Harburg. Radwegenetz wächst in Teilstücken. Dazwischen müssen Radfahrer sich durch Lkw-Verkehr und Baustellen manövrieren.

Hamburgs Velorouten sollen den Radverkehr sicherer und attraktiver machen. Durchgängige Verbindungen in bequemer Breite, möglichst sicher und konfliktfrei abgegrenzt vom Fußgänger- und Autoverkehr sollen dafür sorgen, dass die Hamburger leichten Herzens vom Auto aufs Rad umsteigen, um alltägliche Wege zurückzulegen. Nördlich der Elbe ist das Netz dieser Routen auch schon dicht gewebt. Harburg musste lange warten.

Seit einigen Jahren wird aber auch hier im Süden gebaut. Zwei Velorouten entstehen. Die Nummer 10 führt von Hamburg-Mitte aus über den Binnenhafen nach Neugraben, die 11 zur TUHH und zum AK Harburg. Die Strecken wachsen allerdings nicht langsam von den Elbbrücken in Richtung Ziel, sondern werden stückweise gebaut, mal hier ein paar hundert Meter, mal da. Jedes Stück wird gefeiert. Fragt man einzelne Radfahrer oder den Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) gibt es zum Feiern aber noch keinen Anlass.

Zwischen den fertigen Stücken liegen Problembereiche

Zwischen den fertigen Stücken liegen Problembereiche, von denen einige ausgeklammert bleiben, bis es eine Lösung gibt, andere erst in Jahren fertiggestellt werden können. „Es gibt viele gefährliche Stellen“, moniert Frank Schmoll vom ADFC Harburg. Der jüngste Abschnitt ist ein Teil der Veloroute 10 im Binnenhafen, zwischen dem östlichen Bahnhofskanal und der Seehafenstraße. Bei Eröffnung im September nannte jemand das 800 Meter lange Stück „Hamburgs sichersten Radweg“. Wer das Stück wirklich kennt, widerspricht allerdings: Zwar ist der Zweirichtungsradweg im „Radschnellwegestandard“ gebaut und deshalb sogar noch breiter als eine normale Veloroute – zudem ist er baulich von der Fahrbahn getrennt, doch sicher fühlen sich Radfahrer hier nicht.

28 längliche Betonpoller sollen den Radverkehr vor dem LKW und PKW Verkehr auf Höhe der Harburger Schloßstraße schützen. Diese Poller trugen der Veloroute 10 den Beinamen „Hamburgs sicherster Radweg“ ein.
28 längliche Betonpoller sollen den Radverkehr vor dem LKW und PKW Verkehr auf Höhe der Harburger Schloßstraße schützen. Diese Poller trugen der Veloroute 10 den Beinamen „Hamburgs sicherster Radweg“ ein. © Lenthe | Andre Lenthe Fotografie

Von der Elbbrücke kommend müssen Radfahrer auf einer beliebten Lkw-Strecke im Verkehr mitschwimmen, bis sie hinter der Kanalbrücke die neue Veloroute erreichen. Wer in Richtung Elbbrücken radelt, muss schon 100 Meter vor der Kanalbrücke. die breite Veloroute verlassen, die Straßenseite wechseln und auf der Fahrbahn weiterfahren. Der Hinweis darauf ist vorhanden, aber verwirrend und widersprüchlich, kritisiert Binnenhafen-Radfahrer Günther Siemers. Wer die wenig wahrnehmbare Anweisung allerdings missachtet, riskiert erstens eine Ordnungswidrigkeitsstrafe und zweitens sein Leben: Auf der Kanalbrücke endet der Radweg unvermittelt. Wer hier in Richtung Westen weiterradelt, befindet sich als Geisterfahrer auf der Auto-Fahrbahn.

Das soll nicht so bleiben. Letztendlich sollen hier zwei Kreisverkehre an der Nartenstraße und an der Harburger Schloßstraße, sowie der Ausbau der Strecke bis zur Elbbrücke, für sichere Fahrt sorgen. Gebaut werden die Kreisverkehre allerdings frühestens 2024. Bis dahin wird im Binnenhafen freie Fahrt benötigt, weil am Bahnhof der „Doppelknoten“ aus fünf Hauptverkehrsstraßen saniert wird. Das Provisorium wird also lange bestehen.

Kette von 28 rot-weißen Betonpollern als Provisorium

Ein solches Provisorium ist auch die Kette von 28 rot-weißen Betonpollern, die den Radverkehr auf Höhe der Harburger Schloßstraße vor dem in die Kreuzung einfahrenden Verkehr schützen soll. Was aussieht wie eine Anti-Terror-Maßnahme und der Strecke den Beinamen „Hamburgs sicherster Radweg“ einbrachte, soll verschwinden, wenn der Kreisverkehr fertig ist. Die Blöcke sollen dann gegen Sperrpfosten ersetzt werden. Immer wieder wird die Poller-Kette auf Höhe der Kreuzung Harburger Schloßstraße geöffnet, damit Anlieger mal schnell mit dem Pkw auf die dahinterliegenden Parkplätze kommen. Manchmal blieben die schweren Betonhindernisse dann mitten auf den Radstreifen stehen, beschweren sich Radfahrer.

Am Schellerdamm schützen Sperrpfosten den Fahrradverkehr.
Am Schellerdamm schützen Sperrpfosten den Fahrradverkehr. © Lenthe | Andre Lenthe Fotografie

Ähnliches ist auch außerhalb des Hafens am am Harburger Ring zu beobachten, wo immer wieder Teile der Bauabsperrung achtlos auf die neue Fahrradspur gestellt werden, was für gefährliche Manöver sorgt. Diese Radspur endet unvermittelt in einer Bushaltestelle. „Es werden Teilstrecken fertiggestellt, obwohl ihre Anschlussstücke nicht einmal fertig geplant sind“, kritisiert ADFC-Mann Schmoll. Ob die endgültige Veloroutenführung auf dem Harburger Ring eines Tages zu dem fertigen Teil am Herbert-Wehner Platz passt, ist noch eine spannende Frage!“

Mehr Probleme, als Lösungen

Auch an anderen Stellen gibt es mehr Probleme, als Lösungen: Auf welche Weise die fertige Fahrradstraße Denickestraße eines Tages Teil der Veloroute wird, ist ebenso unklar, wie die Frage, wie die Veloroute 10 in Hausbruch die Hafenbahn kreuzt. Bis zum Bahndamm ist sie schon ausgebaut.

Auch im Binnenhafen muss die Veloroute die Bahn queren, am Ende der Neubaustrecke, unter der Seehafenbrücke. Derzeit sollen Radfahrer den Tunnel an der Schloßstraße nutzen, heißt es aus dem Bezirksamt. Einen Hinweis darauf gibt es allerdings nicht. Viele radeln deshalb im Lkw-Verkehr an auf der Seehafenstraße weiter oder missbrauchen den Fußweg. Der Tunnel wirft nämlich ein weiteres Problem auf „Da darf man eigentlich nur schieben oder Schritttempo fahren“, sagt Frank Schmoll. „Und die Polizei verteilt dort in letzter Zeit auch Strafzettel.“