Harburg. Vom Baumwall nach Harburg: Dreimaster „Loth Loriën“ und Zweimaster „J.R. Tolkien“ bleiben wohl bis April im Harburger Hafen.
Der Binnenhafen ist um zwei Schmuckstücke reicher: Die Großsegler „Loth Loriën“ und „J.R. Tolkien“ haben im Harburger Hafen festgemacht und wollen hier überwintern. Die Eigner Jaap und Anna van der Rest wurden im Dezember aus dem City Sportboothafen vertrieben. Dort hatten sie die Schiffe als schwimmende Hotels genutzt, um während der Winterpause Einkünfte zu generieren.
„Doch seit dem 15. Dezember durften wir keine Gäste mehr beherbergen“, sagt Jaap van der Rest. „Angeblich aus Sicherheitsgründen. Ohne diese Einnahmen ist der teure Liegeplatz mitten in der City nicht bezahlbar.“
Schiffe Hamburg: Großsegler könnten Publikum anziehen
Seit Jahren überwintern die beiden imposanten Segler in Hamburg, doch nun waren sie offenbar plötzlich nicht mehr erwünscht. In großer Not wandte sich Anna van der Rest an Ingo Mönke, Chef vom Paletten Service Hamburg mit Firmensitz im Harburger Binnenhafen – und zwei frisch sanierten Kaikanten am Lotse- und am Ziegelwiesenkanal. „Herr Mönke war begeistert, so tolle, attraktive Schiffe bei sich liegen zu haben“, sagt Anna van der Rest. „Es tut gut, dass sich wieder jemand über uns freut in Hamburg.“
„Ich habe mich ins Zeug gelegt, denn ich möchte, dass die Segler jetzt öfter kommen. Und gern jedes Jahr hier überwintern“, sagt Mönke. Zusammen mit seinen Brüdern Heiko und Guido sowie Sohn Dominik plant er auf dem Firmengrundstück ein Bauprojekt mit einem Bürohaus und einem Hotel. An der öffentlichen Promenade soll mindestens ein Gastronomiebetrieb entstehen. Großsegler sind Anziehungspunkte für eine Kaikante, die derzeit noch nicht öffentlich begehbar ist und etwas abseits im Westen des Hafens liegt. Mönke: „Die Schiffe bringen kein Geld, machen den Hafen aber attraktiv.“ Um gute Liegeplätze bieten zu können, haben die Mönkes die Wasserkanten aufwendig sanieren lassen. In wenigen Jahren soll dort, am Fuße der Neubauten, maritimes Leben entstehen.
Am 28. Dezember kamen die (mit Bugspriet) 48 Meter lange Dreimast-Barkentine „Loth Loriën“ und der 42 Meter lange Gaffeltop-Segelschoner „J.R. Tolkien“ in den Binnenhafen und machten zunächst am Liegeplatz des Museumshafens Harburg am Kanalplatz fest. Eine Woche, später wurden die beiden Segler gestern an ihre endgültigen Überwinterungsplätze versetzt. Die Zeit drängte, denn heute starten Anna und Jaap van der Rest zusammen mit ihrem Sohn Jop (22) nach Thailand, um dort Tochter Marieke (26) zu besuchen. Sie hat sich ein halbes Jahr Auszeit genommen und befindet sich auf Weltreise – in Pandemiezeiten kein leichtes Unterfangen.
Tagesausflüge statt Firmenevents und Klassenreisen
Das gilt erst recht für das Unternehmen Van der Rest Sail Charter. In normalen Jahren verdienen die Schiffe mit Firmenevents, Klassen- und anderen mehrtägigen Fahrten sowie Gästeübernachtungen Geld. Unter Corona-Bedingungen kann die Eignerfamilie bestenfalls dreistündige Tagesausflüge und eingeschränkt auch Übernachtungen anbieten. „Das Loch, das Corona gerissen hat, hat unsere gesamten Ersparnisse aufgebraucht“, sagt Anna van der Rest.
„Wir saßen bei bestem Wetter in unserem Garten in Altengamme“, sagt sie. „Nachts konnten wir nicht schlafen, weil uns beide Standbeine, das Segeln und der Hotelbetrieb, weggebrochen sind.“ Zwei Büroangestellte und zwei Schiffsleute waren in Kurzarbeit. Ein Highlight gab es zumindest im vergangenen Sommer. Die Hanse Sail Rostock ging Anfang August über die Bühne. Die van der Rests boten Tagestouren an. „Es waren tolle Seereisen“, erinnert sich Jaap, „die Leute wollten endlich wieder etwas unter nehmen. Selbst diejenigen, die komplett nassgeregnet waren, gingen mit einem breiten Lächeln von Bord.“
Auch in 2022 werden die van der Rests versuchen, sich mit Tagesausflügen auf der Ostsee über Wasser zu halten. Und hoffen, dass möglichst viele maritime Events, darunter der Hamburger Hafengeburtstag, stattfinden werden. Im April werden die Segler in die Saison starten und bis dahin wohl in Harburg bleiben. Sie waren schon mehrfach im Binnenhafen – und haben dort nicht nur schöne Erlebnisse gehabt. „Wir waren hier, als der Tornado durch den Hafen fegte“, sagt Anna van der Rest. Das war im März 2006. Damals starben zwei Kranführer, die von der Windhose in den Tod gerissen wurden. Einige Jahre später brachen zwei Unbekannte in den Salon der „J.R. Tolkien“ ein und tranken die Bar leer. „Sie haben einen Brief hinterlassen, in dem sie sich bedankten und schrieben, dass sie sich im Salon sehr wohlgefühlt haben“, sagt sie.