Harburg. Zahlreiche Beschwerden, CDU fordert nun Abstellzonen. Harburger Bezirksversammlung befasst sich mit dem Thema
Wer in Harburg einen E-Scooter sucht, findet meistens an der nächsten Ecke einen. Von der Haake bis zum Höpen, vom Hafen bis nach Heimfeld stehen welche. Manchmal liegen sie auch da. Dass sie weit über das Stadtgebiet gestreut sind, gehört zum Verleihprinzip.
„Free Floating“ bedeutet, dass die Roller dort abgestellt werden, wo die Fahrt des letzten Nutzers aufhört und der nächste Nutzer seinen Roller in der Nähe unter einem der abgestellten Fahrzeuge aussucht. Es ist also im Sinne der Verleiher, aber nicht immer im Sinne der Allgemeinheit.
Viele abgestellte Roller versperren Wege oder engen sie ein
Denn nicht jede Ecke ist geeignet, dort ein „Elektrokleinstfahrzeug“ – so die offizielle Bezeichnung für Elektroroller – abzustellen. Viele abgestellte Roller versperren Wege oder engen sie ein. Oft nicht in böser Absicht, manchmal allerdings auch mit an Bosheit angrenzender Rücksichtslosigkeit. Die Harburger Bezirksversammlung befasst sich jetzt gleich zwei Mal mit den Rollern, die gerade nicht rollen: Die Linke will verhindern, dass sorglos entsorgte Roller die Gewässer gefährden, die CDU sorgt sich um die Gehweg-Sicherheit.
Abendblatt-Recherchen ergaben, dass die Mehrheit der Roller rücksichtsvoll abgestellt wird: längs zum Gehweg und an dessen Rand. Jedoch ist die Zahl der achtlos abgestellten Roller nicht gering. Zwei von fünf Fahrzeugen stehen nach Abendblatt-Beobachtungen problematisch. Das ist den meist jungen Nutzern allerdings wahrscheinlich nicht einmal bewusst.
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„Insbesondere Behindertenverbände berichten darüber, dass die Fahrzeuge nach Nutzung unbedacht und ungeordnet auf Fußwegen abgestellt oder niedergelegt werden“, sagt Ralf-Dieter Fischer, Fraktionsvorsitzender der CDU. „Dies führt zu Gefährdungen von Rollstuhlfahrern und Sehbehinderten.“
Seine Parteifreundin, die Vorsitzende der Seniorenunion in Harburg und Vorstandsmitglied der Behinderten-Arbeitsgemeinschaft, Birgit Przybilski, kann das nur bestätigen. „Uns erreichen viele Beschwerden über achtlos abgestellte oder abgelegte Elektroroller“, sagt sie. „Ganz besonders in der Nähe von Seniorenheimen“. Die Fahrer stellten ihre Roller beispielsweise auf Blinden-Leitstreifen ab, vielleicht weil sie gar nicht wissen, was diese Markierung bedeute. Damit würden sie zur Falle für Sehbehinderte. Zwar können geübte Sehbehinderte den Roller natürlich mit dem Stock als Hindernis erkennen. Aber sie müssen dann anhalten, einen Weg um den Roller herum ertasten und können dann erst ihren Weg fortsetzen – bis zum nächsten Roller. „Auch machen sich viele wohl nicht bewusst, wie viel Gehwegbreite ein Elektro-Rollstuhl braucht“, sagt Birgit Przybilski.
CDU-Forderung: Bezirksamt soll Abstellzonen prüfen
Die falsch abgestellten Roller nerven nicht nur Menschen mit Behinderung: „Manchmal ist es eine Katastrophe, hier durchzukommen“, sagt ein Zeitungsausträger im Phoenix-Viertel. „Mit unseren Handwagen passen wir oft nicht um die Roller herum.“
Das Bezirksamt soll, so fordert es die CDU, darstellen, wie solche Gefährdungen vermieden werden können. Insbesondere soll es prüfen, ob ausgewiesene Abstellzonen für die Roller sinnvoll wären. Außerdem will die CDU von der Verwaltung wissen, mit welchen repressiven Maßnahmen Nutzer und Verleiher dazu gebracht werden können, dass die Scooter gefahrlos abgestellt werden.
Vorbild sind Projekte in den Bezirken Altona und Mitte
Die Bezirke Altona und Mitte sind da schon weiter: Seit März gibt es im Schanzenviertel Abstellzonen, wie sie die CDU für Harburg vorschlägt. Stellen Nutzer ihre Roller außerhalb der Zone ab, läuft die Mietzeit-Uhr in der Verleih-App weiter. Dieses Vorgehen ist noch ein Pilotprojekt, aber eines, das die anderen Bezirke interessiert beobachten. Außerdem sollen in Mitte und Altona verstärkt Knöllchen an schlecht abgestellte Roller verteilt werden. Wie praktikabel das ist, muss sich noch zeigen.
Die Linke sorgt sich dagegen um E-Roller in Gewässern. Zwar sind den Linken-Abgeordneten keine konkreten Fälle bekannt, aber die Erfahrungen aus anderen Städten zeigten, dass solche Roller häufig in Flüssen Teichen, Kanälen oder Hafenbecken landen, sagt der Linken-Fraktionsvorsitzende Jörn Lohmann. „Wenn man sie rechtzeitig birgt, ist das nur ärgerlich. Bleiben sie zu lange im Wasser, sind sie aufgrund der Stoffe im Akku eine Gefahr für die Umwelt.“ Die genaue Ortung von Rollern durch die Verleiher funktioniere auch, wenn das Gerät unter Wasser liegt, so Lohmann. Deshalb sollten Behörden zusammen mit Verleihern auf die Suche nach Rollern in Gewässern gehen und sie bergen.