Neugraben/Nottensdorf. Neues Angebot im Hamburger Süden: Zwei Friedhöfe ermöglichen gemeinsame Mensch-Tier-Bestattungen.

Regelmäßig geht die alte Frau zum Grab ihres Mannes. Neben seinem Namen auf dem Grabstein ist noch Platz für den ihrigen. Sie waren ein Leben lang zusammen. Zu zweit. Kinder waren ihnen nicht vergönnt. Aber sie hatten immer Katzen. Ihre Lieblinge. Nur der Tod kann sie scheiden. Im Hamburger Süden muss selbst das nicht mehr sein: Dort dürfen „Murle“ oder „Bello“ nach ihrem Ableben ab sofort neben ihren Menschen beigesetzt werden. Auf dem Heidefriedhof in Neugraben-Fischbek und im Ruhewald Nottensdorf bei Buxtehude werden neuerdings Mensch-Tier-Bestattungen durchgeführt.

 Manche Menschen lieben ihr Haustier so sehr, dass sie es auch im Tod nahe bei sich haben wollen.  Im Ruhewald Nottensdorf sind bereits seit Anfang des Jahres Mensch-Tier-Bestattungen möglich. 
Manche Menschen lieben ihr Haustier so sehr, dass sie es auch im Tod nahe bei sich haben wollen.  Im Ruhewald Nottensdorf sind bereits seit Anfang des Jahres Mensch-Tier-Bestattungen möglich.  © HA | Sabine Lepél

Der Ruhewald Nottensdorf bietet diese Bestattungsform bereits seit Januar an und war damit nach Aussage des Betreibers der erste Bestattungswald Norddeutschlands und einer der wenigen in ganz Deutschland, der Interessenten die Möglichkeit einer Mensch-Tier-Bestattung anbietet. „Der Wunsch nach dieser Bestattungsform wurde an die Verwaltung des Ruhewaldes durch Besucher und Freunde des Waldes herangetragen und gern aufgenommen und umgesetzt“, sagt Amélie von Düring-Ulmenstein, die mit ihrem Mann Benedikt von Düring Freiherr von Ulmenstein den Ruhewald führt. Die Familie von Düring ist seit dem Jahre 1502 in Horneburg ansässig und bewirtschaftet seither die Waldflächen in der Umgebung, so auch den Nottensdorfer Forst, in dem der Ruhewald liegt.

In Nottensdorf: Prominentes Beispiel von grenzenloser Tierliebe über den Tod hinaus

Dort befindet sich seit fast 100 Jahren ein prominentes Beispiel von grenzenloser Tierliebe über den Tod hinaus: Das Grabmal für den 1932 verstorbenen Hamburger Mediziner Hans Much, auf dem sich auch Grabsteine für die vier geliebten Pekinesen des bedeutenden Professors befinden. „Ob die Hunde hier tatsächlich begraben wurden, könnten aber nur meine Vorfahren sicher sagen“, so Amélie von Düring-Ulmenstein.

Amélie von Düring-Ulmenstein betreibt den Nottensdorfer Ruhewald gemeinsam mit ihrem Mann.
Amélie von Düring-Ulmenstein betreibt den Nottensdorfer Ruhewald gemeinsam mit ihrem Mann. © HA | Sabine Lepél

Dennoch zeigt das Much-Grab oder auch die Gruft, die Preußenkönig Friedrich der Große für sich neben den Gräbern seiner Hunde errichten ließ, dass Tierliebe über den Tod hinaus gehen kann. Historische Belege für ein Miteinander von Mensch und Tier auch im Tode gibt es viele. Bereits in der Zeit, als altsteinzeitliche Jäger und Sammler zu Bauern wurden, entwickelte sich ein Mensch-Tier-Totenkult.

Tiere können auch schon zu Lebzeiten des Grabinhabers beigesetzt werden

„Vielen Menschen liegt ihr Haustier besonders am Herzen und sie möchten es auch nach dem Tod in ihrer Nähe wissen“, sagt Dennis Imhäuser, Sprecher des Bezirksamts Harburg, zu dem auch der Heidefriedhof im Stadtteil Neugraben-Fischbek gehört. Dort gibt es ab sofort ebenfalls die Möglichkeit, das geliebte Haustier mit im eigenen Grab beisetzen zu lassen. Die Haustiere gelten als Grabbeigabe und werden in einer Urne beigesetzt. Sie können auch schon zu Lebzeiten des Grabinhabers beigesetzt werden, teilt das Bezirksamt mit. Das dafür vorgesehene Grabfeld in Rasenlage befinde sich auf einer Anhöhe mit Blick ins Tal und werde durch Mitarbeiter des Friedhofes gepflegt. Auch in Harburg kam die Anregung für das ungewöhnliche Bestattungsangebot von außen: „Die Friedhofsverwaltung hatten Anfragen aus der Bevölkerung erreicht. Daraufhin wurde Kontakt mit Bestattungsunternehmen aufgenommen und vergleichbare Angebote betrachtet, um zu prüfen, inwieweit ein Angebot umgesetzt werden kann“, so Imhäuser.

„Bei der Mensch-Tier-Bestattung in unserem Ruhewald macht es keinen Unterschied, ob es sich um die Asche eines Großtieres, etwa die eines Pferdes, oder um die Asche eines kleineren Haustieres handelt“, sagt Amélie von Düring-Ulmenstein. Auch in Nottensdorf ist der Mensch-Tier-Bestattung eine extra dafür bestimmte Fläche vorbehalten. Die Bestattung des Haustieres kann gleichzeitig oder nachträglich erfolgen. Eine Beisetzung des tierischen Weggefährten im Voraus ist nicht möglich. Tierurnen dürfen jedoch auf unbestimmte Zeit durch die Besitzer aufbewahrt werden.

Bürgschaft hatte die gemeinsame Beilegung von Mensch und Tier bereits 2019 erlaubt

Bevor Mensch und Tier auf dafür vorgesehenen Anlagen gemeinsam ihre letzte Ruhe finden können, muss die Politik vor Ort einen entsprechenden Beschluss erlassen. Die Hamburgische Bürgschaft hatte die gemeinsame Beilegung von Mensch und Tier bereits 2019 erlaubt. Und auch das Anliegen der Betreiber des Nottensdorfer Ruhewalds wurde vom Horneburger Rat 2021 positiv beschieden. Bei dem privat geführten Unternehmen ging die Umsetzung allerdings etwas schneller.

Friedhofsgärtner Michael Kaiser von
Friedhofsgärtner Michael Kaiser von "Blumen Kaiser" begrüßt die neue Bestattungsform. © HA | Sabine Lepél

In Deutschland gibt es rund 150 reine Tierfriedhöfe. Mensch-Tier-Bestattungen sind dagegen bislang nur in einigen wenigen Kommunen möglich. Laut bundesweiter Gesetzgebung sind Friedhöfe lediglich für Menschen da. Tiere können jedoch – wie auch nach dem Hamburger Beschluss – als „Grabbeigabe“ angesehen werden, was die gemeinsame Bestattung ermöglicht. Mensch-Tier-Bestattungen dürfen in Deutschland nur als Asche-Beisetzungen erfolgen, also in Urnen. Dagegen ist auf einem reinen Tierfriedhof die Bestattung des Tieres je nach Friedhof per Sarg oder Urne möglich.

Vielen „klassischen“ Friedhöfen droht inzwischen selbst der Tod

Hinter dem neuen Angebot steckt auch die Suche von Unternehmen im Bestattungsbereich nach neuen Betätigungsfeldern, denn vielen „klassischen“ Friedhöfen droht inzwischen selbst der Tod. Die Leerflächen werden immer größer, weil viele Menschen die dort angebotenen herkömmlichen Bestattungsformen mit ihren teils strengen Vorschriften als überholt empfinden und außerdem als zu teuer. Friedhofsbetreiber sind einem zunehmenden Kostendruck ausgesetzt.

In dieser Situation sind Tierfriedhöfe oder Mensch-Tier-Bestattungen eine Möglichkeit, das Portfolio zu erweitern und neue „Kunden“ zu gewinnen. „Ich habe der Friedhofsverwaltung schon vor mehreren Jahren vorgeschlagen, auf dem Heidefriedhof eine Fläche zum Tierfriedhof zu machen“, sagt Michael Kaiser, Betreiber der Friedhofsgärtnerei „Blumen Kaiser“ direkt am Heidefriedhof am Falkenbergsweg. Die Erinnerungskultur habe sich verändert und im Hamburger Süden fehle ein solches Angebot, so Kaiser: „Unser schöner Friedhof wird immer leerer.

„Man muss mit der Zeit gehen und Alternativen anbieten.“

Da muss man sich etwas einfallen lassen.“ Er begrüßt deshalb die neue Möglichkeit der gemeinsamen Bestattung von Mensch und Tier: „Man muss mit der Zeit gehen und Alternativen anbieten. Und viele Menschen machen ja für ihre Tiere einfach alles.“ Die Kosten für eine solche Bestattung liegen im Bezirk Harburg bei 1400 Euro für 25 Jahre – wie bei einer gewöhnlichen „Urnenwahlgrabstätte in Standardqualität“. Lediglich die Gebühren für die Beisetzungen unterscheiden sich: Für die Beisetzung einer Urne beträgt sie 270 Euro und für die Grabbeigabe einer Haustierurne 190 Euro. Der Preis für die Mensch-Tier-Bestattung im Ruhewald Nottensdorf beginnt bei 220 Euro je biologisch abbaubarer Tierurne und richtet sich nach der Größe der Urne.