), bleibt sein Posten noch länger vakant und die Bühne frei für andere Akteure.  „An Orten, wie dem Kulturkanal in Wilhelmsburg definieren sich unsere Stadtteile“, sagt die Grünen-Bürgerschaftsfraktionsvorsitzende Jennifer Jasberg. „Wir wissen alle, dass Stadtteilkultur sich am besten von unten entwickelt. Die Weiterentwicklung des Kulturkanals kann nur mit breiter Beteiligung, klarem Ziel und großer Transparenz gelingen!“

Weiterentwicklung des Kulturkanals gelingt nur mit Initiative von unten

Wichtig ist den Grünen, dass sich an dieser Stelle, die eine Pufferzone zwischen Wohnbebauung im Osten und Hafen- und Industriegebiet im Westen ist, kein Gewerbe ansiedeln kann, von dem starke Lärm- oder Geruchsbelastungen ausgehen. Die Zinnwerke wünschen sich das noch etwas präziser. „Zunächst wollen wir natürlich bleiben können“, sagt Designerin Annette Schmid, ebenfalls Vereinssprecherin, „aber wir wünschen uns natürlich auch Nachbarn, die ein bisschen so sind, wie wir.“

„Die Zinnwerke zeigen seit Jahren, wie Arbeiten im und mit dem Stadtteil funktioniert“, sagt der Wilhelmsburger Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Gerrit Fuß. „Sie warten bereits lange auf den nächsten Schritt. Jetzt muss aus den Konzepten Realität werden.“