Marmstorf. Marmstorfer Reetdach-Gasthaus wird nach kurzer Pause von Ejup Fetahu weitergeführt. Die Stammgäste nennen ihn „Jupi“

Er ist die rechte Hand der Chefin und Eigentümerin des Eichenhofs, Hannelore Gögel – jetzt wird er selbst die Regie übernehmen: Ejup Fetahu wird die Gaststätte weiterführen, weil Gögel sich ins Privatleben zurückziehen will. Sie denkt mit etwas Wehmut an ihren letzten Arbeitstag als Wirtin am kommenden Sonnabend und freut sich gleichzeitig, dass ihr Restaurant zukünftig bleiben wird, wie es ist. Und dass sie einen Pächter bekommt, dem sie voll vertraut.

„Meine Chefin hat in den vergangenen Jahren alles richtig entschieden, warum sollte ich jetzt etwas ändern?“, antwortet Fetahu auf die Frage nach neuen Konzepten für die Speisekarte oder Inneneinrichtung. Gögel ergänzt: „Bei uns ist es immer voll, da wird am besten gar nichts geändert.“ Natürlich wird „Hanne“ ihren Gästen und dem rund zehnköpfigen Team fehlen, schließlich hat die 58-Jährige den Gasthof vor 30 Jahren von ihren Eltern übernommen und war immer an Bord, jeden Tag von früh bis spät. Aber auch Fetahu, den alle nur „Jupi“ nennen, hat sich längst in die Herzen der Stammgäste gekellnert. „Die Leute sind wirklich froh, dass alles so bleibt“, sagt der Nachfolger.

„Für mich kam nichts anderes als der Eichenhof in Frage“, sagt der Harburger

Vor 33 Jahren kam Ejup Fetahu aus dem Kosovo nach Deutschland und lebt seitdem im Bezirk Harburg. „Ich war die ganze Zeit in der Gastronomie tätig“, sagt der ausgebildete Restaurantfachmann. Zehn Jahre lang hatte er mit seiner Frau Merita und Bruder Isa das Hotel-Restaurant „Bei Musa“ in Neugraben geführt. Es hatte 80 Sitzplätze, zwölf Zimmer und ein Apartment (heute: Neugrabener Hof). Seit neun Jahren arbeitet der 52-Jährige bereits im Eichenhof an der Bremer Straße. Als sich abzeichnete, dass Hannelore Gögel das Restaurant nun nicht mehr selbst führen, sondern verpachten möchte (wir berichteten), war für Fetahu klar, dass er dennoch bleibt: „Für mich kam nichts anderes als der Eichenhof in Frage. Wenn ich hier nicht mehr hätte weiterarbeiten können, hätte ich den Beruf gewechselt und etwas ganz anderes gemacht.“

Im Laufe des Januars fiel die Entscheidung, dass Ejup Fetahu den Eichenhof pachten wird. Es braucht nun ein bisschen Zeit, um die mit einem Betreiberwechsel verbundenen Formalien zu erfüllen. Hinzu kommen kleinere Renovierungsarbeiten. Doch Anfang März möchte Fetahu „seinen“ Eichenhof wieder eröffnen – immerhin entfällt die Einarbeitungszeit. Kein einziges kosovarisches Gericht soll dann die Speisepalette ergänzen. „Es bleibt alles deutsch“, sagt der angehende Chef. Er wird das Personal komplett übernehmen, also auch die Koch-Crew. So werden die Gäste nicht auf „Lieselottes Sauerfleisch“, Rinderleber oder Matjes „Hausfrauen-Art“ verzichten müssen. Viele von ihnen kommen recht häufig, etwa zum Mittagstisch. „Am Abend haben wir viele Gruppen, die sich regelmäßig bei uns zum Stammtisch treffen“, sagt Gögel.

Für die vielen Stammgäste soll der Übergang möglichst nahtlos erfolgen. Sie werden sogar noch einen Restaurant-Öffnungstag hinzu bekommen: Derzeit hat der Eichenhof von Sonntag bis Dienstag Ruhetage. Fetahu will sie auf Sonntag/Montag reduzieren und zusätzlich am Dienstag für seine Gäste da sein.

Nach 40 Berufsjahren freut sich die Wirtin auf ein stressfreieres Leben

Was neben dem Restaurantbetrieb noch so alles auf ihn zukommt, weiß er durch seine Management-Erfahrung aus der Zeit „Bei Musa“. Immerhin werden heute, anders als Anfang der 2000er-Jahre, fast alle Bestell- und Bezahlvorgänge online erledigt, sagt er. Das sei deutlich bequemer. Auch die Waren werden angeliefert – „früher musste ich morgens erst einmal Einkaufen fahren“. Dennoch sagt er: „Wenn ich 80 Prozent der Arbeit schaffe, die meine Chefin geleistet hat, dann bin ich voll zufrieden.“ Der Gastwirtin wird nachgesagt, dass sie für drei Kräfte gearbeitet hat. Dann wären 80 Prozent also mindestens ein doppelter Arbeitseinsatz von Fetahu, der Vater einer Tochter (20) und eines Sohnes (17) ist.

Hannelore Gögel schließt am 11. Februar ihren Eichenhof an der Bremer Straße. Auch ihr Mann Alfred geht vorzeitig in den Ruhestand.
Hannelore Gögel schließt am 11. Februar ihren Eichenhof an der Bremer Straße. Auch ihr Mann Alfred geht vorzeitig in den Ruhestand. © Hillmer/HA | Angelika Hillmer

Hannelore Gögel wurde der übervolle Fulltime-Job allmählich zu viel. Zusammen mit ihrem Mann Alfred wird sie sich nun an der Ostseeküste niederlassen, aber ihre Wohnung im Dachgeschoss des Eichenhofes vorläufig behalten. Alfred Gögel betreibt eine Zimmerei in Rönneburg und wird auch sie im März schließen.

Nach 40 Berufsjahren in der Gastronomie freut sich die Wirtin jetzt auf ein stressfreieres Leben, „den Kopf frei zu bekommen, zu entschleunigen“. In Cismar bei Grömitz hat sich das Paar vor sechs Jahren ein altes Bauernhaus gekauft und kernsaniert. Wie der Eichenhof ebenfalls ein Reetdachhaus.

Ejup Fetahu und Hannelore Gögel sind ein eingespieltes Team

Auch möchte sie mehr Zeit für ihre Familie haben, vor allem für die beiden kleinen Enkeltöchter in Itzehoe. Tochter Sarah führt dort mit ihrem Mann einen landwirtschaftlichen Betrieb. Gögels andere Tochter, Lina, ist gelernte Köchin und hatte die vergangenen zehn Jahre die Küche des Eichenhofs gemanagt. „Das hat mir viel Arbeit abgenommen, doch sie hat sich inzwischen beruflich verändert“, sagt die scheidende Gastwirtin.

Noch sind Ejup Fetahu und Hannelore Gögel ein eingespieltes Team. Sie besprechen kurz vor dem drittletzten gemeinsamen Öffnungstag, was zu tun ist. Für Außenstehende wirkt es, als könnte es ewig so weitergehen. Doch davon will die Chefin nichts wissen. Vielleicht sieht man sie ja eines Tages mal wieder hinter dem Tresen ihres Eichenhofs stehen. Ganz entspannt als freiwillige Helferin.