Seit 1755 im Familienbesitz: Hannelore Gögel schließt das Restaurant und zieht nach Grömitz. So geht es mit der Gaststätte weiter.
- Wirte schließen Reetdach-Traditionslokal Eichenhof in Harburg
- Paar will mehr Zeit für die Familie haben
- Neuer Pächter für den Eichenhof gesucht
Sie verbrachte einen Gutteil ihrer Kindheit im Eichenhof, im Restaurant ihrer Eltern Lieselotte und Günter Kämpfer an der Bremer Straße. Nach 30 Jahren, in denen Hannelore Gögel die beliebte Gaststätte in Eigenregie führte, soll nun Schluss sein. „Wir werden am 11. Februar um 16 Uhr endgültig schließen“, kündigt die Wirtin an. Zusammen mit ihrem Mann Alfred möchte die 58-Jährige mehr Zeit für sich und ihre Familie haben, vor allem für die Enkeltöchter in Itzehoe, ein und vier Jahre alt. Das Reetdachhaus in Marmstorf mit mehreren Wohnungen im Dachgeschoss will sie behalten, die Gaststätte verpachten.
Weder die Pandemie noch sonstige Krisen hätten zu diesem Entschluss geführt, betont Gögel. Dem Gasthof gehe es gut. Aber nach 40 Berufsjahren in der Gastronomie – inklusive drei Ausbildungsjahren im Hotel Intercontinental zur Restaurantleiterin – freue sie sich jetzt auf ein stressfreieres Leben. „Ich möchte den Kopf frei bekommen, entschleunigen“, sagt sie. „Mit 30 oder 40 kann man den Stress besser vertragen als mit 60“, ergänzt ihr Mann. Er wird seine Zimmerei in Rönneburg zum 31. März aufgeben.
In Cismar bei Grömitz hat sich das Paar ein Bauernhaus gekauft und kernsaniert
Entschleunigt wird dann an der Ostsee. In Cismar bei Grömitz hat sich das Paar vor sechs Jahren ein Bauernhaus gekauft und kernsaniert. Ebenfalls ein Reetdachhaus. Alfred Gögel ist schon als Zweijähriger mit seinen Eltern nach Grömitz in den Urlaub gefahren. Er liebt die Gegend und hat seine „Hanne“ angesteckt. Mit ihrer Wohnung im Eichenhof wollen die beiden Harburger aber einen Anker in Marmstorf belassen.
Um etwas mehr private Zeit zu haben, hatte die Wirtin vor einem Jahr die Öffnungszeiten von fünf auf vier Tage reduziert. Von Sonntag bis Dienstag bleiben die Türen geschlossen, von Mittwoch bis Sonnabend sind sie von 11.45 bis 22 Uhr geöffnet. Aber auch die Ruhetage verdienen diese Bezeichnung nicht. Mindestens einer wird zum Arbeitstag, um Buchhaltung und Lohnabrechnung zu erledigen, Bestellungen abzuschicken, E-Mails zu beantworten, Menü-Vorschläge für Familienfeiern zu erstellen. Für diese Büroarbeit bleibt an Öffnungstagen keine Zeit.
Gögels langer Arbeitstag beginnt zwischen acht und neun Uhr
Gögels Arbeitstag beginnt zwischen acht und neun Uhr. Dann steigt sie die Treppen zum Restaurant hinab, empfängt Lieferanten, spricht mit dem Reinigungspersonal, nimmt erste Reservierungen entgegen. Von 12 bis 21 Uhr gibt es warme Küche. „Meine Tochter Lina ist gelernte Köchin und hat die letzten zehn Jahre die Küche gemanagt. Das hat mir viel Arbeit abgenommen“, sagt Gögel. „Doch sie hat sich inzwischen beruflich verändert.“ Die zweite Tochter Sarah führt mit ihrem Mann einen landwirtschaftlichen Betrieb bei Itzehoe.
Stammgast fragte, ob sie etwas unternehmen wollen. Heute sind sie Ehepaar
Die Küche, das Herzstück des Restaurants, kann zu Spitzenzeiten etwa 100 Gäste fast gleichzeitig bewirten. Der Innenbereich – gestaltet in Eiche rustikal – fasst bis zu 150, die Außenterrasse im Sommer bis zu 70 Gäste. „Wenn die Terrasse voll ist, können wir nicht auch noch alle Plätze drinnen besetzen. Das ist schlichtweg nicht zu schaffen“, weiß Gögel und lobt ihr „nettes Personal“. Zehn Festangestellte hatte der Eichenhof. Zwei wurden bereits zum Jahresende entlassen, die anderen zum 1. März. Arbeitslos wird wohl niemand werden, denn überall werden Servicekräfte und Köche gesucht.
Derzeit herrscht noch reger Betrieb. Kurz vor 12 Uhr kommen die ersten Gäste, nach und nach sind selbst an einem normalen Wochentag immer mehr Tische besetzt. Die meisten kommen nicht zum ersten Mal. „Wir haben ein sehr bodenständiges Publikum, viele Stammgäste aus der Umgebung. Sie kommen aus Harburg, aber auch aus dem Landkreis“, sagt Hannelore Gögel. Schließlich liege der Eichenhof verkehrlich sehr günstig am Autobahnkreuz der A7 und A261 und hat eine Bushaltestelle direkt vor der Tür. Es kommen aber auch Spaziergänger und Wandergruppen aus dem Eißendorfer Forst, um sich im Restaurant zu stärken.
Seit 1755 ist die Hofstätte in Familienbesitz
Seit 1755 ist die Hofstätte in Familienbesitz. Bis 1972/73 war der Eichenhof ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Gaststube. Damals mussten Lieselotte und Günter Kämpfer den Hof und die Ländereien schweren Herzens an die Stadt Hamburg für den Bau der A7 verkaufen. „Ich war damals noch ein Kind, mir war das alles nicht so bewusst“, sagt die Tochter. Die Landwirtschaft haben die Eltern aufgegeben und ein reetgedecktes Fachwerkhaus bauen lassen, den heutigen Eichhof.
- Sylter Reetdachhaus: Polizei von plötzlichem Abriss überrumpelt
- Neues Mehrweg-System – so läuft es bisher in Hamburg
- Eine Brücke für Gunter Gabriel? Bezirk Harburg ist dagegen
Schon mit 15 Jahren stand Hannelore Gögel hinter dem Tresen und half ihren Eltern. „Wenn die Gäste zufrieden sind, dann ist auch meine Frau zufrieden“, sagt Alfred Gögel. „Sie ist Gastwirtin mit Leib und Seele.“ Sie habe immer nette Gäste gehabt, sagt die Wirtin, viele Freundschaften seien in all den Jahren entstanden. Einen Stammgast mochte sie besonders: „2013 hat mein heutiger Mann mich am Tresen gefragt, ob wir mal etwas zusammen unternehmen wollen“, erinnert sich Hannelore Gögel; das sei sicherlich ein Highlight in ihrer 40-jährigen Gastro-Tätigkeit gewesen.
Wer den Eichenhof pachten wird, steht noch nicht fest
Wer den Eichenhof pachten wird, steht noch nicht fest. Noch sammelt die Gastwirtin Interessenten. Es gebe schon mehrere Anwärter, sagt Gögel, aber sie habe sich noch nicht entschieden. Sie legt viel Wert darauf, dass das Konzept zum Eichenhof passt. Deshalb ist es auch möglich, dass die Gaststätte einige Monate leer steht. „Es ist keine Eile geboten“, sagt Alfred Gögel, „es kann auch erst im Sommer jemand Passendes kommen.“
In Grömitz wird es dann einen Rollentausch geben, und die Gögels werden ihrerseits zu Restaurantbesuchern. „Wir gehen sehr gerne essen“, sagen sie.