Hamburg. Die Innenbehörde plant, in einem leerstehendem Gebäude des Seniorenpflegeheims Eichenhöhe Flüchtlinge unterzubringen.

In einem leerstehenden Teil des Seniorenpflegeheims Eichenhöhe in Eißendorf soll nach Plänen der Hamburger Innenbehörde möglichst schon in der zweiten Januarhälfte eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber entstehen. Staatsrat Bernd Krösser informierte jetzt den Vorsitzenden der Bezirksversammlung, Jürgen Heimath (SPD), und Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen darüber. Kommende Woche sollen der Hauptausschuss und der Sozialausschuss Stellungnahmen abgeben. Grundlage ist ein Papier, das den Betreiber des Pflegeheims, den Hamburger Landesverband vom Deutschen Roten Kreuz, nach Aussagen seines Pressesprechers überrascht hat.

„Wir haben der Innenbehörde die Räumlichkeiten angeboten, weil wir aus unserer eigenen Arbeit im Bereich der Flüchtlingshilfe wissen, was es bedeutet, Menschen, die Schutz in Hamburg suchen, unterbringen zu müssen“, sagt Rainer Barthel, Sprecher des DRK Hamburg. Es sei aber noch keine Entscheidung gefallen, betont er: „Uns liegen weder ein Vertrag noch mögliche Konditionen oder andere Details vor.“

Regelkapazität von 108 Plätzen

Das „Anhörungsschreiben“ des Staatsrats an den Bezirk liest sich ganz anders. Dort ist von einer „Regelkapazität von 108 Plätzen in 38 Bewohnerzimmern“ die Rede, und weiter: „Die Verpflegung der Bewohnerinnen und Bewohner wird über die eigenen Dienstleistungen des ansässigen Betreibers DRK gewährleistet“ – Barthel hält eine Catering-Lösung für wahrscheinlicher. Nach dem Behördenpapier sind die Räumlichkeiten gut für die Unterbringung geeignet und können durch „niederschwellige Ertüchtigungs- und Ausstattungsarbeiten“ schnell einsatzbereit sein. Das Amt für Migration stehe mit dem DRK in engem Austausch und setze die Maßnahmen bereits um. Bis zum 15. Januar soll alles fertiggestellt sein.

„Das Datum ist uns neu – ich kann nicht sagen, ob das umsetzbar ist“, sagt dagegen DRK-Sprecher Barthel. Und stellt klar: „Derzeit finden in dem Gebäude keine Arbeiten statt; es ist bisher nur besichtigt worden.“ Den Bewohnern und dem Personal des Seniorenheims waren die Pläne bis gestern nicht bekannt. Nachdem das Abendblatt in der Mittwochausgabe darüber berichtet hatte, seien sie am Vormittag informiert worden, so Barthel. Erste Reaktionen seien „eher verständnisvoll“ gewesen. Aber noch sei ungewiss, ob die Unterkunft überhaupt komme.

Behörde begründet Suche nach zusätzlichen Kapazitäten mit Pandemie

Sie würde eine Zwischennutzung des dann komplett abgetrennten Gebäudetrakts darstellen. Barthel: „Vor knapp einem Jahr mussten wir unseren Pflegebereich reduzieren, weil uns das Personal fehlte. Seit dem sind die Räumlichkeiten ungenutzt. Wir planen Umbauten, um dort Seniorenwohnungen zu schaffen.“ Bis die Baugenehmigung vorliege, könne das Gebäude zur Unterbringung von Geflüchteten dienen.

Die Innenbehörde begründet ihre Suche nach zusätzlichen Kapazitäten mit den steigenden Zahlen geflüchteter Menschen in Verbindung mit Herausforderungen durch die Pandemie. Derzeit sei die Situation in den Erstaufnahmeeinrichtungen noch nicht kritisch, so Behördensprecher Daniel Schäfer, aber: „Die derzeitigen Zugangszahlen machen – vor dem Hintergrund der Pandemie – Anpassungen notwendig, um auch in den nächsten Monaten eine aufgelockerte Belegung sicherzustellen.“

Im Dezember suchten 977 Menschen Schutz

Im Dezember suchten 977 Menschen Schutz in Hamburg. Von ihnen wurden 395 auf andere Bundesländer verteilt. 582 Asylbewerber blieben in der Hansestadt; allein 247 kommen aus Afghanistan. Insgesamt lebten zum Jahreswechsel 1312 Geflüchtete in den sieben Hamburger Erstaufnahmeeinrichtungen. Eine davon liegt im Bezirk Harburg: An der Harburger Poststraße, hinter dem P&R-Haus an der Hörstener Straße, sind 180 Menschen untergebracht. Maximal kann die Unterkunft mit 382 belegt werden. Allerdings nicht zu Coronazeiten. So müssen bei Bedarf Quarantänebereiche eingerichtet werden können, Gemeinschaftsräume sind nicht nutzbar und Abstandsregeln zu beachten.

Im Eißendorfer Seniorenheim verfügen je zwei Bewohnerzimmer über ein gemeinsames Bad mit Dusche. Dies seien „gute bauliche Bedingungen für den Betrieb einer Erstaufnahme unter Pandemiebedingungen“, heißt es in dem Anhörungsschreiben. Es trägt das Datum 28.12.2021 und setzt den Bezirk mit dem geplanten Fertigstellungstermin 15. Januar unter Zeitdruck: Nach dem Bezirksverwaltungsgesetz muss die Fachbehörde vor der Standortentscheidung die betroffene Bezirksversammlung anhören und deren Stellungnahme berücksichtigen. Die Anhörungsfrist beträgt mindestens einen Monat.