Harburg. 130 Beanstandungen in der Lüneburger Innenstadt innerhalb eines Tages. Winsener Stadtrat kritisiert zu langwierige Verfahren.
Sonnabend, mittags in einer Harburger Sportkneipe: Kurz vor Beginn des Fußballspiels betreten zwei Ordnungshüter die Gaststätte. Die ist gut besucht. Kontrolle. Die Mitarbeiter des Bezirksamtes wollen den Impfstatus jedes Gastes wissen, den Personalausweis sehen, und sie überprüfen, ob auch jeder Besucher mittels Luca-App mit seinen Daten registriert ist.
Sie sind routiniert, aber bestimmend. Es geht relativ schnell. Die Stimmung bleibt gut. Auch als die Beamten ablehnen, einen Ouzo mit den Fußballfans zu trinken. Fast pünktlich zum Anpfiff sind die beiden Kontrolleure wieder raus. Es gab keine Beanstandungen.
Ablehnung von Gästen und Wirten nimmt mit steigendem Alkoholpegel zu
Nicht immer geht es so aus. Selten und meist bei steigendem Alkoholpegel ernten die Bezirksamtsmitarbeiterinnen und Bezirksamtsmitarbeiter von Gästen oder auch Wirten harsche Ablehnung. „Die wüssten dann schon, was sie falsch gemacht haben und rechnen mit einem empfindlichen Bußgeld. Das macht einige wütend“, berichtet ein Polizist aus Harburg. Und manchmal sind auch deutlich mehr Kontrolleure nötig. So stürmten am vergangenen Donnerstagabend rund 130 Einsatzkräfte im sogenannten Verbundeinsatz von Bezirksamt, Polizei, Zoll und Steuerfahndung mehrere Lokale in einer Straße am Rande des Phoenix-Viertels. Einige Betriebe wurden zunächst geschlossen, das Abendblatt berichtete.
Auch in den niedersächsischen Landkreisen nehmen die Kontrollen mit der steigenden Infektionszahl zu. Die Präsenz der Beamtinnen und Beamten innerhalb der Landkreise im Bereich Lüneburg, aber auch Stade wurde aus diesem Grund deutlich erhöht. Seit einigen Tagen wird hier verstärkt die Einhaltung der Corona-Maßnahmen kontrolliert. Hierbei unterstützen die Einsatzkräfte im Rahmen der Amtshilfe die hiesigen Ordnungsämter. Die Lüneburger Polizisten setzten dabei laut eigenen Aussagen noch auf Ermahnungen und Aufklärung. Bußgelder werden derzeit noch wenige verhängt.
130 Beanstandungen in Lüneburgs Innenstadt, sieben Verfahren eingeleitet
So waren die Polizisten am Sonnabend beispielsweise in der Lüneburger Innenstadt unterwegs. Hier gilt wieder eine Maskenpflicht seit einigen Wochen. Nicht jedem ist das bewusst. Die Bilanz: 130 Beanstandungen. In lediglich sieben Fällen wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Das kann allerdings teuer werden. Keine Maske oder die falsche Maske tragen: Da können schon Bußgelder ab 150 Euro fällig werden. Doch Kai Richter, Pressesprecher der Polizeiinspektion Lüneburg, beruhigt: „Bei uns gilt die Prämisse, dass wir mit viel Augenmaß vorgehen wollen.“
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Wenn ein Tourist die Regeln in der Lüneburger City nicht kenne oder jemand die Maske nicht trage, allerdings auch kein Gedränge herrsche: Dann wäre es einfach nicht verhältnismäßig, gleich eine so hohe Strafe zu verhängen. Überhaupt verstünden sich die Beamten laut Richter derzeit mehr als Berater. Die Corona-Regeln im Land Niedersachsen hätten sich gerade erst geändert und würden bereits am Sonnabend erneut verschärft beziehungsweise angepasst. Das würde zu vielen Fragen und Unklarheiten führen. „Wir haben deshalb am Wochenende auch viele Präventionsgespräche geführt“, so Richter.
Großkontrolle im Öffentlichen Personennahverkehr
Bereits am Mittwoch wurden durch die Polizei Lüneburg präventiv fast 60 Betriebe in der Lüneburger Innenstadt aufgesucht. In diesem Zusammenhang seien verschiedene aufklärende Gespräche geführt und die Kontaktaufnahme vielfach positiv aufgenommen worden, so die Pressestelle.
Am Montag folgte dann eine Großkontrolle im Öffentlichen Personennahverkehr. Es wurden insgesamt 16 Busverbindungen des ÖPNV in Lüneburg begleitet und mehr als 240 Fahrgäste kontrolliert. Insgesamt sechs Personen wurden wegen fehlender aktueller Tests der jeweiligen Busse verwiesen.
In Winsen im Fokus: Gastronomiebetriebe, Friseure und Nagelstudio
Der Landkreis Harburg hatte schon im Frühjahr 2020 Städte und Gemeinden um Hilfe bei der Kontrolle der Corona-Maßnahmen gebeten. „Wir sehen dies vor allem als Auftrag, die Firmen zu beraten“, sagt Winsens Erster Stadtrat Christian Riech. Die vier Mitarbeiter des Ordnungsamtes sind derzeit vor allem bei Gastronomiebetrieben, bei Friseuren oder in Nagelstudios unterwegs. „Es gibt viele Vernünftige, aber auch immer wieder dieselben schwarzen Schafe“, berichtet Riech. Da würden Besuche der Gäste nicht dokumentiert, Impfzertifikate nicht kontrolliert oder nicht auf die Luca-App beim Einchecken geachtet.
Anzeigen gehen dann von der Stadt Winsen an die Bußgeldstelle des Landkreises. Die Verfahren dauern Riech jedoch zu lange. „Wir würden die Gelder lieber selbst einziehen“, sagt der Erste Stadtrat. „Bußgelder zeigen vor allem Wirkung, wenn sie unmittelbar gezahlt werden müssen.“
In den kommenden Wochen wird es nicht bei mahnenenden Worten bleiben
Auf dem Wochenmarkt in Buchholz, für den jetzt eine Maskenpflicht gilt, und auch in Gaststätten in Seevetal und Neu Wulmstorf waren am Sonnabend Beamte der Polizeiinspektion Harburg im Einsatz. „In einem Lokal haben wir Anzeigen für vier Ordnungswidrigkeiten geschrieben“, sagt Hauptkommissar Jan Krüger, Sprecher der Inspektion. „Die Höchstzahl der Gäste war überschritten und Angestellte trugen keine Masken.“ Es blieb aber bei dem einen Vorfall während der Kontrolle.
Für die Zukunft kündigen Polizei und Ordnungsämter schon an: In den kommenden Wochen werden repressivere Kontrollen durchgeführt werden, sodass es nicht nur bei mahnenden Gesprächen bleiben wird.