Harburg. Denkmal und Erinnerungspfad in den Harburger Bergen brauchen Pflege, aber keiner will es (mehr) machen. Nun droht der Rückbau.

Droht Harburgs kurzer Bergbaugeschichte wieder in Vergessenheit zu geraten? Derzeit steht es zumindest schlecht um das Denkmal und den Erinnerungspfad in den Harburger Bergen. Denn der bisherige Trägerverein sucht nach einer Nachfolgelösung, die gestaltet sich allerdings als sehr schwierig.

So manch ein Waldspaziergänger und Autofahrer hat sich sicherlich die Augen gerieben, wenn er am Ehestorfer Heuweg entlang kam und dort plötzlich eine Bergbau Lore stehen sah. Noch ungewöhnlicher ist die Aufschrift: „Braunkohlebergwerk Robertshall Hausbruch“ steht dort in weißen Lettern geschrieben, dazu die Jahreszahlen 1920 und 1922. Bergmännischer Kohleabbau im hohen Norden? Das passt irgendwie nicht und doch hat es ihn gegeben.

Aus unterirdischen Stollen in Hausbruch wurde Braunkohle gefördert

Zwei Jahre lang förderten Bergleute, meist angeworben aus dem Harz, in Hausbruch Braunkohle aus unterirdischen Stollen, um die Phoenix und andere Betriebe in den entbehrungsreichen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg am Leben zu erhalten. „Insgesamt wurden in den zwei Abbaujahren in Harburg 50.000 Tonnen Braunkohle gefördert, dass schafft ein moderner Schaufelradbagger heute in wenigen Stunden“, sagt Rolf Weiß, Vorsitzender des Vereins Bergwerk Robertshall. Der Abbau, der damals so dringend benötigten Kohle aus den Harburger Bergen im heutigen Grenzgebiet zwischen Hamburg und Niedersachsen war, damals schnell unwirtschaftlich. Die Zeche wurde schnell wieder geschlossen und geriet in Vergessenheit.

Vor 20 Jahren habe man damit begonnen Dokumente und Bilder der Förderanlage zusammenzutragen, viele Zeitzeugen befragt. Seit 2016 engagierte man sich in der Region, die Gründung eines eigenen Vereins scheiterte aber am mangelnden Interesse aus der Bevölkerung. Aus diesem Grund hat sich der Museumsverein im 350 Kilometer entfernten Magdeburgerforth, dem Rolf Weiß vorsteht, damals dazu entschlossen, seinen Vereinsnamen auf „Bergwerk Robertshall e.V.“ abzuändern und dort ein Denkmal zu errichten und vorzuhalten, Vorträge und Wanderungen zu organisieren.

Die Lore mit Gedenktafel und Bergbau-Erinnerungspfad in Harburg wurden im Mai 2018 neu errichtet, um dem Bergwerk Robertshall auch hier eine würdige Erinnerungsstätte zu errichten. Seitdem sind zahlreiche Wanderer verwundert zur Tafel gegangen, viele Autofahrer haben angehalten, um sich zu informieren. Zudem war die Lore mehrfach im Fernsehen zu sehen und wurde in Zeitungen abgebildet, einmal schaffte sie es sogar in die Tagesschau.

Mittlerweile sind Mitglieder und Helfer vor Ort verzogen oder stehen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung, um das Bergbau-Denkmal und den dazugehörigen Erinnerungspfad zu pflegen. Der Vereinsvorsitzende selbst plant zum Jahreswechsel einen Umzug nach Irland. „Gesucht wird daher ein gemeinnütziger Verein oder eine Kommune, die bereit wäre, diese Aufgaben zu übernehmen und zusagt, das Denkmal in einem würdigen Zustand zu erhalten“, so Weiß, der selbst gebürtiger Hausbrucher ist. „Doch wo wir auch anfragten, die Bereitschaft das Denkmal dauerhaft zu übernehmen, war nicht vorhanden. Die Kosten für die Erhaltung betragen etwa 500 Euro im Jahr“, so der Vereinsvorsitzende. Außerdem müsse die Lore und der Bergbau-Erinnerungspfad gegen Vandalismusschäden und Unfälle versichert werden.

Verein würde Denkmal in Haburg für symbolischen Euro abgeben

„Wir würden das Denkmal gern an eine entsprechende Institution für einen symbolischen Preis von einem Euro abgeben“, so Weiß und „auch unser Wissen und unser fast fertiges Miniaturmodell der Stollenanlage geben wird gerne weiter. Nur unser Archiv soll beim Verein Bergwerk Robertshall bleiben.“ Es habe dem Museumsverein viele Jahre der Arbeit gekostet und man wolle als Verein, weiter gegen das Vergessen anarbeiten, vielleicht noch ein Buch publizieren sowie Vorträge halten.

„Es wurde bereits mit der Geschichtswerkstatt Süderelbe verhandelt, deren Bedingungen jedoch bei uns keine Zustimmung fanden“, berichtet Weiß. Das Helms Museum hat, wie das Freilichtmuseum am Kiekeberg, grundsätzlich kein Interesse am Bergwerk Robertshall, da es für die Gegend um Hausbruch nicht typisch gewesen sei. „Herrenlos kann das Denkmal nicht werden“, sagt Weiß abschließend. Sollte kein passender Träger gefunden werden, bleibe dem Verein schweren Herzens nur der Rückbau der Anlage.

Folgen des Bergbaus bis heute spürbar:

  • Zwar dauerte der Abbau im „Braunkohlebergwerk Robertshall Hausbruch“ nur zwei Jahre, die Auswirkungen sind aber bis heute spürbar. Besonders bei der Sanierung des Ehestorfer Heuwegs machten sich die Hohlräume im Untergrund bemerkbar.
  • 100 Jahre lang hatten die Behörden die alten Stollen für sicher gehalten, bis es bei Bauarbeiten zu einem Tagesbruch in 2019 kam. Die Arbeiten mussten monatelang unterbrochen, der Ehestorfer Heuweg voll gesperrt werden. Im März 2022 klaffte trotz aller Probebohrungen erneut ein Loch – wieder bei Straßenarbeiten, diesmal auf niedersächsischer Seite.