Harburg. Koalition fordert schnellen Ausbau des Car-Sharing-Angebots im Bezirk. Standorte sollen an die Bahnhöfe und in Wohngebiete.

SPD und Grüne in der Harburger Bezirksversammlung fordern, dass das Car-Sharing im Bezirk gefördert und ausgebaut wird. Insbesondere in Neubaugebieten und an Bahnhöfen sollen Angebote entstehen – selbstverständlich nur mit Elektrofahrzeugen. So steht es in einem Antrag, den die Bezirksversammlung in ihrer Sitzung am Dienstagabend debattiert.

Für Car-Sharing-Anbieter scheint der Bezirk Harburg kein allzu attraktiver Markt zu sein. Je nach Sharing-Modell – standortgebunden oder „Free Floating“ – ist das Angebot dürftig bis übersichtlich. Die Geschäftsgebiete der „Free Floating“-Anbieter, also die Gebiete, innerhalb derer Kunden Fahrzeuge finden und wieder abstellen können, beschränken sich auf einige wenige Quadratkilometer in der Harburger Innenstadt. Die eigentliche Idee hinter dem „Free-Floating“-Modell, dass ein Nutzer das Auto an seinem Ausgangspunkt leiht und es am Zielpunkt wieder anderen Nutzern zur Verfügung steht, wird damit ad absurdum geführt, klagen Harburger Verkehrspolitiker; es sei denn, der Zielpunkt befindet sich nördlich der Elbe oder gar in einem noch weiter entfernten weiteren Geschäftsgebiet des Anbieters. Denkt man rein südlich der Elbe ist Free Floating in Harburg eigentlich eher ein standortgebundenes Modell mit der Harburger Innenstadt als riesigem Parkplatz.

Car-Sharing-Anbieter haben Harburg lange ausgeklammert

Die klassischen standortgebundenen Car-Sharing-Anbieter haben Harburg lange ausgeklammert. Einige sind aufgrund überregionaler Verträge mit HVV oder DB mittlerweile dennoch in Harburg aktiv. In den Neubaugebieten Vogelkamp und Heidbrook in Neugraben-Fischbek gibt es zudem derzeit noch ein Quartiers-Car-Sharing, das über das Neu Wulmstorfer Autohaus S+K läuft. Ob dies Angebot über 2022 hinaus verlängert wird, ist unklar. Es ist derzeit noch ein Verlustgeschäft. Besonders im Vogelkamp, wo die Autos im Bahnhofsparkhaus stationiert sind, kommt es häufig zu Vandalismus und Diebstahl (wir berichteten). Das verursacht nicht nur dem Betreiber hohe Kosten, sondern macht das Angebot auch für Kunden unattraktiv, da die Autos häufig wegen Reparatur und Reinigung nicht zur Verfügung stehen, oder verschmutzt sind.

Obwohl es gerade der Standort am Bahnhof Neugraben ist, der die größten Kopfschmerzen verursacht, fordern SPD und Grüne in ihrem Antrag, in jedem Park-and-Ride-Haus Car-Sharing vorzuhalten, und zwar über das HVV-switch-Angebot. Zusätzlich sollen Car-Sharing-Standorte in die Wohnquartiere. „Es nützt ja nichts.“, sagt der SPD-Verkehrsexperte Frank Wiesner. „Damit Car-Sharing eine attraktive Alternative zum privaten Autobesitz ist, müssen die Angebote in die Fläche. Sie müssen ein großes Gebiet abdecken und bequem erreichbar sein. Da bieten sich die Bahnhöfe an.“

Auch in den Wohnquartieren mehr Car-Sharing-Angebote

Außer an den Bahnhöfen sollen auch in den Wohnquartieren mehr Car-Sharing-Angebote entstehen. Bei Neubaugebieten, so fordern es die rot-grünen Verkehrspolitiker, sollen Stellplätze für Sharingdienstleister gleich mitgeplant werden und auch, wo im großen Maß nachverdichtet wird, sollen solche Stellplätze entstehen.

„So können Neubauvorhaben auch einen Mehrwert für das angrenzende Quartier bringen“, heißt es in der Antragsbegründung. Beispielsweise könnte bei den Neubauvorhaben Wilstorf 37 an der Winsener Straße ebenso ein lokales Car-Sharing-Angebot integriert werden, wie bei Projekt NF 77 am Fischbeker Heuweg. Davon würden dann auch Anwohner des Reeseberg in Wilstorf oder der Sandbeksiedlung in Fischbek profitieren. In die beiden Mobilitätskonzepte, die derzeit für Eißendorf und Heimfeld sowie Wilstorf-Reeseberg vorbereitet werden, sollen ebenfalls Sharing-Angebote eingeplant werden.

Größere Servicegebiete und Verbundangebote

„Außer einem großen Bediengebiet sind zwei weitere Faktoren wichtig“, sagt Frank Wiesner. „Die Sichtbarkeit des Angebots und seine Einheitlichkeit. Wenn man bei mehreren Diensten angemeldet sein muss, um überall in Harburg Zugriff auf Sharing-Fahrzeuge zu haben, nützt das wenig.“

Car-Sharing wird bislang nicht als öffentliches Angebot vorgehalten, sondern von Unternehmen. Größere Servicegebiete und Verbundangebote mit der Konkurrenz empfinden diese meistens nicht als attraktiv. Deshalb gelte es, so heißt es in der Begründung zum Antrag, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Das könnte etwa durch attraktive Stellflächen und Ladesäulen geschehen.