Heimfeld. Ernüchterung bei Hockeyfrauen der TG Heimfeld: Kurz vor den ersten Zweitligaspielen 2021 plädiert eine Task Force für Saisonabbruch.

Dennis Sievert ist müde. Mehr als ein Jahr Corona hat Spuren hinterlassen beim hauptamtlichen Hockeytrainer der Tennisgesellschaft (TG) Heimfeld, emotional wie physisch. Sievert trainiert nicht nur die erste Damenmannschaft in der 2. Bundesliga und mehrere Nachwuchsteams, er koordiniert auch den gesamten Hockeybetrieb in der 400 Mitglieder starken Abteilung und ist Honorartrainer an der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg. All das will unter den bekannt schwierigen Rahmenbedingungen organisiert werden. „Es gilt, alle Beteiligten bei Laune und die Jugendlichen bei der Stange zu halten“, sagt der 33-Jährige. „Irgendwann sind auch die motiviertesten Spielerinnen und Spieler genervt, nur per Zoom-Meeting trainieren zu können.“

Corona-Schnelltests vor jedem Training und jedem Testspiel

Als sich Heimfelds Hockeydamen am 1. März zum ersten Training trafen, war der Kunstrasen am Waldschlößchen von leichtem Schnee und Hagel überzogen.
Als sich Heimfelds Hockeydamen am 1. März zum ersten Training trafen, war der Kunstrasen am Waldschlößchen von leichtem Schnee und Hagel überzogen. © TG Heimfeld | TG Heimfeld

Da tat es in den vergangenen Wochen richtig gut, mit der ersten Damenmannschaft auf den Hockeyplatz zurückkehren zu dürfen – ein wenig Normalität. Das Team spielt in der 2. Bundesliga, gilt als Leistungsmannschaft im profinahen Bereich und darf aufgrund einer Sonderverordnung trainieren und spielen. „Wir haben enormen Aufwand betrieben, um uns so gut wie irgend möglich vor dem Coronavirus zu schützen“, berichtet Sievert. Zweimal pro Woche hätten alle Spielerinnen einen PCR-Test absolviert, dazu vor jedem Training und jedem Testspiel Schnelltests. Drei Trainingseinheiten pro Woche hat die Mannschaft auf dem Zettel, dazu bestritt sie im März und April insgesamt 14 Vorbereitungsspiele gegen drei Ligakonkurrenten aus der 2. Bundesliga, den Hamburger Polo-Club, Klipper THC und den Bremer HC.

„Wir haben eine super Vorbereitung gespielt und uns richtig gut entwickelt“, ist der Trainer zufrieden. Leider hatten die Heimfelderinnen im Herbst 2020 aufgrund ihrer Abschlussschwäche einige Punkte liegen lassen und wurden für die dritte Halbserie der 2. Bundesliga Nord in die Abstiegsrunde eingestuft. Der Abstiegsplatz war aber meilenweit entfernt. Das erste Pflichtspiel am letzten April-Wochenende wurde auf Bitten der Gäste von Blau-Weiß Köln verlegt. In Köln herrschten seinerzeit deutlich höhere Inzidenzen als im Norden.

Vereine im Westen und Berlin waren gegen die Wiederaufnahme

Dennis Sievert (33) ist im sechsten Jahr Trainer der ersten Damenmannschaft.
Dennis Sievert (33) ist im sechsten Jahr Trainer der ersten Damenmannschaft. © HA | Markus Steinbrück

Die Kölnerinnen fanden es schwierig, ihrem Sport, der für die meisten Spielerinnen Hobby ist, nachzugehen, während der Rest der Bevölkerung mit nächtlichen Ausgangssperren umgehen muss. Ähnlich schätzten Vereine aus Berlin die Lage ein. In einer Vereinsumfrage des Deutschen Hockey-Bundes sprach sich allerdings eine Mehrheit für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs aus, auch wenn die Zustimmung gegenüber dem Februar-Meinungsbild bröckelte. „Auch wir waren dafür, zu spielen. Wir durften trainieren und in der ganzen Zeit hat sich bei uns niemand infiziert“, sagte Sievert.

So bereitete er sich mit seinen Spielerinnen auf das Auswärtsspiel am 1. Mai beim Klipper THC in Hamburg vor. Am Vorabend ereilte die TG Heimfeld und alle anderen Clubs die Nachricht, dass die Saison in der 2. Bundesliga der Damen und Herren abgebrochen werde. Eine vom DHB eingesetzte Task Force sprach sich einstimmig für dieses Szenario aus. Hauptgründe: die Bereitschaft der Vereine zur Fortsetzung nehme ab und der Trainings- und Spielbetrieb sei nicht in allen Regionen Deutschlands erlaubt. Am Dienstag hat die Task Force nachgelegt und einen Vorschlag unterbreitet, wie die abgebrochene Saison zu werten sei. Demnach sollen die Tabellenersten der 2. Bundesliga nach 18 Spieltagen in die Erste Liga aufsteigen (in Heimfelds Staffel der Club Raffelberg aus Duisburg). Absteiger aus der 2. Bundesliga in die Regionalligen soll es dagegen nicht geben.

Dennis Sievert fordert zeitnah eine klare Entscheidung

Über den Vorschlag müssen die Gremien des Deutschen Hockey-Bundes in den kommenden Tagen entscheiden. Gleichzeitig haben einige Vereine Einspruch eingelegt, sie machen sich für die Fortsetzung der Saison stark. Die TG Heimfeld hätte gern gespielt. „Die Corona-Situation ist vorsichtig zu bewerten und nicht an allen Standorten herrschen gleiche Voraussetzungen. Daher kann ich die Entscheidung grundsätzlich verstehen“, sagte Sievert. Allerdings ist er der Meinung, dass sie früher hätte gefällt werden müssen. „Das Hin und Her ist sehr nervig. Wir haben viel Zeit und Geld investiert. Das war alles für die Katz. Die Mädels haben die Nachricht gefasst aufgenommen. Trotzdem ist es ernüchternd.“ Sievert wünscht sich ein schnelles Ende der Hängepartie. „Wir brauchen einen klaren Cut. Wir wollen nicht auf Standby bleiben“, sagte der 33-Jährige.

Trainer braucht nach diesem Jahr dringend Urlaub

Sollte dieser „klare Cut“, sprich die DHB-Entscheidung für den Abbruch kommen, würde die TG Heimfeld die Saison in der 2. Bundesliga Nord, die ihren Anfang immerhin im September 2019 (!) genommen hatte, auf dem siebten Tabellenplatz von zehn Mannschaften abschließen. Die Spielerinnen würden dann in eine sechswöchige Pause gehen und lediglich individuell an ihrer Athletik arbeiten. Und der Trainer? Der braucht dringend Urlaub! „Ich habe jetzt ein Jahr durchgearbeitet, oft auch mehr als 40 Stunden pro Woche“, sagt Dennis Sievert, „es war das anstrengendste Jahr, das ich jemals erlebt habe.“ Am meisten wünscht er sich, in südlicher Sonne die Akkus auftanken zu können. Um Ende Juni mit frischer Energie in eine neue Vorbereitung starten zu können. Eine Vorbereitung auf eine hoffentlich ganz normale Hockeysaison.